Mehr als eine Zeitschrift

Donatella Germaneses Analyse der Zeitschrift "Pan" (1910 - 1915)

Von Stefanie HartmannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Stefanie Hartmann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Eine Lücke soll die Dissertation von Donatella Germanese nach eigener Aussage schließen. Denn anders als andere zeitgenössische Zeitschriften wie "Sturm" und "Aktion" wurde der "Pan" bislang nicht umfassend analysiert. Nur fünf Jahre existierte die Zeitschrift, die ihren Namen bei einer Zeitschrift der Jahrhundertwende lieh. Während dieser fünf Jahre wechselten die Herausgeber (die bedeutendsten: Paul Cassirer und Alfred Kerr) wiederholt und mit ihnen die inhaltlichen Schwerpunkte. Anhand der sich daraus ergebenden drei Phasen des "Pan" analysiert Germanese die Beiträge vor allem literarischer Art, aber auch die psychoanalytischen und kunsttheoretischen Artikel. So standen neben Veröffentlichungen und Rezensionen in- und ausländischer Autoren wie Heinrich Mann, Robert Walser, Gustave Flaubert und Leo Tolstoi im "Pan" auch die ersten Artikel, die die noch junge Psychoanalyse einem breiten Publikum bekannt machten und sie auf Künstler und Kunst-Rezipienten anwandten. Sogar Freud selbst publizierte im "Pan". Keiner der konkurrierenden Kunstrichtungen gab "Pan" den Vorzug, sondern verstand sich als Forum zum Austausch verschiedener Standpunkte. Kein Wunder also, dass die Kontroverse zwischen Max Beckmann und Franz Marc über dieses Blatt geführt wurde.

An Skandalen mangelte es dennoch nicht: Aufgrund der Veröffentlichung angeblich anstößiger Texte von Flaubert wurde eine Ausgabe konfisziert. Verbale Angriffe gegen den Polizeipräsidenten und die Fortsetzung des Abdrucks Flauberts führten dazu, dass auch das folgende Heft beschlagnahmt wurde. Weiter musste Max Reinhard vom "Pan" herbe Kritik einstecken. Alfred Kerr und andere Mitarbeiter bezeichneten seine Inszenierungen in Zirkusarenen und Riesenhallen als "Theater der Fünftausend", das an Qualität verlieren müsse.

Trotz der wissenschaftlichen Akribie der Analyse der "Pan"-Beiträge, eines Verzeichnisses aller relevanten "Pan"-Beiträge und einer umfangreichen Bibliographie bedient sich die Autorin eines leicht zugänglichen Sprachstils. Germanese versteht es, die journalistischen Inhalte und die Geschehnisse hinter den Kulissen des "Pan" auf spannende und manchmal amüsante Weise in einen Kontext zu stellen, nicht zuletzt durch Zitate aus dem "Pan" selbst. Es entsteht das Bild nicht nur einer Zeitschrift, sondern auch der gesellschaftlichen, kulturellen Umstände, die sie möglich machten und die sie versuchte zu beeinflussen.

Titelbild

Donatelle Germanese: Pan (1910-1915). Schriftsteller im Kontext einer Zeitschrift.
Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 2000.
404 Seiten, 50,10 EUR.
ISBN-10: 3826017552

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch