Gender-Philosophie und feministische Gewaltfreiheit

Hannelore Bublitz’ Butler-Einführung in 3. überarbeiteter Auflage

Von Rolf LöchelRSS-Newsfeed neuer Artikel von Rolf Löchel

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Judith Butler hat ihre Thesen seit Beginn des Jahrzehnts zwar nicht gerade revidiert, aber doch ein neues Thema ins Zentrum ihres Interesses gerückt. Daher ist es sehr zu begrüßen, dass die 2002 erschienene Erstausgabe von Hannelore Bublitz’ Einführung in das Werk und die Theorien der in Berkeley lehrenden Gender-Theoretikerin für die dritte Auflage vollständig überarbeitet wurde. Das Buch hat dadurch nicht nur zwanzig Seiten Umfang gewonnen, sondern auch in manch anderer Hinsicht. So werden in früheren Auflagen etwas vage geratene Stellen präzisiert. Dabei referiert Bublitz Butlers Theoreme und politische Positionen wie schon bisher zumeist in neutralem Duktus. Oft lässt nur der Subtext die sich fast über alle Fragen erstreckende Übereinstimmung der beiden Wissenschaftlerinnen erkennen.

Mit dem erweiterten Umfang geht eine neue Gliederung der Einführung einher. Unterteilte Bublitz Butlers Theorie bislang in die drei Komplexe „sprach- und diskurstheoretisches Programm“, „feministische Theorie“ und „politische Theorie“, so sind es nun deren fünf. Entsprechen die ersten beiden – zumindest, was die Titel betrifft – den bisherigen, folgt als dritter Komplex nun „Butlers philosophisches Programm“ und an Stelle der „Politischen Theorie“ tritt die „Politische Philosophie“. Abschließend kommen Butlers „politische Programmatiken und Strategien“ zur Sprache, die allerdings kein eigenes Kapitel mehr erhalten, sondern dem der politischen Philosophie geltenden größeren Abschnitt zugeschlagen wurden. Zudem wurden innerhalb der Kapitel einige Passagen umgestellt und dasjenige zur feministischen Theorie wurde um ein Unterkapitel über Butlers jüngst erschienenes Buch „Die Macht der Geschlechternormen“ ergänzt. Die wichtigste Erweiterung betrifft jedoch die neu hinzugekommenen Abschnitte über Butlers „Kritik staatlicher Gewalt und des Krieges“, über die von ihr entwickelte „Ethik der Gewaltfreiheit“ und ihre Überlegungen zu „[p]olitische[m] Widerstand“ und möglichen „[p]olitische[n] Bündnisse[n]“.

Somit kann auch die neue Ausgabe des Buches als einführende Lektüre in Butlers Denken wärmstens empfohlen werden. Allerdings sind diesmal auch einige blinde Flecken und Einseitigkeiten zu monieren. Es sind zunächst einmal diejenigen von Butler. Doch Bublitz scheint sie zu teilen. Eine Einseitigkeit besteht darin, dass sich Butlers Kritik (wie die bereits erwähnte Kapitelüberschrift „Kritik staatlicher Gewalt und des Krieges“ deutlich macht) zwar gegen die Militärpolitik der USA und Israels richtet, nicht aber gegen den Terrorismus von Al Kaida und entsprechenden palästinensischen Gruppen. Bublitz kritisiert Butlers konkrete politische Haltung, wie sie die Gender-Theoretikerin und Kriegsgegnerin noch einmal in ihrem jüngst erschienenen (und von Bublitz wohl darum nicht mehr berücksichtigten) Bändchen „Krieg und Affekt“ dargelegt hat, nicht, sondern meint, Butlers Kritik an Israel erfolge aus einer „solidarischen Position“.

Titelbild

Hannelore Bublitz: Judith Butler zur Einführung.
Junius Verlag, Hamburg 2002.
155 Seiten, 13,50 EUR.
ISBN-10: 388506359X
ISBN-13: 9783885063599

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