Literarische Künstlichkeiten – Lars Korten schreibt in „Poietischer Realismus“ über die Novelle der Jahre 1848-1888

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

„Modernste Palettenkünste“ bescheinigte Paul Heyse seinem Dichterkollegen Conrad Ferdinand Meyer nach der Lektüre von „Die Hochzeit des Mönchs“. Inwiefern diese Novelle tatsächlich auf der Höhe ihrer Zeit ist, nämlich Glaubwürdigkeit und konsistente Erzählhaltung nachgerade torpediert und die Artifizialität des Erzählten besonders hervorhebt, erläutert der vorliegende Band „Poetischer Realismus. Zur Novelle der Jahre 1848-1888“ von Lars Korten. Dem „Poietischen Realismus“ zufolge stellt die als „Novelle“ etikettierte Prosa der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts keine literarische Wirklichkeit dar, sondern literarische Künstlichkeit. Darstellung in den Erzählungen des Realismus kennzeichnet sich entschieden als Ergebnis eines „herstellenden Tuns“ (griechisch poiesis): Es wird erzählt, dass erzählt wird. Das romantische Programm einer „Poesie der Poesie“ wird somit als Richtlinie ernstgenommen und läuft den Bemühungen der Realisten um Wirklichkeitsabbildung zuwider. Die Monographie widmet sich diesem Programm sowohl in seinem Epochen- (Realismus) wie auch im Gattungszusammenhang (Novelle). Die interpretatorischen Schwerpunkte liegen, neben der „Hochzeit des Mönchs“, auf den Novellen Theodor Storms sowie auf Novellenzyklen von Adalbert Stifter („Bunte Steine“) und Gottfried Keller („Züricher Novellen“).

Anmerkung der Redaktion: literaturkritik.de rezensiert grundsätzlich nicht die Bücher von regelmäßigen Mitarbeiter / innen der Zeitschrift sowie Angehörigen der Universität Marburg. Deren Publikationen können hier jedoch gesondert vorgestellt werden.

Titelbild

Lars Korten: Poietischer Realismus. Zur Novelle der Jahre 1848 - 1888. Stifter, Keller, Meyer, Storm.
Max Niemeyer Verlag, Tübingen 2009.
259 Seiten, 59,95 EUR.
ISBN-13: 9783484181878

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch