Das Versagen der Eliten angesichts des Ersten Weltkriegs: Heinrich Manns unterschätzter Roman „Der Kopf“ in einer von Michael Stark bearbeiteten Studienausgabe
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseHeinrich Manns heute wenig bekannter Roman „Der Kopf“ ist in einem von Michael Stark bearbeiteten Band der Heinrich Mann-Studienausgabe mit einem Nachwort, einem umfassenden Materialanhang und einer kommentierten Bibliographie der zeitgenössischen Rezensionen erschienen. Der zuerst 1925 veröffentlichte Roman ist das autobiographisch gefärbte Finale von Heinrich Manns Kaiserreich-Trilogie. Er schließt nach der Auseinandersetzung des Autors mit Bourgeoisie und Arbeiterbewegung in „Der Untertan“ (1914 bzw. 1918) und „Die Armen“(1917) das kritische Gesellschaftsbild des wilhelminischen Zeitalters ab.
„Der Kopf“ handelt von Schuld und Versagen seiner ‚Eliten‘. Vor historischer Kulisse taumeln teils erfundene, teils verschlüsselte Figuren der Kriegs-Katastrophe entgegen. Protagonisten des Romans sind zwei in Hassbindung und Gesinnungskampf verstrickte Juristen, die in ihrem Privatleben wie mit ihrem politischen Handeln scheitern: Terra als Kriegsgegner und Syndikus der Rüstungsindustrie; Mangolf als Kriegsbefürworter und Reichskanzler. Ein monströser Maskentanz um Liebe, Glück, Erfolg und Macht, der durch ein Labyrinth von Intrigen, Erpressung, Verrat und diplomatischem Vabanque treibt, endet im gemeinsamen Suizid.
Heinrich Manns Roman ist zugleich geschichtspolitische Konstruktion und ein sehr persönliches Dokument literarischer Trauerarbeit: Grabmal des autoritären Intellektuellentyps und des elitären Aktivismus, Denkmal des Bruder-Kriegs mit Thomas Mann und Mahnung an die kritischen Intellektuellen der Weimarer Republik, sich von Illusionen über ihre politische Macht zu lösen, ohne zu resignieren oder zynisch zu werden. Der Weimarer Republik wäre eine moralisch erneuerte Führung zu wünschen, besagt eine der kritischen Botschaften; wer von Kriegsursachen redet, darf vom Kapitalismus nicht schweigen, eine andere.
Anmerkung der Redaktion: literaturkritik.de rezensiert grundsätzlich nicht die Bücher von regelmäßigen Mitarbeitern der Zeitschrift sowie Angehörigen der eigenen Universität. Deren Publikationen können hier jedoch gesondert vorgestellt werden.
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