Natural born, äh

Jürgen Roth und die Biermösel Blosn verabschieden sich mit "Stoibers Vermächtnis" vom König der Bayern

Von Jan FischerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Jan Fischer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Deutsche Kabarettisten sind jetzt traurig. Es mag zwar sein, dass Edmund Stoiber manchmal auch Politik gemacht hat, aber seine Sternstunden hatte er, wenn man sich über ihn lustig machte. Oder er sich selbst der Lächerlichkeit preisgab. Da hatte man als Kabarettist nie besonders viel zu tun. Legendäre Reden, wie diejenige vom Problembären Bruno oder irgendetwas über den Transrapid Richtung Münchener Flughafen, sind auch ohne weitergehende Bearbeitung Sternstunden der deutschen Politsatire. Schon während seiner Kanzlerkandidatur zirkulierten im Netz Stoiber-Highlights, und seitdem hat sich das nicht so recht gegeben. Mit Stoiber geht nach Kohl und Schröder einer der letzten großen von Natur aus Lustigen der deutschen Politik.

Deshalb ist auch der hier besprochene Nachruf auf das politische Leben Stoibers - hauptsächlich von Jürgen Roth und den Biermösl Blosn - in großen Teilen eine Nacherzählung von Stoibers Karriere mit O-Tönen, dazu ein bisschen bayerisch-subversive Biermösl-Mucke, ein paar hochkarätige Sprecher, fertig. Das ganze ist gegliedert nach Stoiber'schen Diskursfeldern. Klar, so lassen sie alle Reden-Schnipsel besser unterbringen. Dazu gibt es noch ein Stoiber-Poster, er steht da in bayerischer Folklore-Tracht, Hand zum Gruße an dem Kopf gehoben, sicherlich wird dieses Poster dereinst so heiß gehandelt werden die die der Beatles im "White Album".

Die Nacherzählung von Stoibers Karriere ist, was die Fakten angeht, auch solide. Jürgen Roth hat eine Stoiber-Biografie vorgelegt, der Mann weiß, wovon er spricht, und Stoiber ist wie immer ein grandioser Kabarettist.

Die anderen sind es leider nicht. Es ist schwer herauszubekommen, wer genau da verantwortlich ist für die Lustigkeitsanfälle, die zwischen Stoibers Reden immer wieder auftauchen, vermutlich haben der Texter Jürgen Roth und der Lustigmacher Gerhard Polt etwas damit zu tun. Jedenfalls gibt es zwischen Stoiber-Schnipseln immer mal wieder Einwürfe, kleine Erzählungen, die sich mal nutzbringend auf Fakten beschränken, aber oft leider auch abdriften und Pseudobilddungsgeschwafel über Shakespeare oder Wittgenstein, das zwar gut gemeint klingt, aber letztendlich einfach nicht lustig ist. Warum auch? Über Stoibers ähs, seine Artikulationsschwierigkeiten, seine Ehefrau "Muschi", sind so oft Witze gemacht worden, dass es erst mal schwierig ist, sich überhaupt neue auszudenken - selbst wenn man dafür Wittgenstein ausmottet.

Gut natürlich, dass der komplette Stoiber nochmal drauf ist auf der CD, es kann ganz schön lästig werden, sich das alles aus dem Netz zu klauben. Die Reden Stoibers sind Evergreens der Unterhaltungskultur, so gut, das zeigt die CD auch, dass selbst alte Kabarettistenhasen da schwer mithalten können. Verständlich, dass die jetzt weinen.


Titelbild

Biermösl Blosn / Jürgen Roth: Stoibers Vermächtnis. Große Momente, große Reden, große Freude, CD.
Verlag Antje Kunstmann, München 2007.
14,90 EUR.
ISBN-13: 9783888974946

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