Die Landschaft an der Wand

Sören Fischers Dissertation handelt vom Genre des Landschaftsbilds in der Renaissance

Von Stefanie LeibetsederRSS-Newsfeed neuer Artikel von Stefanie Leibetseder

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Das vorliegende Buch ist die Dissertationsschrift des Autors, die der Imhof-Verlag in der gewohnt ästhetisch ansprechenden und qualitativ hochwertigen Ausstattung vorgelegt hat, sogar ein Lesebändchen ist der Publikation beigegeben.

Seine Aufgabe sah Sören Fischer darin, die illusionistisch-gemalten Wandausstattungen ausgewählter Palladiovillen des Veneto und vorbildhafter Bauten der Renaissance von dem althergebrachten Verdikt des rein dekorativen Beiwerks zu befreien und auf Grundlage zahlreicher zeitgenössischer und älterer italienischer und lateinischer Quellen inhaltlich zu untersuchen.

Dies ist ihm vor allem mit Bezug auf die Villenbriefe Plinius des Jüngeren glänzend gelungen. Diese bezieht er nicht – wie zahlreiche Kunsthistoriker vor ihm – ausschließlich auf die palladianische Neuformulierung der Villa suburbana, sondern wie es eigentlich auch naheliegend ist, ebenfalls auf deren innere Gestaltung. Für diese wurden namhafte Künstler engagiert, am bekanntesten von ihnen vielleicht Paolo Veronese, was bereits als Indiz für den hohen inhaltlichen Anspruch der genannten Werke gelten kann. Bezugspunkte für die ausführenden Meister bildeten vor allem Werke der zeitgenössischen Reproduktionsgrafik und Malerei, wie Fischer anhand einer Vielzahl von Belegen glaubhaft werden lässt.

Der flüssig geschriebene Text argumentiert immer eng am Wortlaut der ausführlich zitierten Schriftquellen und an den gemalten Originalen entlang. Der Hauptgedanke besteht darin, dass der gemalte Aus- und Durchblick den realen Überschau- und Herrschaftsblick von der erhöht liegenden Villa auf die umgebende Natur- und Kulturlandschaft rezipiert. Er wird im Inneren des Hauses unter Bezugnahme auf die antiken Konzepte des Locus amoenus und Paradiso terrestre neu inszeniert. Dies wird dem Leser anhand zahlreicher Beispiele stets plausibel gemacht.

Die gemalten Landschaftsfresken gehen im Ursprung unter anderem auf das Vorbild der allegorischen Darstellung der guten und schlechten Regierung im Rathaus von Siena zurück. Ihren illusionistischen Charakter, der auch in der gemalten architektonischen Rahmung zum Ausdruck kommt, erklärt der Autor überzeugend mit der konzeptionellen Anbindung an die antike Vorgabe Ut pictura poesis. Somit wird auch in der künstlerischen Rezeption der Pliniusbriefe die Auseinandersetzung mit dem antiken Erbe in der Renaissance deutlich. Das Vorbild hierfür bildete die Ausmalung des Odeo Cornaro in Padua. Abschließend verweist Fischer auf zeitgenössische Residenzen des Deutschen Reiches, in denen ebenfalls die Vogelperspektive gewählt wird.

Titelbild

Sören Fischer: Das Landschaftsbild als gerahmter Ausblick in den venezianischen Villen des 16. Jahrhunderts. Sustris, Padovano, Veronese, Palladio und die illusionistische Landschaftsmalerei.
Michael Imhof Verlag, Petersberg 2014.
238 Seiten, 49,95 EUR.
ISBN-13: 9783865688477

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