Besessen vom Drang nach Wissen

Michael Klonovskys Debütroman "Der Ramses-Code"

Von Eva Magin-PelichRSS-Newsfeed neuer Artikel von Eva Magin-Pelich

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

"Der Ramses-Code" ist ein historischer Roman um den Ägyptologen und Hieroglyphenforscher Jean-François Champollion. Dieser Champollion wurde zum Begründer der Ägyptologie als Universitätsfach und erhielt 1829 den ersten Lehrstuhl für das Fach in Paris. Ihm ist es auch zu verdanken, dass die Schrift des alten Ägypten sich uns heute erschließt - und damit auch das Denken dieser Zeit und ihrer Menschen.

Champollion hatte schon mit 18 Jahren eine Professur an der Universität von Grenoble inne, eine in der heutigen Zeit undenkbare Sache. Doch scheint auch der Typus des Wissenschaftlers, wie ihn Champollion oder sein englischer Gegenspieler Thomas Young verkörpern, heute in dieser Form nicht mehr denkbar. Sie waren besessen von dem Drang nach Wissen und stellten immer neue Fragen. So auch Champollion, der sich schon als Kind das Ziel gesetzt hatte, die Hieroglyphen zu entziffern.

Nun also zum Roman, einem Erstlingswerk des 1962 in Berlin geborenen Journalisten Michael Klonovsky, der heute in München lebt und bisher als Herausgeber der Bücher des Autisten Birger Sellin hervorgetreten ist. "Der Ramses-Code" schildert Ausschnitte aus dem Lebensweg des Forschers, dem schon vor seiner Zeugung prophezeit wird, dass sein "Ruhm die Jahrhunderte überdauern werde."

Das Buch, neben Prolog und Epilog in vier Teile aufgeteilt, setzt mit der Schilderung dieser Weissagung ein. Es erzählt im ersten Teil von Champollions Kindheit in Figeac sowie von seiner Schulzeit in Grenoble. Schon das übernatürlich kluge Kind bereitet dem Vater Angst, die er nur durch die Flucht in den Alkohol ertragen kann - und damit auch den sozialen Abstieg der Familie einleitet. Champollion ist schon hier erkennbar ein Außenseiter, er bringt sich das Lesen selbst bei und beherrscht frühzeitig Latein und Griechisch.

Im zweiten Teil finden wir Jean-François in Paris wieder, er ist nun Student und auf eigene Füße gestellt, das heißt ohne Familie in der fremden Stadt. Er muss lernen, mit Anfeindungen zurechtzukommen, denn trotz, oder besser aufgrund, seiner Genialität hat er nicht nur Freunde. Dass er in Paris die Liebe seines Lebens trifft, macht es nicht besser, denn sie steht unter keinem guten Stern. Doch Champollion arbeitet weiter an der Entzifferung der Hieroglyphen und schert sich nicht um die Häme.

Den Engländer Thomas Young lernt der Leser im dritten Teil des Romanes näher kennen, zuvor werden immer wieder Informationen über den Stand der Ägyptologie in England eingeschoben. Der Konkurrent Young wollte mit der Sache eigentlich gar nichts zu tun haben. Doch ein gewitzter englischer Baron, von Ägypten besessen, nutzt eine Leidenschaft des Gelehrten und bringt ihn dazu, sich mit der Schrift zu beschäftigen. Wie kann es in England anders sein: die schwache Stelle des Wissenschaftlers sind Wetten!

Doch am Ende erlebt der Leser schließlich den fulminanten Triumph des Franzosen. Dieser Schlussteil des Romanes lässt vergessen, dass der Text überwiegend kühl daherkommt.Der Vortrag, der Champollions Erkenntnisse der Öffentlichkeit präsentiert, ist sowohl für den Leser als auch für die Zuhörer im Text spannend und bewegend. Beide nehmen teil an den bahnbrechenden Darstellungen des Forschers, sie hören bzw. lesen die Einwände des Herausforderers Young, dessen Erkenntnisse nun in Frage gestellt werden. Und sie erleben mit, wie die anwesenden Wissenschaftler aufgrund der Argumentation Champollions umschwenken und seine Arbeit anerkennen müssen. Auch nach Beendigung der Lektüre bleibt dieser Eindruck erhalten: Champollion ist Erstaunliches gelungen.

Der Text spielt vor dem Hintergrund der Wirren der Zeit Napoleon Bonapartes. Die politischen Ereignisse fließen mit in den Text ein, was auch dem wahren Champollion entspricht, aus dessen Leben die Politik nicht wegzudenken war. Für den Jean-François Champollion im Roman haben Pharao und Bonaparte sogar eine wichtige Gemeinsamkeit: "Nun verspürte Jean-François auf einmal das Gefühl, mit der Unsterblichkeit in Kontakt zu treten. Der kleine dicke Mann dort mit dem Siegerblick, das war Pharao, und er würde mit seinen Taten die Zeiten überdauern und im Gedächtnis der Menschen leben in alle Ewigkeit."

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Michael Klonovsky: Der Ramses-Code. Roman.
Rütten & Loening Verlag, Berlin 2001.
473 Seiten, 20,40 EUR.
ISBN-10: 3352005753

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