Allemanns weltfremde Aufsätze über Kafka
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseDer seit 1967 in Bonn lehrende, 1991 gestorbene Literaturwissenschaftler Beda Allemann, ein Schüler Emil Staigers, hat sich immer wieder mit dem Werk Franz Kafkas auseinandergesetzt. Seine verstreut publizierten Untersuchungen sind 1998 gesammelt unter dem Titel "Zeit und Geschichte im Werk Franz Kafkas" erschienen. An dem Titel, der auf Allemanns erste Kafka-Publikation selbst zurückgeht, kann man es schon erkennen: Alemanns Interpretationen sind vom Geist der Existenzphilosophie Martin Heideggers inspiriert. Sie bewegen sich sogar noch in den achtziger Jahren in einem zeit- und geschichtslosen Raum, in dem Redeformen, Erzählperspektiven oder Gattungsprobleme weit wichtiger sind als alle historischen Kontexte. Eine weltfremde Literaturwissenschaft schaffte sich hier einen entsprechend weltfremden Autor. Der letzte, zum Teil durchaus erhellende Beitrag mit "Fragen an die judaistische Kafka-Deutung am Beispiel Benjamins" gesteht die Hilflosigkeit dieser Art von Literaturwissenschaft in der Tradition der Werkimmanenz ein. Sie glaubt sich allerdings durch Kafka selbst legitimieren zu können, indem sie mit Genugtuung dessen Aufforderungen zitiert: "Laß die Deutungen!" Oder: "Gibs auf!"
Thomas Anz