Kochmonopol der Sybariten und Geburt des modernen Urheberrechts

Fedor Seiferts Geschichte des geistigen Eigentums in Fall-Beispielen

Von Albrecht Götz von OlenhusenRSS-Newsfeed neuer Artikel von Albrecht Götz von Olenhusen

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Die Rechtsgeschichte fristet in den Lehrplänen der Juristenausbildung zunehmend ein Schattendasein. Und doch bildet die relativ junge Entstehungsgeschichte des Urheberrechts die Folie für ein besseres Verständnis des aktuellen Rechts, für dessen Genesis und Geltung. Fedor Seiferts „Kleine Geschichte(n) des Urheberrechts“ stapelt im Titel allzu tief, denn sein Werk gründet weiter und tiefer in den „Brunnen der Vergangenheit.“ Wer mit Homer beginnt, das gastronomische „Kochmonopol“ der Sybariten nicht auslässt, Martial und Äsop, Horaz und Maecenas huldigt, braucht einen langen Atem. Der Weg bis zum Mittelalter und bis zur Geburtsstunde des modernen Urheberrechts im 18. und 19. Jahrhundert ist weit und steinig.

Die Grundgedanken des „geistigen Eigentums“ werden hier anders als in einer abstrakten Ideen- und Strukturgeschichte an prägnanten Beispielen berühmter Persönlichkeiten, an Schriftstellern und Künstlern und markanten Fällen aus Vergangenheit und Gegenwart demonstriert. Große Persönlichkeiten des Mittelalters und der Neuzeit, bekannte Drucker und „Druckpiraten“ des Privilegienzeitalters, die fließenden Übergänge zur modernen Gesetzgebung und zur Weite des Marktes aus dem „Geist der Goethezeit“ (Bosse) oder der Ära der „construction of authorship“ (Woodmansee/Jaszi) – hier nehmen sie konkrete Gestalt an: Eike von Repgow, Dürer, Luther, Gutenberg, Erasmus Reich, Lichtenberg, Klopstock, Goethe und Heine zählen zu den  Beispielen des allseits literarisch-rechtshistorisch bewanderten Autors. Die historisch wichtigen Zusammenhänge werden auf diese Weise plastisch.

Die zweite Hälfte dieses zugleich amüsanten wie grundgelehrt geschriebenen Gangs durch die Jahrtausende mündet in einer Moderne, in welcher der Verfasser Grundlagen und Grundfragen, Basis und Besonderheiten des aktuellen technologisch und ökonomisch geprägten Rechts in wichtigsten Ausschnitten mehr als nur skizziert. Eine sozial- und kulturgeschichtlich angereicherte Historie der Propertisation (Hannes Siegrist) und Depropertisation mit angedeuteten Plaidoyers für ein durchaus zu korrigierendes geltendes Recht wird hier mit hübschen Abbildungen anschaulich bereichert.

Das Buch kann als Muster für eine case-history dienen. Das Mittelalter kannte die Redensart: „Ein Kloster ohne Bücherschrank ist wie eine Festung ohne Waffen“. So gesehen gehört das opus nicht nur in klösterliche Bibliotheken, sondern vermag als hilfreiche Wegmarke oder gar Waffe gegen Ignoranz und Langeweile jedem und nicht nur Lesern in einsamen Zellen zu dienen.

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Fedor Seifert: Kleine Geschichte(n) des Urheberrechts. Entstehung und Grundgedanken des geistigen Eigentums.
MUR Verlag Medien und Recht, München 2014.
307 Seiten, 32,00 EUR.
ISBN-13: 9783939438243

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