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Von Liebe, Tod und dem Teufel

Von Christoph Schmitt-MaaßRSS-Newsfeed neuer Artikel von Christoph Schmitt-Maaß

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Ulf K. ist ein kleines Wunder. In den letzten Jahren hat er sich mit seinen selbstgemalten und -kopierten Heftchen einen Platz in der Underground-Comicszene erworben. Die Heftchen waren heiß begehrt und schwer zu bekommen. Darum ist es nun um so erfreulicher, dass sich die "edition 52" dieser wunderbaren Geschichten angenommen und eine kleine Auswahl herausgebracht hat.

In sieben Kapiteln wird von Paris, von brennenden Herzen, von Sonne, Mond und Sternen, von seltsamen Herren - und immer wieder vom Tod erzählt. Ulf K.s besondere Begabung liegt darin, seinen unverwechselbaren Stil zu pflegen, ohne deswegen einseitig zu sein. Selbst vor dem Banalen schreckt er nicht zurück; oft erweist er sich jedoch als Meister der Fantasie und des Subtilen. Ähnlich wie Mathieu arbeitet Ulf K. mit starken Kontrasten und Schattierungen, man kann auch hier von einer ligne ombreux sprechen. Dabei reflektiert er quasi nebenher das Medium und bricht Seitenstrukturen zu Gunsten eines reflektierten Zeichnens auf.

Als Meister der Reduktion nimmt er auch die Sprache in die Bildwelt auf: ohne einen Buchstaben stellt er in einigen Geschichten Kommunikationssituationen dar. Ähnliche Versuche hatten z. B. Avril und Petit-Roulet in "Soirs de Paris" unternommen. Erst in den Schwarzweiß-Zeichnungen Ulf K.s erweisen sie sich jedoch als vollkommen kompatibel zum herkömmlichen Vokabular des Comics. Hier erst wird Sprache zum Bild und das Bild zum Icon: Sprache manifestiert sich im Bild und wird somit Bestandteil des Bildes. Dies sind auch die stärksten Geschichten; die sprach- und textüberladenen fallen dagegen gelegentlich stark ab.

Die Welt erscheint bei Ulf K. optisch gemustert: wie Schachbrettfelder sind Häuserzeilen ineinander verkrallt. Subtil hingegen sind die Inhalte der Geschichten: die Angst vor der Liebe, dem Tod und dem Teufel beherrschen das Szenario. Hier zeigt sich Ulf K.s Fertigkeit im Ausleuchten von (zwischen-) menschlichen Grautönen.

Die Charaktere sind vielseitig und dennoch unverwechselbar gezeichnet. Dabei gelingen dem Zeichner immer wieder interessante Einblicke und Sichtweisen. Allen Figuren geschieht Ungewöhnliches: sei es die Begegnung mit dem Tod oder die Autofahrt zum Mond - Ulf K. verweigert jede Erklärung und greift damit auf die Urform der Mythenbildung zurück. Dadurch formt er einen eigenen Mikrokosmos, in dem alles möglich und nichts gewiss ist.

Bleibt nur zu hoffen, dass die engagierte "edition 52" uns in den nächsten Jahren noch viele Ausgaben des Universums von Ulf. K. beschert. Er bereichert mit dem Mut zum Träumen die Welt des deutschsprachigen Comics ebenso wie die internationale Comicszene mit Originalität.

Titelbild

Ulf K.: Tango de la mort. Comic.
Edition 52, Haan 2000.
100 Seiten, 17,80 EUR.
ISBN-10: 3935229003

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