Wulf Segebrechts neuartige Balladensammlung: Affekterregungskunst zwischen Gegenwart und früher Neuzeit mit Gedichten, die dramatische Geschichten erzählen

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

„Balladen sind Gedichte, die dramatische Geschichten erzählen“, definiert Wulf Segebrecht kurz und bündig in der Vorbemerkung zu seiner ganz neuartigen Sammlung. Und er fügt hinzu: „Sie kümmern sich nicht um festgelegte Gattungsgrenzen und Kunstformen. Sie bringen das Kunststück fertig, Lyrik, Prosa und Drama auf unterhaltsame und spannende Weise miteinander zu verbinden.“ Balladen „betreiben Affekterregungskunst“. Segebrechts Anthologie „steckt erstmals das ganze, ausgedehnte Gelände der deutschen Ballade ab. Sie präsentiert Allerneuestes und Altbekanntes. Sie kontrastiert das Tieftraurige mit dem Hochkomischen, das Biedere mit dem Entsetzlichen, das Erhabene mit dem Trivialen. Der Gassenhauer steht neben der Ideenballade, der Protestsong neben der Romanze, das schlichte Volkslied neben dem erbarmungslos nüchternen Erzählgedicht. Es tut sich eine neue, eine grundlegend andere Sicht auf die deutsche Ballade auf“. Die Anthologie enthält die zum gängigen Kanon gehörenden Balladen, aber fast „die Hälfte der Texte wurde noch nie in vergleichbaren Sammlungen gedruckt“. Und wer als Literaturwissenschaftler Zweifel daran hat, dass Balladen „Gedichte“ sind, der kann sich durch das Nachwort des Herausgebers eines Besseren belehren lassen.

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Titelbild

Wulf Segebrecht (Hg.): Deutsche Balladen. Gedichte, die dramatische Geschichten erzählen.
Carl Hanser Verlag, München 2012.
880 Seiten, 34,90 EUR.
ISBN-13: 9783446239951

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