Lesebuch für Fortgeschrittene
Zum fünfzigsten Geburtstag der "Akzente" gibt Michael Krüger einen Querschnitt heraus
Von Ute Eisinger
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseEs ist ein ,Nachtkastlbuch', das uns der dritte Herausgeber der seit einem halben Jahrhundert bestehenden Zeitschrift für Dichtung, 1954 von den Autoren Walter Höllerer und Walter Bender ins Leben gerufen, beschert; ein Lesebuch für Fortgeschrittene, worin sich hie und dort in der Weltliteratur des letzten Jahrhunderts blättern und lesen lässt. Im Unterschied zu den zweihundert Heften, die immer wieder Neues und für den deutschsprachigen Leser Fremdes brachten, ist hier nun versammelt, was sich beim Publikum bewährt oder gar in Form einer Nobelpreisverleihung bewahrheitet hat. So fehlen etwa Hart Crane, dem 1982 ein ganzes Heft gewidmet war oder Ilya Kutik, von Felix Philipp Ingold 1994 in den Jubiläumsband unter die zukunftsweisenden Dichter der Welt aufgenommen; Versäumnisse, für die sich der Herausgeber im Nachwort freilich entschuldigt.
Ein alphabetisches Verzeichnis der Autoren lässt diesen Band als Anthologie benutzen, die chronologische Wiedergabe der einzelnen Heft-Themen, gebündelt zu fünf Jahrzehnten, macht ihn auch für Komparatisten und Publikationsforscher interessant.
Leider sind es nur wenige Zeilen, die unter dem Titel "Chronik" von der Gründung der "Akzente" berichten. Dafür entschädigt Michael Krügers Nachwort, der den historisch-politischen Hintergrund des ersten Jahres 1954 folgendermaßen beschreibt: "eine seltsame Mischung aus Aufatmen und Atemanhalten, eine innige Verschränkung des Alten mit dem Neuen, von Pathos und Lakonie. Und kein Mensch wusste zu sagen, wie es in zehn Jahren aussehen würde." Krüger, der die Herausgabe 1976 übernahm, streicht besonders hervor, dass die Gründer Höllerer und Bender niemals in Versuchung gerieten, in den "Akzenten" wie auch immer ausgerichtete Programme für Literatur zu veröffentlichen: Die Zeitschrift war immer anti-ideologisch und hat darum viele andere überlebt. Zu dieser Beständigkeit sei ergänzt, dass noch dreißigtausend Seiten nach dem ersten Blatt - Oskar Loerkes Gedicht "Ans Meer" - jedes Heft 100 Seiten stark ist und umgerechnet wie damals drei Mark kostet.
|
||