Zen im Finanzamt

Über David Foster Wallace‘ letzten Roman „Der bleiche König“

Von Peter KockRSS-Newsfeed neuer Artikel von Peter Kock

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Im Jahr 2008 schied der als Kultautor geltende Schriftsteller David Foster Wallace nach lang anhaltenden schweren Depressionen auf eigenen Entschluss aus dem Leben. Jahre später erschien sein nachgelassenes Romanfragment „Der bleiche König“, das im letzten Jahr auch in deutscher Übersetzung herauskam. Ihm vorangestellt ist ein Zitat des amerikanischen Dichters Frank Bidart, das sich erst nach der Lektüre des Werkes voll erschließt: „Wir füllen präexistente Formen aus, und indem wir sie ausfüllen, ändern wir sie und werden verändert.“

Wallace hat als „präexistente Form“ nun gerade die ödeste Behörde gewählt, die man sich vorstellen kann: ein Steuerprüfzentrum der US-amerikanischen Bundessteuerbehörde IRS in Illinois. Sein Roman spielt Mitte der 1980er-Jahre, als diese Behörde einer Reform unterworfen werden soll, die sie zu Effizienz, Kostensenkung und – heute würde man sagen: neoliberaler – Marktgängigkeit führen soll. Das klingt staubtrocken. Wallace hat auch keine Recherchemühen gescheut, um sich in die Details der Steuergesetzgebung seines Landes zu vertiefen, und kennt keine Scheu, deren Vertracktheit in aller Ausführlichkeit vor uns auszubreiten, was, zugegeben, für amerikanische Leser einen spezifischen Reiz haben wird. Durch häufigen Stilwechsel und satirische Überspitzung nervt dies jedoch auch deutsche Leser weniger, als man meinen könnte. Richtig spannend wird es aber gerade durch die Rolle, die die Subjekte in dieser gigantischen Behörde spielen – das Zitat deutet schon an, dass es sich um einen durchaus dialektischen Prozess handelt. Oder, um es in zwei Sätzen des Romans selbst auf den Punkt zu bringen:

„Die Bürokratie ist kein geschlossenes System; und das macht sie zu einer Welt und nicht nur zu einer Sache.“ Über 200 Seiten später fällt wie nebenbei die folgende Bemerkung: „Wir leben schließlich in Körpern.“ Dieser Satz steht in einem langen Redeschwall des „Autors David Wallace“ im § 24. Das Buch ist übrigens in 50 Paragrafen aufgeteilt, um die – eine kontinuierliche Romanfolge suggerierende – Kapitelaufteilung des fragmentarischen Konvoluts zu vermeiden. Der Autor reiht sich in mehreren Paragrafen quasi unter seine Romanfiguren ein, die nahezu alle für den IRS arbeiten.

In diesem Spannungsfeld zwischen spezifischer Amts-Welt und unseren Körpern, die diese Welt am Leben halten, entsteht so etwas wie eine weitere Welt, die Welt dieses Romans. Was macht diese Arbeit, etwa als kleiner Steuerprüfer, mit unseren Körpern, unserem Geist, mit unserer ganzen Persönlichkeit? Das ist die Leitfrage, die dieses 600-Seiten-Werk zusammenhält und es nicht auseinanderfallen lässt, wie fragmentarisch auch immer einzelne Paragrafen wirken (es gibt auch ganz wenige, bei denen gar kein Bezug zum übergreifenden Thema auszumachen ist, was aber nicht stört).

Wallace schildert, wie eine Vielzahl von Personen vor etwa 30 Jahren zur Arbeit im IRS-Regionalzentrum kommen, deren Charakterzüge und vor allem, welche Beschädigungen und Ticks sie haben: einer schwitzt panisch seit der Pubertät und fürchtet nichts mehr, als dass seine Schweißattacken in der Öffentlichkeit auffallen; ein anderer, äußerst redselig, hat eine zwanghafte Wortzählmacke, die er bei allen Gesprächen und auch während seiner eigenen Erzählung unterschwellig mitlaufen lässt; ein dritter neigt zum manischen Faktensehen, zum intuitiven und permanenten Auflisten aller Phänomene, von denen er die unwichtigen auszusieben bestrebt ist – und weitere mehr. Wallace vertieft sich mit einer Intensität und Beobachtungspräzision in die Beschreibung dieser Verhaltensweisen, die ihresgleichen sucht und den Leser sogleich in den Bann schlägt. Dass dies alles nicht in psychologische Einzelanalysen zerfällt, dafür sorgt nicht nur der oben beschriebene Spannungsbogen des Werks, sondern ebenso die raffinierte Textur seiner Prosa, die die Wahrnehmungsfülle seiner Romanfiguren über die einzelnen Paragraphen hinweg verdichtet und miteinander verklammert.

Um ein paar Beispiele zu geben: In einer in einem halbsatirischen Ton gehaltenen Aufzählung dazu, was der eben beschriebene dritte IRS-Mann (überwiegend sind es Männer) so alles an meist irrelevanten Fakten beobachtet, notiert und klassifiziert, taucht im § 15 auch „die Zahl der Grashalme im Garten vor dem Haus des eigenen Postboten“ auf. Dazu bemerkt der „Autor David Wallace“ als Ich-Erzähler neun Paragrafen später: „Mir geht es hier um Kunst, nicht um schlichte Nacherzählung. Was logorrhoischen Kollegen wie Fogle [das ist der „Abschweifungskönig“ mit der Wortzählmanie] einfach nicht in den Kopf will, ist die Existenz unendlich vieler verschiedener Wahrheiten, von denen einige unvereinbar mit anderen sind. Ein Beispiel [das allerdings eher für dessen „faktensehenden“ dritten Kollegen gilt]: Eine hundertprozentig präzise und umfassende Liste der genauen Größe und Form jedes einzelnen Grashalmes des Rasens vor meinem Haus ist ‚wahr‘, nur interessiert sich niemand für diese Wahrheit.“

Die scheinbar überlegene Abkanzelung des redseligen Fogle findet ihrerseits in einem Redeschwall statt, der die Frage nach der Wahrheit eben auch nur in einer höchst zweifelhaften Weise aufwirft. In diesem Hin und Her, in dem es keinen „richtigen“ Standpunkt gibt, sorgt paradoxerweise die absurde Detail-Übergenauigkeit – nämlich die Zahl der Grashalme – für die sinnliche Dichte von Wallace’ Prosa.

Kurz nach dem ersten Auftauchen der skurrilen Grashalm-Zählung wird beiläufig über die Erfindung des Rollkoffers gesprochen; mehr als achtzehn Monate hat sich dessen Erfinder angeblich fast verrückt gemacht, als er nach entsprechenden Patenten fahndete, weil er es einfach nicht glauben konnte, dass noch niemand auf diese naheliegende Idee gekommen war. Dem „Autor“ in § 24 schlägt, als er sich im IRS-Regionalzentrum vorstellt und dabei den ganzen Tag einen herkömmlichen Koffer mit sich tragen muss, dieser Koffer permanent in die Knie (er „klonkte“ ihm in die Knie, wie der überhaupt sehr gute Übersetzer Ulrich Blumenthal wunderbar formuliert). Oder, ein weiteres Beispiel: Es taucht ganz früh schon die genaue Beobachtung auf, dass ein armer Postbote Kratzer auf den Schuhen seiner Briefträgeruniform mit schwarzem Filzstift zu übermalen pflegte. Über den panisch schwitzenden Prüfer heißt es hunderte Seiten später, als er bei einer Schulung im IRS geschildert wird, beiläufig: „Cusk hatte heiße Füße in seinen Chukka-Schuhen, an denen er eine Kratzspur sorgfältig mit einem schwarzen Filzstift übermalt hatte.“

Über diesen Cusk heißt es denn auch, dass er sich dessen bewusst war, dass sich die Angst vor der Entdeckung seines krankhaften Schwitzens verselbständigt hatte, „ein endloses Spiegelkabinett der Ängste, die allesamt lächerlich und schräg waren“. Sein Kollege Fogle, der „Abschweifungskönig“, beschreibt hingegen, wie er als Jugendlicher beim Konsum von Rauschmitteln in einen euphorischen Zustand des Seiner-Selbst-Innewerdens geriet: „Die Bewusstheit konnte in ein Spiegelkabinett bewusst gefühlter Empfindungen und Gedanken und Bewusstwerdungen des Bewusstwerdens ihrer Bewusstwerdung explodieren.“ Beide Spiegelkabinette, das der Angst und das der wenn auch nur rauschhaften, zudem folgenlosen Bewusstwerdung, verweisen aufeinander, ohne dass den erzählenden Personen dies bewusst wäre.

Das mag aber auch demonstrieren, wieso die diversen Paragrafen und Fälle nicht auseinanderdriften – und es sind ja nicht nur diese Fall- oder Personenbeschreibungen, sondern es gibt ganze lange Abschnitte zu Aufbau und Funktionsweisen der Steuerbehörde, Krankenregisterauszüge, Presseausschnitte, Beschreibungen von Geistererscheinungen verblichener Steuerprüfer im IRS, kurze prägnante Pausendialoge, dabei häufig ausufernde Fußnoten, auch serielle, an konkrete Poesie erinnernde Passagen, in denen scheinbar nur geschildert wird, wie die einzelnen Standardprüfer in einem Großraum bei der Arbeit sitzen und ihre Formularseiten umblättern. Auf diesen paar Seiten sind einige individuelle Abweichungen eingebaut (jemand schnieft, ein anderer sucht eine Büroklammer, ein dritter betastet geistesabwesend sein Gesicht). Sie enthalten darüber hinaus aber noch drei verborgene kurze, absurde Sätze, die man leicht überlesen kann. Diese Sätze durchlöchern die Monotonie wie kleine rätselhafte Sprengsätze.

Das macht die Wallace’sche Prosa so faszinierend, dass man ständig mit diesen hochkonzentrierten Injektionen von Geistesblitzen oder Gedankensplittern bei all seiner Beschreibungslust mit ihrer gleichzeitig oft satirischen Überspitzung zu rechnen hat. Und es fällt dadurch auch nicht ins Gewicht, dass nur einige der vorgestellten Behördenangestellten eine ausführliche biografische Grundierung erhalten: meist wird sie nur angerissen, es bleiben Lücken und Fragmente, doch werden sämtliche „Fälle“ wie in kurzen Szenarien mit geradezu klinischer Präzision so vor unsere Augen gestellt (es wird auch durchaus Fachliteratur zitiert!), dass man das Lückenhafte sogleich akzeptiert, zumal im Blick auf die Tatsache, dass ohnehin keine Biografie etwas Geschlossenes sein kann.

Überblickt man nun das Romanpersonal in seiner Gesamtheit, fällt nicht nur auf, was einer der beteiligten Angestellten während eines Außeneinsatzes bemerkt: „Sie hatten alle ihre unbewussten Marotten[…] Er selbst war ein endloser Katalog aus Ticks und Fimmeln.“Genau diese Obsessionen erlauben es ihnen, sich dem puren Stumpfsinn der Arbeit hinzugeben und sie dort auszuleben. Auffällig ist, dass es neben den schon erwähnten Figuren oder dem „Autor“ selbst (Wallace will als junger Mann selbst im IRS gearbeitet haben) mindestens drei Figuren gibt, die aus diesem Arsenal vielfältiger neurotischer Persönlichkeiten deutlich herausstechen; ihr Weg lässt sich über diverse Paragrafen quer durchs Werk verfolgen. So kann man die Lebensgeschichte einer Frau namens Toni Ware über drei Abschnitte verfolgen (weitere Kurzauftritte hat sie in zwei weiteren). Sie ist  extrem prekär in einer Wohnwagensiedlung aufgewachsen, wird früh vergewaltigt und muss die Ermordung ihrer Mutter miterleben. Dann, Jahre später im IRS tätig (hier eine der erwähnten Lücken: wie hat sie den Weg dorthin gefunden?) lebt sie ihre Rachefantasien, vom Amt gedeckt, offensichtlich in ihrer Arbeit aus.

Dann gibt es die Geschichte eines, zur Abwechslung mal ohne alle Verschrobenheiten geschilderten, also „normalen“ Jugendlichen aus streng katholischem Elternhaus, der sich, als seine erste Freundin ein Kind von ihm erwartet, aus moralischen Gründen entschließt, sie zu heiraten, obwohl er sie nicht liebt. Dieser Mann wird später bei der Arbeit geschildert, an deren Stumpfsinn er schier verzweifelt. Haarklein beschreibt Wallace, wie das Warten auf das Verstreichen der Arbeitszeit zur reinen Höllenqual werden kann. Im Gegensatz hierzu erfahren wir von einem weiteren Jungen, der als penetranter kleiner Moralbubi allen Mitmenschen auf die Nerven fällt, lauter gute Taten vollbringt und später tatsächlich im IRS bestens funktioniert, weil er seinem Chef die ganze Arbeit abnimmt. Es scheint, als ob der Leerlauf und höhere Blödsinn der Arbeit am besten von solchen Menschen auszuhalten ist, die schon kleinere, sozialverträgliche Pathologien mitbringen oder sie in der Arbeit erst entwickeln, um sie dort so richtig auszuleben; wer dazu nicht in der Lage ist, ist dagegen zum Scheitern verurteilt.

Gelegentlich werden auch Pausengespräche oder Dialoge während der Arbeit der Steuerprüfer geschildert, die sich aber alle auf die üblichen Plänkeleien unter Kollegen beschränken. Mit einer Ausnahme allerdings. Der § 46 gibt kurz vor dem Ende des Buches in einem seiner längsten Abschnitte ein ausführliches Gespräch während der „Happy Hour“ in einer Stammkneipe der Prüfer wieder, das sich zwischen einer auffällig schönen Frau und einem als Super-Langeweiler verschrieenen Kollegen entspinnt. Es ist das einzige Privatgespräch,das wirklich in die Tiefe geht. Diese Frau namens Meredith Rand, bei deren bloßen Auftauchen die Männer in der Kneipe zu hektischen Balzauftritten neigen, nutzt die neutrale, aber absolut konzentrierte Aufmerksamkeit dieses Shane Drinion dazu, ihre ganze Lebens- und Leidensgeschichte loszuwerden, ausgehend von ihrem Ärger, nur als „Sahneschnitte“ wahrgenommen zu werden. Damit reduziert sie ihn aber zur puren Reflexionsfläche und interessiert sich umgekehrt überhaupt nicht für ihn. Dieser Drinion hingegen hat eigentlich keine tieferen sozialen Beziehungen, reagiert fast wie ein Autist, ist dafür jedoch mit ungeheurem Scharfsinn ausgestattet, der das Gespräch erst in Gang bringt. Dass man die ganze Anordnung nicht zu realistisch nimmt, kommt daher, dass Drinion als Folge seiner bemerkenswerten Konzentrationsfähigkeit anfängt, immer mehr in der Luft zu schweben, was dem Ganzen eine surreale Komponente verleiht. Das Gespräch läuft darauf hinaus, dass Meredith, die doch scheinbar alles aus ihrem Leben auszuplaudern scheint (auch, dass es mit ihrem Mann nicht läuft), ihre letzten Geheimnisse ausdrücklich für sich behält – welche dies sind, darüber lässt sich nur spekulieren. Sie bricht dann auch das Gespräch ab, als sie das für sie Mitteilenswerte losgeworden ist, während er verwirrt sitzenbleibt. Selbst dieser lange Dialog ist damit letztlich als gescheiterte Kommunikation anzusehen.

Drinion seinerseits wird aufgrund seiner Fähigkeit, sich bei der Arbeit in die abstrusesten Steuertatbestände zu versenken, von Wallace explizit als „glücklich“ bezeichnet. Es gibt mehrere Stellen im Buch, darunter den kurzen § 44 über die Bürokratie als eigene Welt, in denen Wallace die These aufstellt, dass, wenn man es schaffe, die äußerste Langeweile, den nackten Stumpfsinn der Arbeit auszuhalten, man in einen erleuchteten Zustand übergehe: „Wenn du sie [die Langeweile] überstehst, ist das wie ein Übergang von Schwarz-Weiß zu Farbe. Wie Wasser nach Tagen in der Wüste. Ständige Seligkeit in jedem Atom.“

Das ist natürlich eine sehr paradoxe These, die durch die vorhergehende Schilderung all der pathologischen Fälle auf heftigste untergraben wird. Wallace spielt eher mit diesen zenbuddhistischen Erleuchtungsvorstellungen; Drinion etwa verwendet explizit die Ausdrücke Aufmerksamkeit und Achtsamkeit, die für eine derartige Haltung stehen. Dies scheint ein hilfloser Versuch des Autors zu sein, angesichts der Macht der abstrakten „präexistenten Formen“ auf der Bedeutung der konkreten menschlichen Lebensprozesse und ihren Äußerungen zu beharren.

Dass es Wallace dabei nicht um eine billige Bürokratiekritik geht, macht dabei auch eine politische Diskussion deutlich, die einige Führungskräfte führen, als sie in einem Fahrstuhl steckenbleiben. Dieses spontane, vor sich hin mäandernde Gespräch über das Selbstverständnis der IRS-Manager und wie sie ihrerseits die Arbeit ihrer Behörde begreifen, liest sich sehr spannend, wenngleich die Diskussion zwischendurch auf gern strapazierten Themen wie Gewalt in den oder durch die Medien ausweicht. Einer der Gesprächsteilnehmer, offensichtlich beeinflusst von der Freud‘schen Vorstellung des Todestriebs, steigert sich schließlich in eine psychologisch-anthropologische Erklärung des letztlich leeren Profitwahns der kapitalistischen Produktionsweise hinein; er behält in dieser Debatte das letzte Wort: „Wahrscheinlich rührt die manische Besessenheit der USA, zu produzieren und zu produzieren und zu produzieren, sich der Welt einzuprägen, etwas zu hinterlassen, Dinge zu gestalten, nur daher, dass wir uns davon ablenken wollen, wie klein, absolut unbedeutend und kurzlebig wir sind.“ Und seine Tirade endet mit einer kritischen Bemerkung über den „ontologischen Sirenengesang der Konzernmasche ‚Konsumier, um dich zu unterscheiden und so erst zu existieren.‘“

Genausowenig, wie es Wallace um wohlfeile Kritik an der Bürokratie geht, ist sein Werk auf simple Kapitalismuskritik zu reduzieren. Wallace will anschaulich machen, dass die spezifischen Formen der Verwaltung, unsere Art zu produzieren und zu konsumieren, zusammengehören. Wie die in diesen Ämtern tätigen Menschen, um auf das Eingangszitat zurückzukommen, diese „präexistenten Formen“ wiederum ändern, entzieht sich oft unserem Verständnis, weil es sich meist um Prozesse handelt, die eine Lebensspanne überschreiten und nur sehr allmählich und meist erst im Nachhinein erkannt werden können.

Wallace hat in seinem großartigen letzten Werk, das weit davon entfernt ist, die menschliche Kommunikation als Allheilmittel aus den Systemzwängen zu preisen (denkt man etwa an Jürgen Habermas), ein faszinierendes Panorama unserer Ängste, Obsessionen und Manien entworfen und uns darüber hinaus eine Ahnung davon vermittelt, was die „präexistenten Formen“, in die wir notwendigerweise eintreten, aus uns machen können. Wie wir mit diesen Formzwängen und mit den Spiegelkabinetten unserer Ängste und unseres Bewusstseins besser oder anders umgehen könnten, bleibt aber als Frage an uns verwiesen.

Titelbild

David Foster Wallace: Der bleiche König. Roman.
Übersetzt aus dem amerikanischen Englisch von Ulrich Blumenbach.
Kiepenheuer & Witsch, Köln 2013.
720 Seiten, 29,99 EUR.
ISBN-13: 9783462045567

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