Angst bei Ingeborg Bachmann und Martin Heidegger
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseDie Zeitschrift "LITERATUR in Wissenschaft und Unterricht", die vom Englischen Seminar der Universität Kiel erarbeitet wird, erscheint viermal im Jahr und hat zum Ziel, der "Erschließung vornehmlich der englischsprachigen und deutschen Literaturen" zu dienen. Die aktuelle Ausgabe (Heft 4/2000) widmet sich dem Verhältnis von "Gewalt und Individualität" bei Hemingway (Tilman Höss), von "Ethik und Genetik" bei Shelagh Stephenson (Barbara Korte) und von "Amerika und Entfernung" bei Reiner Kunze (Birgit Lermen). Ein Literaturbericht über neuere Tendenzen der "Feminist Narratology" wird gefolgt von Rezensionen und Kurzanzeigen.
Für den Bachmann-Schwerpunkt unserer Ausgabe ist ein Aufsatz von Ralf Kellermann einschlägig, der erstmals die Angstthematik bei Bachmann und Heidegger systematisch erschließt und eine sinnvolle Ergänzung zur Dissertation von Christine Kanz (vgl. literaturkritik.de Ausgabe 2/1999) darstellt. Kellermann attestiert Franza, der Protagonistin von "Das Buch Franza" (zuerst unter dem Titel "Der Fall Franza"), "widersprüchliche Affinitäten" zu Heidegger, die sich aus der dargestellten Kriminal- und Krankengeschichte ergeben. Während die existenzialontologische Ergründung der Angst verworfen wird, wird Heideggers Auffassung von der "Gegenstandslosigkeit" der Angst von Franza (und Bachmann) bestätigt: "Ohne, dass sie sich inhaltlich, in der Bestimmung der (Un-)Bestimmbarkeit der Angst sehr weit von Heidegger absetzte, wendet sie sich vor allem gegen die sich beim Philosophen abzeichnende positive Wertung der Angst."
L. H.