Lust-, sinn- und tonreiche Amors-Verse!
F. W. Bernstein präsentiert Liebesgedichte von Peter Hacks
Von Rolf-Bernhard Essig
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseUm es nur gleich ganz offen zu sagen: Wer auch nur einen Funken Liebe im Leib hat, lasse ihn von diesen Frühlingsstürmen in Gedichtform zu einem lustigen Herzensbrand anfachen, der die Wintermelancholie im Nu wegsengt.
Peter Hacks singt in diesem Büchlein von der Liebe in allen ihren Formen und Stadien, er gibt sich ihr hin, umspielt sie, sehnt sich nach ihr, preist sie, zaust sie auch mal, um sie dann wieder zu kosen: ein einziges und unwiderstehliches Bekenntnis zu der Macht, die das Leben würzt, krönt und lebenswert macht. Und über der ganzen, von F. W. Bernstein so herzensklug ausgesuchten Sammlung könnte als Motto Peter Rühmkorfs Vers stehen: „Liebe dich, Liebe!“
Was Peter Hacks unter den deutschen Nachkriegsdichtern so einzigartig macht, ist eine ebenso intelligente wie mitreißende Geläufigkeit geradezu klassisch-romantischen Schwungs, als hätten sich Lessing, Goethe und Heine fröhlich verbrüdert. Zu dieser schon so wunderbaren Tafelrunde gesellt sich aber dann auch noch Brecht und Marx. Da Witz und Ironie nicht fehlen, kommt es zu solchen Strophen: „Sie liest Marx in acht Bänden / und Hegel und Heine, / Doch die Beine, die enden / Ganz anders als meine. // Wie heißt es bei Paul, / Geborenem Saul? / Habt ihr die Liebe nicht, / Ist schon was faul.“
Nein, bei Peter Hacks war da nichts faul. Als fleißiger Amor- und Musen-Jünger verfasste er derart anrührende Verse, dass dieses Büchlein angehenden Verführern und immer noch verliebten Paaren aufs Wärmste empfohlen sei. Natürlich zum Vorlesen und zum Zusammenlesen – im Bett, „Unterm Weißdorn“ oder anderswo.
Wie schlicht formuliert Hacks die weltverändernde Zauberkraft der Liebe! „Selbst Berlin hat eine Seele, / Seit ich sie in Treptow weiß.“ Wie heiter-ernst kapituliert er vor der Beschreibung seiner Angebeteten! „Du bist nicht säglich. / Der Sonnen Lärm, das Stammeln der Galaxen / Sind deiner Schönheit Anspruch nicht gewachsen.“ Wie anregend fasst er Ungestüm in Worte! „Schneller, schneller, deine Schuhe, / Wirf sie auf den Teppich hin, / Weil ich gar nicht in der Ruhe, / Aber in Begierde bin. / Fort das Kleid, ich kanns nicht brauchen. / In dein nacktes Fleisch zu tauchen, / Steht mir einzig nur der Sinn.“
Deutlichkeit steht Hacks in seinen Liebesgedichten stets unpeinlich zur Verfügung; darin gleicht er Goethe, den er hie und da ehrerbietig parodiert. Und beiden sieht man ihr manchmal männermarkiges Selbstbewusstsein nach („Die liebt leicht keinen andern, / Die mich einmal geliebt“), weil es nur ein Ton unter so vielen ist: Hacks säuselt, winselt, grollt, schnurrt, murrt, blafft, jubelt, jammert, jauchzt, und das immer voll von Liebe! Obwohl er seine Bekenntnisse durchweg in klassische Formen gießt, merkt der Leser kaum, wie kunstvoll er betört wird, weil der Souverän des Wortes kein Aufhebens davon macht: „Erster Nu nach der Enthüllung, / Lust, von keiner Lust erreicht, / Wo Versprechen und Erfüllung / Sich im Stand der Schalen gleicht, / Wo kein Glück noch unbegonnen / Und kein Glück schon hingeronnen / Und der Mut so voll, so leicht.“
Das sind oft alte Worte, doch singt sie Hacks ganz neu, und wer zu zweit sie höret, dem lacht das Herz dabei.
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