Der Stoff, aus dem die Skripte sind

Dagmar Benke und Christian Routh erklären in ihrem Band "Script Development", wie man ein gutes Drehbuch schreibt

Von Jens KieferRSS-Newsfeed neuer Artikel von Jens Kiefer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Es gehört zu einem der gängigen Topoi, dass das Drehbuch entscheidend für die Qualität eines Filmes sei, während gute Drehbücher gleichzeitig rar seien. Während jedoch Kameraarbeit und Regie vielerorts studiert werden können, gibt es nur wenige Hochschulen, die den Studiengang Dramaturgie anbieten. Eine große Nachfrage für Orientierungshilfen beim Drehbuchschreiben ist somit sicherlich gegeben. Aber wie will man Kreativität lehren? Ist angehenden Drehbuchschreibern damit geholfen, wenn Sie das Modell der kreativen Matrix von Philip Barker kennen und wissen, dass die gut funktionierende Erzählung aus dem Zusammenwirken von sechs Elementen (Geschichte, Thema, Form, Handlungsführung, Genre und Stil) bestehen soll?

Das Paradox, Kreativität nicht lehren zu können, umschiffen Benke und Routh, indem sie ihr Buch nicht als eine Schule für Kreatives Schreiben konzipieren, sondern als einen Ratgeber, der alle Phasen des Drehbuchprojekts begleitet: von der Stofffindung, über die Entwicklung, bis zum Pitching. Das Drehbuch wird dabei produktions- wie rezeptionsästhetisch behandelt. Das heißt, sowohl aus der Sicht des Verfassers als auch aus der Sicht des Redakteurs oder Stoffentwicklers, der ein eingereichtes Drehbuch analysieren und beurteilen muss.

Indem die beiden Autoren viel Wert auf die Arbeitsbedingungen im Bereich des "Script Developments" legen, geraten große Teil des Buches in die Nähe psychologischer Ratgeberliteratur: Nicht den Kopf hängen lassen, dem Anderen zuhören, auf Körpersprache achten, den Anderen aussprechen lassen. Die Tipps, die die beiden Autoren für die Teamarbeit geben, lassen sich auf jede andere soziale Situation, in der Teamfähigkeit gefragt ist, übertragen. Das soll kein Einwand gegen die Richtigkeit der Ratschläge sein, zeigt aber erneut die Schwierigkeit, überhaupt Hilfe beim Drehbuchschreiben zu leisten. Denn genau wie die Kreativität ist soziales Kapital zwar eine Ressource, die man sich durch Praxis langsam erarbeiten kann. Mit einer Buchlektüre allein ist dies aber kaum zu bewerkstelligen.

Somit vermittelt "Script Development" nicht wirklich 290 Seiten lang nur spezifisches Wissen, das bei der Arbeit am Drehbuch wichtig ist. Und es stellt sich die Frage, ob dem Buch nicht eine stärkere Verknappung gut getan hätte. Für wen ist dieses Buch also geschrieben worden? Dem etablierten Profi ist kaum damit gedient, und dem Anfänger kann das Buch nur helfen, formale Fragen adäquat zu lösen. Das Drehbuchschreiben kann er jedoch nur bedingt mit Hilfe dieses Bandes erlernen.

Der Ton der beiden Autoren ist bis auf die teilweise etwas pädagogisch gemeinten Verhaltenstipps sehr sympathisch. Neben den verschiedenen Phasen der Entwicklung (Skizze, Treatment, Drehbuch) und Beurteilung (Synopsis, Kommentar) geht das Buch auf den Beruf des Stoffentwicklers sowie verschiedene Genres ein. Der Anhang enthält außerdem Lektoratsformulare von Filmförderungen. Diese sind zwar nur von bedingtem Nutzen verweisen aber auf einen wichtigen Punkt, der vielleicht noch stärkere Beleuchtung verdient hätte: die Filmfinanzierung. Denn gute Drehbücher können nur entstehen, wenn für die Entwicklungszeit finanzielle Ressourcen zur Verfügung stehen. Vor allem im Bereich Dokumentarfilm sind viele Drehbuchschreiber gleichzeitig ihre eigenen Regisseure und Produzenten. Ein Kapitel über Antragsstellung zur Drehbuchförderung mit der Vorstellung der relevanten Institutionen hätte dem Buch, auch wenn es sich primär dem Drehbuch selbst widmet, nicht geschadet.


Titelbild

Dagmar Benke / Christian Routh: Script Development. Im Team zum guten Drehbuch.
UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz 2006.
291 Seiten, 19,90 EUR.
ISBN-10: 389669670X

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