Vom Leid mit den Leitmedien

Uwe Krüger liefert mit „Mainstream“ eine unaufgeregte Bestandsaufnahme

Von Lothar StruckRSS-Newsfeed neuer Artikel von Lothar Struck

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Am 29. April 2014 wurde in der ZDF-Kabarettsendung Die Anstalt ein Schaubild veröffentlicht, das die Verwicklungen namhafter Journalisten in transatlantische und militärpolitische Think-Tanks aufzeigte. Die Kabarettisten stützten sich auf Recherchen aus dem Buch Meinungsmacht (2013) des 1978 geborenen Leipziger Medienwissenschaftlers Uwe Krüger. Krügers Arbeit war damals kaum in der populären Medienkritik rezipiert worden und stand nun plötzlich im Fokus. Die beiden Zeit-Journalisten Josef Joffe und Jochen Bittner, deren Verflechtungen im Schaubild dargestellt wurden, hielten diese für derart ehrenrührig, dass sie durch mehrere Prozess-Instanzen klagten, was die Aufmerksamkeit noch erhöhte. Am Ende konnten sie einen Teilerfolg verbuchen: Die Sendung darf nun nicht mehr wiederholt und in der ZDF-Mediathek gezeigt werden, da die Persönlichkeitsrechte der beiden Journalisten dahingehend verletzt wurden, dass eine Grafik Zusammenhänge suggerierte, die, so das Hanseatische Oberlandesgericht mit Urteil vom 9. September 2015, in dieser Form nicht bestanden hätten. Am Ende ging es dann beispielsweise darum, ob Joffe nun Mitglied im Aspen-Institut in Berlin oder Prag ist oder einmal war. Ist die Liste des Stanford-Instituts noch aktuell? Und wenn nicht, warum hat Joffe hier nicht auf Korrektur(en) bestanden?

Die beiden Journalisten griffen auch Uwe Krüger direkt an und bezichtigten ihn, ungenau recherchiert und unzulässige Schlüsse gezogen zu haben. Ernstzunehmender war der „harsche Verriss“ (Neue Zürcher Zeitung) von Christoph Neuberger, Professor am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München, im „medium magazin“, Ausgabe 11/2014. Neuberger stellte „methodische Mängel“ in Krügers Schrift und eine unwissenschaftliche Voreingenommenheit fest. Krüger begegnete den Einwänden souverän. Stephan Russ-Mohl konstatierte in der Neuen Zürcher Zeitung, Neuberger habe versucht, eine qualitative Analyse mit quantitativen Methoden zu messen und damit den Nachwuchsforscher Krüger nachhaltig schädigen wollen. Zudem sei Neuberger mit Stefan Kornelius, Leiter des außenpolitischen Ressorts der Süddeutschen Zeitung, über eine gemeinsame Mitgliedschaft in der SZ-Studienstiftung verflochten.

Kornelius gehörte neben Josef Joffe, Klaus-Dieter Frankenberger (FAZ) und Michael Stürmer (Die Welt) zu den Journalisten, deren Mitgliedschaften in transatlantischen Vereinigungen Krüger in seiner Schrift analysierte und in deren Aufsätzen er frappierende Übereinstimmungen in mehreren Punkten (unter anderem den „erweiterten Sicherbegriff“ der NATO) mit dem Duktus amerikanischer Think-Tanks nachgewiesen hatte. In einer ausführlichen Stellungnahme zur Causa Neuberger versus Krüger kam der Emeritus Michael Haller zu einem deutlichen Ergebnis. Neubergers Kritik an Krügers Studie diene nicht der Aufklärung, sondern verfolge „das Ziel, den Diskurs über das politische ‚Embedded‘ sogenannter Alpha-Journalisten abzubiegen: Indem Krügers Studie schlechtgemacht wird, werden die Alpha-Journalisten […] vom Verdacht der Eliten-Kohäsion quasi reingewaschen.“

Diese persönliche Vorgeschichte blendet Uwe Krüger in Mainsteam aus, obwohl die Verflechtung von Journalisten in Think-Tanks oder anderen „Elite-Netzwerken“ (beispielsweise Bilderberg) ein wesentlicher Bestandteil seiner Medienkritik auch in diesem Buch ist. Wie schon in Meinungsmacht skizziert er die Mitgliedschaft oder mindestens Nähe Joffes zu diversen Organisationen, „in denen auch politische oder wirtschaftliche Entscheider verkehrten“, und zitiert aus Texten von Frankenberger, Stürmer und Kornelius, der sein Engagement sogar als staatsbürgerliche Pflicht deklarierte. Weiterhin werden auch die Namen Theo Sommer, Claus Kleber, Mathias Döpfner und Kai Diekmann genannt. Interessanter als die bloße Teilnahme an Treffen dieser oder jener Organisation wird es, wenn Krüger von Mitautorenschaften berichtet, etwa an der Studie Neue Macht, neue Verantwortung – Elemente einer deutschen Außen- und Sicherheitspolitik für eine Welt im Umbruch, gemeinsam 2013 herausgegeben von der „Stiftung Wissenschaft und Politik“ und dem „German Marshall Fund“. Unter der Projektleitung der ehemaligen Zeit-Redakteurin Constanze Stelzenmüller hatten unter anderem Jochen Bittner (Die Zeit) und Nikolaus Busse (FAZ) daran mitgearbeitet.

Ist damit zu erklären, warum Journalisten so gut wie gar nicht über die wie ein Staatsgeheimnis geführten Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und den USA über diverse Zollabkommen wie TTIP berichten? Und dies, obwohl Hunderttausende dagegen demonstriert hatten (weit mehr als es Teilnehmer bei Pegida-Demonstrationen gab, über die allerdings regelmäßig berichtet wurde)? Krüger vermeidet voreilige Schlüsse. Das eigentliche Problem sei „gar nicht einmal die mögliche Korrumpierung und geistige Vereinnahmung von Journalisten“. Aber wenn „an den entscheidenden Stellen in deutschen Redaktionen Transatlantiker sitzen, aber große Teile des Publikums Amerika- und Nato-kritisch eingestellt seien, dann fehlen im Mainstream möglicherweise die publizistischen Vertreter, die auf hohem Niveau alternative Perspektiven artikulieren und Identifikationsfläche bieten können.“

Krüger definiert zu Beginn seines Buches den Begriff „Mainstream“ als „medialen Mainstream“ mit dem „zunächst einmal, ganz wertfrei, das Phänomen, dass zu einem Zeitpunkt die Mehrzahl der Leitmedien ein bestimmtes Thema behandelt oder eine bestimmte Meinung vertritt“. Leitmedien sind für ihn die Nachrichtensendungen von ARD und ZDF, die Tageszeitungen SZ, FAZ, Die Welt, Frankfurter Rundschau, der „Boulevard-Riese“ Bild sowie die Wochenmedien Die Zeit, Spiegel, Focus und Stern nebst ihrer jeweiligen Online-Ableger.

Auch hier bleibt Krüger besonnen und hütet sich vor Pauschalverurteilungen. Es sei nicht gesagt, dass in diesen Medien stur nur eine bestimmte Sicht oder Meinung publiziert werde. Divergierende Meinungsbilder würden durchaus „einmal“ vorkommen. Aber sie hätten „keinen Einfluss auf die Folgeberichterstattung und die von Tag zu Tag fortgesetzte Erzählung der Geschehnisse in den Hauptnachrichtensendungen und großen Zeitungen“. Hierin erkennt der Autor ein Kennzeichen des „medialen Mainstream“. So existiere zwar Meinungspluralismus, der aber in der alltäglichen Nachrichtenlandschaft keine Berücksichtigung finde.

Es werden mehrere Gründe für diesen Mainstream-Opportunismus genannt. Da ist zum einen die fortschreitende Prekarisierung des journalistischen Berufs. Überall werden Stellen gestrichen, freie AutorInnen immer weniger eingesetzt, was den Konformitätsdruck erhöhe. Zum anderen seien aber auch die Anforderungen an Journalisten gestiegen. So müssten etwa Auslandskorrespondenten von Krisenherden in immer schnelleren Takten berichten. Die notwendige Zeit für Recherche und die selbsttätige Inaugenscheinnahme sei oftmals nicht vorhanden. Statt vor Ort Besuche vorzunehmen schaue man lieber das lokale Fernsehprogramm. Journalisten würden zu „Lieferanten“, müssten sich durch massenhafte Agenturmeldungen und Pressemitteilungen kämpfen und formulierten sie nur noch ein wenig um. „Es wird schon stimmen“, heiße es: eine Mischung aus Gottvertrauen und Arroganz. Politische Zusammenhänge würden gerne personalisiert und zugespitzt und damit oft genug boulevardisiert. Und schließlich litten Print-Medien unter teilweise drastischen Rückgängen der Werbeeinnahmen, was durch höhere Verkaufspreise nur bedingt kompensiert werden könne.

Aber wie verträgt sich dieser Befund mit dem zuweilen sehr engen „Meinungskorridor“ innerhalb der öffentlich-rechtlichen Medien? Hier gibt es doch, wie Krüger ein wenig süffisant anmerkt, „gut abgepolsterte Festangestellte“. Warum verfallen gerade diese Journalisten insbesondere bei Kriegs- und Militäreinsätzen aber auch in anderen krisenhaften Situationen immer häufiger in eine reine Propagierung der Regierungspolitik? Als Auslöser für das sich potenzierende Unbehagen dem Journalismus gegenüber macht Krüger die Ukraine/Maidan-Krise fest, die im Herbst 2013 begann. Später habe sich gezeigt, dass unvollständig und einseitig berichtet worden sei. Er findet allerdings noch andere Beispiele aus der Vergangenheit, die er aber leider nur streift wie zum Beispiel die „Brutkastenlüge“, die den Einsatz der USA und deren Verbündete in Kuwait zu rechtfertigen half, oder den gefälschten „Hufeisenplan“, der einer der Legitimationen für die Kosovo-Intervention 1999 lieferte. So hätte man sicherlich mehr zur medialen Aufbereitung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr sagen können, der anfangs als eine reine Infrastruktur-Maßnahme gezeigt wurde (Stichwort „Brunnen bohren“). Oder über die Falschmeldung bezüglich des Russland/Georgien-Konflikts 2008.

Aber es ist nicht Krügers Intention, Fehler aufzuzählen. Er sucht nach Gründen für diese Form von Berichterstattung. Und findet sie auch in den sozialen Milieus begründet, der Journalisten mehrheitlich angehören. Dabei räumt er mit einer Legende auf: Die Mehrheit der Journalisten sei nicht „links“, sondern entstamme, wie eine Milieustudie aus dem Jahr 1999 zeige, mehrheitlich aus fünf der zehn „Sinus-Milieus“ „mit deutlichem Übergewicht beim ‚liberal-intellektuellen‘ Milieu“, dem damals 10 Prozent der Gesamtbevölkerung zuzurechnen waren, aber 43 Prozent der erfassten Journalisten.

Die rot-grüne Prägung kann er dann aber doch nicht ignorieren, etwa wenn er auf eine Umfrage unter Journalisten hinweist, die 2005 aufzeigte, dass sich rund 36 Prozent den Grünen und 26 Prozent der SPD „nahe“ fühlten, während die CDU auf knapp 9 Prozent an Sympathieträgern kam. 20 Prozent der befragten Journalisten gaben an, keiner Partei zugeneigt zu sein. Dem standen die Bundestagswahlergebnisse aus demselben Jahr fast diametral entgegen: Hier erreichten die Grünen 8,1 Prozent, die SPD 34,2 Prozent und die CDU/CSU 35,2 Prozent der Zweitstimmen. (Warum Krüger bei den Zahlen zur Bundestagswahl 2005 die Anzahl an Erststimmen nennt, ist hingegen unverständlich.)

Die Kluft zwischen öffentlicher und veröffentlichter Meinung wird bei Krüger auch soziologisch zum „Repräsentationsproblem“. Die Herkunft der Journalisten, ihre häufig akademische Vorbildung, ihr Habitus, das mephistophelisch anmutende Tauschgeschäft „Information gegen Publizität“ mit Politikern und anderen wichtigen Entscheidungsträgern, um damit an möglichst exklusive Neuigkeiten zu gelangen, die fast unzähligen Tischrunden, in denen der informelle Austausch unter Journalisten und Politikern gepflegt wird – dies alles wird knapp, aber instruktiv skizziert. Neben den bereits genannten Beispielen bei Kriegseinsätzen wird die Griechenland-Berichterstattung 2015 der öffentlich-rechtlichen Medien und insbesondere die Beiträge von Rolf-Dieter Krause (ARD) und Anne Gellinek (ZDF) aufgeführt und als „beitragsgeförderter Kampagnenjournalismus“ bezeichnet.

Die Meinungskorridore konzentrieren sich schwerpunktmäßig auf die Wiedergabe und Interpretation der politischen Aussagen und Thesen, die durch die im Parlament vertretenen Parteien ausgedrückt werden. Das nennt Krüger „Indexing“. Wird der Korridor auf die Regierungspolitik verengt oder existiert – wie in der Flüchtlingspolitik – keine parlamentarische Opposition gegen die Maßnahmen der Regierung, so spricht man von „Power-Indexing“. Abweichende beziehungsweise sich nicht im parlamentarischen Diskurs spiegelnde Meinungen würden von Journalisten meist nur dann vorgebracht, wenn Politiker sich damit in der Öffentlichkeit noch zurückhielten. Der Journalist sozusagen als Meinungstester.

In der Berichterstattung zur aktuellen Flüchtlingspolitik konstatiert Krüger „gut gemeinte Einseitigkeiten“. In dieser Form der wohlwollenden, regierungsgemäßen Berichterstattung, die „bestimmte Aspekte der Realität“ bewusst ausblende, um fremdenfeindlichen Ressentiments nicht den Boden zu bereiten, entdeckt er eine „Verantwortungsverschwörung“. Es sei eine Falle, in der sich die Journalisten der Leitmedien im Herbst und Winter 2015 befunden hätten. Obwohl es nach der Aussetzung des Dublin-Übereinkommens zu einem angeblich länger geplanten „informellen Gedankenaustausch“ (so die offizielle Formulierung) am 30. September 2015 zwischen den IntendantInnen aller öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Bundeskanzleramt kam, bedurfte es zur Verantwortungsverschwörung womöglich noch nicht einmal einer Absprache, so Krügers These. Die einseitige Darstellung der Flüchtlingspolitik Angela Merkels sei, wie Renate Köcher, die Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach in der FAZ vermeldete, für viele Rezipienten verstörend. Krüger spricht von einer politisch-medialen Schweigespirale. Erst die Ereignisse in der Silvesternacht hätten diese teilweise aufgehoben.

Erstaunlicherweise findet Krüger für den Verantwortungsjournalismus sogar Verständnis:

Es scheint plausibel, dass in Zeiten multipler, interdependenter Krisen – Ukraine, Syrien, Griechenland, Euro und Finanzmärkte, Klimawandel und Umweltzerstörung, NSA-Überwachung, islamistische Terrorismus und Flüchtlinge – der Druck auf Journalisten wächst, das angeblich alternativlos-pragmatische Krisenmanagement der eigenen Regierung zu unterstützen und es nicht mit Kritik zu konterkarieren.

Redaktionen seien zwar theoretisch in der Lage, sich diesem Druck zu widersetzen – was auch zuweilen geschehe. Aber die Bereitschaft hierzu sei durch die Verflechtung mit den politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträgern zu wenig ausgeprägt. Krüger skizziert das Wirken von Journalisten, die aufgrund ihrer nonkonformistischen Berichte zunächst zum Teil von höchster politischer Stelle auf ihre „Verantwortung“ hingewiesen und dann irgendwann „kaltgestellt“ wurden. Beispielsweise Winfried Münster (langjähriger Korrespondent der SZ), der die Währungsunion der EU kritisch beurteilte. Und zum anderen Hajo Friedrich (nicht zu verwechseln mit dem ungleich bekannteren, 1995 verstorbenen Hajo Friedrichs), der einst in der FAZ kritisch über Lobbyismus in der EU und die osteuropäische Erweiterungen berichtete.

Einsichten wie die von Georg Mascolo im letzten Jahr, die erst Anfang Februar 2016 und damit zu spät für dieses Buch veröffentlicht wurden, sind selten. Normalerweise überwiegt eine Mischung aus Arroganz und Selbstgerechtigkeit der Leitmedien-Vertreter, die zwar gelegentlich kleine Fehler einräumen, sich jedoch am Ende immer selber exkulpieren und auf die Schulter klopfen. Lieber betreibt man Publikumsbeschimpfung, versucht sich in (abwegigen) Unterstellungen, kontert Einwände, indem man sie mit tatsächlich wirren Verschwörungstheorien gleichsetzt (beispielsweise in einer Serie der Zeit über die „Verschwörung der Woche“), oder, noch perfider und von Krüger nicht thematisiert, man bezeichnet sich märtyrerhaft-unernst selber als „Lügenpresse“ und versieht damit Kritik mit einem kleinen Hautgout des Populistischen. Notfalls werden Kritiker und Abtrünnige als Neu-Rechte diffamiert. Krüger zeigt im Buch, dass Unterscheidungen zwischen „konservativ“, „rechts“ und „rechtsextrem“ oft genug nicht mehr vorgenommen werden.

Am Ende spricht sich der Autor für eine Entspannung aus – und zwar sowohl auf Seiten der Kritiker als auch bei den sich stets zu Unrecht attackiert fühlenden Journalisten. Meinungsjournalismus an sich kritisiert Krüger allerdings nicht. Ihn stört der Gleichklang. Die andere Meinung sollte nicht unterdrückt werden, schon um den zum Teil wilden und/oder extremistischen, sich als Alternative anbiedernden Medien im Internet nicht Leser zuzuspielen. Aber die Crux liegt womöglich darin, dass im aktuellen Journalismus zu oft Gesinnungen, Meinungen und Fakten unentwirrbar miteinander verknüpft sind. Statt einfach neue Meinungen „zuzulassen“, könnte es wichtiger sein, dass sich Journalisten und Korrespondenten auf ihre Kernkompetenz, der Recherche nebst möglichst präziser Darstellung von Sachverhalten und Ereignissen, zurückbesinnen würden. Das Urteil könnte man dem Rezipienten überlassen, was auch im Sinne Krügers wäre, der für einen „eigenständigen Diskurs“ anstelle von Verantwortungsverschwörung eintritt und damit an das „Grundvertrauen in die Mündigkeit des Publikums“ appelliert. Zuweilen schimmert im Buch durch, dass er Journalisten in einer 180 Grad-Wendung zur unbedingten Kritik an der Politik bewegen möchte, was allerdings bedeuten könnte, eine Indoktrination nur durch eine andere zu ersetzen.

Mainstream liefert trotz der kleinen Einwände eine solide Bestandsaufnahme der aktuellen Entwicklungen um die derangierte Glaubwürdigkeit von Medienmachern. Eine ebenfalls dringend notwendig erscheinende Kritik an den professionellen Medienkritikern unterbleibt. Der fast immer nüchterne Ton Krügers ist wohltuend, könnte jedoch paradoxerweise zu einem Problem werden. Ist doch die Branche geradezu konditioniert auf hysterische Kritik, die sie dann mit großer Geste verwerfen kann. Nimmt man dieses Buch ernst, so könnte es zeigen, was die Medienmacher aus der Vergangenheit zu lernen bereit wären. Man darf gespannt sein.

Titelbild

Uwe Krüger: Mainstream. Warum wir den Medien nicht mehr trauen.
Verlag C.H.Beck, München 2016.
176 Seiten, 14,95 EUR.
ISBN-13: 9783406688515

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