Grenzenloser Masochismus

"Opferköpfe" von Robert Motzek ist ein optimaler Zugbegleiter

Von Claudia ZaviskaRSS-Newsfeed neuer Artikel von Claudia Zaviska

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

"Was soll ich hier", fragt sich der 19-jährige Außenseiter auf dem Rockkonzert und wartet darauf, dass "es endlich abgeht".Wie ein roter Faden zieht die Erwartung auf das große Ereignis und der Suche nach Vollständigkeit durch den Debütroman "Opferköpfe", des 1981 in Cottbus geborenen Robert Motzek, den er während seiner Zivildienstzeit schrieb. Sein Protagonist ist auf der Suche nach authentischen Musikern, die sich auf der Bühne für das Publikum "den Arsch aufreißen" und verlangt Echtheit hinter den Fassaden der Oberflächlichkeit seiner Mitmenschen. Fest entschlossen, sich weder dem Zwang der Cliquen unterzuordnen, noch sich selber etwas vorzumachen, spielt er in seinem Kellnerjob die Rolle des Entertainers, die ihm hin und wieder ein Überlegenheitsgefühl vermittelt, jedoch reine Show ist. Die Unfähigkeit seine Freundin zu befriedigen, lässt ihn vollends an sich zweifeln. Durch seinen grenzenlosen Masochismus manövriert er sich in eine scheinbar ausweglose Situation, nun liegt es an ihm ob er sich weiterhin in seiner Einsamkeit suhlen möchte ...

Robert Motzeks Roman erinnert an Nick Hornbys "High Fidelity", der ebenso Musik und Leben verbindet und die heutige Generation thematisiert. "Opferköpfe" ist jedoch prägnanter und erspart dem Leser das Überblättern langweiliger Musikerläuterungen. Er schafft eine direkte Verbindung zwischen Songtext und Handlung.

Sexualität besitzt eine maßgebende Rolle und spielt auf den Verlust wahrer Hingabe und die Isolation in unserer Zeit an. Getrieben von Leistungsdruck entdeckt der "heranreifende Versager" die Erotik der Langsamkeit. Auf eine einfühlsame und zugleich humorvolle Weise schildert der junge Autor das Abenteuer der Zweisamkeit. Motzek ist es gelungen, auf eine unterhaltsame jedoch nicht sehr anspruchsvolle Weise die Suche nach Identität und Anerkennung authentisch zu schildern. Dabei verzichtet er auf überholte Klischees und kitschige Sinnsucherei. Der Weg aus der Opferhaltung zu einer erfüllenden Selbstbestimmung kann plausibel nachvollzogen werden. "Opferköpfe" ist ein optimaler Zugbegleiter und berührt mit Sicherheit die Gefühle des Lesers.

Titelbild

Robert Motzek: Opferköpfe.
Lagrev Verlag, Bruckmühl 2002.
168 Seiten, 10,50 EUR.
ISBN-10: 3929879069

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