Überzeugendes Lebensbild eines großen Schriftstellers

Zum 130. Geburtstag von Lion Feuchtwanger

Von Manfred OrlickRSS-Newsfeed neuer Artikel von Manfred Orlick

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Lion Feuchtwanger (1884-1958) war einer der größten und meistgelesenen deutschsprachigen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. In der Weimarer Republik zählte er zu den fortschrittlichsten Autoren und war fester Bestandteil des Kulturlebens. Auch im amerikanischen Exil (bis zu seinem Tod) gehörte er zu den produktivsten Schriftstellern. Während er nach dem Krieg in der DDR als „progressiver“ Autor gewürdigt und seine Werke zahlreich verlegt wurden, war der jüdische und linksliberale Schriftsteller in der BRD so gut wie vergessen. Erst in den 1970er-Jahren begann hier eine zögerliche Feuchtwanger-Rezeption.

Ein wichtiger Beitrag in dieser Entwicklung war die Lion-Feuchtwanger-Biografie des Journalisten und Autors Wilhelm von Sternburg, die 1984 zum 100. Geburtstag des Schriftstellers erschien und nun nach dreißig Jahren in einer überarbeiteten und erweiterten Ausgabe wieder vorliegt. Die Biografie beleuchtet alle Lebensstationen Lion Feuchtwangers ausführlich. Darüber hinaus erfährt der Leser auch viel Wissenswertes über die Entstehung und die Beweggründe der wichtigsten Feuchtwanger-Werke.

Bereits bei seiner 1984er-Ausgabe hatte Sternburg noch das Glück, einige wichtige Zeitzeugen und Weggefährten, darunter die Witwe Martha Feuchtwanger, interviewen zu können. Durch diese persönlichen Kontakte erhielt die Biografie eine besondere Anschaulichkeit.

In den letzten Jahren hatte Sternberg Zugang zu bislang verschlossenen Archiven und Dokumenten, so bekam er Einsicht in das russische Staatsarchiv für sozialpolitische Geschichte oder in die Feuchtwanger-Akten des FBI. Diese neuen Erkenntnisse haben zwar nach Sternburgs Ansicht die Sicht auf Feuchtwanger nicht wesentlich verändert, doch diese Möglichkeiten ließen den Wunsch aufkommen, die Lebensbeschreibung zu überarbeiten und in weiten Teilen neu zu schreiben. Sein Fazit: Feuchtwanger hielt zwar stets an der sozialistischen Utopie fest, verfolgte aber die Entwicklung im östlichen Europa mit Skepsis.

Wilhelm von Sternburg, der bereits Biografien zu Erich Maria Remarque, Arnold Zweig, Joseph Roth, Anna Seghers und Carl von Ossietzky vorgelegt hat, beschreibt hier Feuchtwanger in seiner sachlichen wie lebendigen Art und Weise, wie er auch sein Werk in einen großen historisch-kulturellen Zusammenhang stellt. Die umfangreiche und mit vielen neuen Fakten und Details angereicherte Biografie ist außerdem in einer gekonnten, schwungvollen und gut lesbaren Sprache geschrieben. Eine kurze Zeittafel komplettiert dieses überzeugende Lebensbild eines großen Schriftstellers.

Titelbild

Wilhelm von Sternburg: Lion Feuchtwanger. Die Biographie.
Aufbau Verlag, Berlin 2014.
543 Seiten, 26,00 EUR.
ISBN-13: 9783351032753

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