Sie sind gefeuert!

Der Humorist Graham Lord stellt sich erstmals seinem deutschsprachigen Publikum vor

Von Birte RasmussenRSS-Newsfeed neuer Artikel von Birte Rasmussen

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Könnte das Leben schöner sein für Peter Hallam? Der Verkaufsleiter einer angesehenen Firma ist beruflich sehr erfolgreich, Frau und Tochter beten ihn an, er nennt ein schickes Häuschen mit Garten und zwei Hunden sein eigen, besucht mit seinen Freunden regelmäßig einen noblen Tennisclub, ist bei allen beliebt und geachtet. Zwar raubt ihm Schwiegermutter Monica zuweilen den Nerv, und sein 19-jähriger Sohn Matt hat beschlossen, gegen Eltern und Establishment zu rebellieren, doch sind das für Peter nur kleine Eigenarten, die eine glückliche Familie ausmachen. Und Peter Hallam ist glücklich.

"Wie alt sinse, Pee?
"Wie alt?"
"Yeah. Wie 'alt'?"
[...]
"Ich bin fünfundvierzig."
[...]
Skudder schlug seine Hände zusammen. "'Grabflüchter'", kreischte er. ,Ack-ack-ack-ack-ack.'"

Jason Skudder ist der wandelnde Alptraum eines jeden Angestellten. Der flegelhafte Wunderknabe wird mit knapp dreißig zum neuen Geschäftsführer ernannt - für Peter Hallam und seine Kollegen kommt dies völlig überraschend. Für den glatzköpfigen Proleten mit Gossensprache sind alle Mitarbeiter über vierzig verbrauchte "Grufties", die es so kostengünstig wie möglich zu entsorgen gilt. Schwule und Juden verachtet er gleichermaßen. Peter, dem im Falle einer Kündigung eine hohe Abfindung zustünde, kommt in den Genuss der "Maxwell-Methode": sein berufliches Leben wird ihm fortan zur Hölle gemacht mit dem Ziel, ihn aus der Firma zu ekeln.

Zunächst versucht Peter noch, den täglichen Schikanen stand zu halten, doch schließlich sieht er keinen anderen Ausweg mehr als zu gehen. Seine Frau Jenny, mit der er bis dato so glücklich war, verändert sich daraufhin zusehends. Sie verachtet ihren Mann dafür, dass er aufgegeben und die Familie in "Gefahr" gebracht hat. Und Matt, seit längerem schon von Sozialhilfe lebend und den ganzen Tag untätig herumhängend, hasst seine Familie, in der er einen "Haufen höhnischer, blasphemischer, verwöhnter, neofaschistischer Mittelschichtskannibalen" sieht, sowieso. Die einzigen, die noch zu dem gebeutelten Peter halten, sind seine 16-jährige Tochter Susie und seine verrückte Schwiegermutter Monica, die gerne einmal mit ihrem Kaktus Hank kommuniziert und mit Vorliebe selbstverfaßte, schlüpfrige Limericks zum Besten gibt.

Peters Konten werden gesperrt, Arbeitslosenunterstützung wird ihm verweigert und Jenny, die inzwischen die Scheidung eingereicht hat, zieht es zu Peters ehemals bestem Freund und Kollegen Jim Donaldson. Hallam, der Gewinner von einst, hat alles verloren: seinen Job, seine Familie, sein Heim und zu guter Letzt beinahe noch seine Selbstachtung. Doch er sinnt auf Rache. Mit Monicas Unterstützung spielt Peter, der inzwischen in einem bescheidenen Hotel als Nachtportier arbeitet, Banken und Firmenvorstände gegeneinander aus, lässt Skudders kriminelle Machenschaften auffliegen und Jim Donaldson bloßstellen. Seine materialistische Frau, die reumütig zu ihm zurückkehrt, lässt er abblitzen. Schließlich bietet man ihm sogar den Posten des Geschäftsführers seiner ehemaligen Firma an, doch ist er nicht sicher, ob er ihn annehmen soll.

"Leider sehen wir uns gezwungen, Ihnen mitzuteilen ..." ist eine bitterböse Satire auf die heutige raffgierige Zeit und diejenigen, die sie produziert und die ihr zum Opfer fallen. Graham Lord gewährt mit seinem Roman einen zynischen Einblick in die Welt der Konzerne, Ämter und Banken. Als Gegenstück dazu präsentiert der Autor die amüsanten Weisheiten der unverbesserlichen Überlebenskünstlerin Monica: "Alles Quatsch. Es wird immer soviel erzählt, was alles schlecht für dich sein soll: Zucker, trinken, rauchen, Fleisch, Sex. Mir hat das nie geschadet."

Titelbild

Graham Lord: Leider sehen wir uns gezwungen, Ihnen mitzuteilen ... (Sie sind gefeuert!).
Übersetzt aus dem Englischen von Miriam Carbe.
Gerd Haffmans bei Zweitausendeins, Frankfurt a. M. 2002.
416 Seiten, 16,90 EUR.
ISBN-10: 3861505002

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