Im Angesicht der Grausamkeit – Jan Süselbecks Studie über Kriegsdarstellungen und ihre emotionalen Effekte

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Kriegsdarstellungen handeln von Grausamkeit, von Tätern, Opfern und ihren Gefühlen: Trauer, Empörung, Wut oder Hass. Oft zielen sie darauf ab, bei ihren Rezipienten ähnliche Emotionen hervorzurufen. Damit können sie allerdings scheitern: Selbst Gewalt in „Anti“-Kriegsszenarien kann unfreiwillig euphorisierend wirken. Entscheidend ist, wie die Leidtragenden charakterisiert werden – als Freunde oder als Feinde.

Jan Süselbecks Studie untersucht emotionale Effekte von Kriegs- und Gewaltdarstellungen seit dem frühen 19. Jahrhundert. Dabei interpretiert der Autor unter anderem Literatur von Lukas Bärfuss, Arnolt Bronnen, Alfred Döblin, Walter Flex, Victor Hugo, Elfriede Jelinek, Ernst Jünger, Heinrich von Kleist, Siegfried Kracauer, Edlef Köppen, Jonathan Littell, Erich Maria Remarque, Ludwig Renn, Bernhard Schlink, Lew N. Tolstoj und Arnold Zweig sowie einflussreiche Kinofilme von Michelangelo Antonioni, Francis Ford Coppola, Michael Haneke, Stanley Kubrick, Claude Lanzmann, Sergio Leone, Terrence Malick, Lewis Milestone, Ridley Scott, Steven Spielberg, Quentin Tarantino und Paul Verhoeven.

Neben Werken, die vom Ersten und Zweiten Weltkrieg, der Shoah und dem Genozid in Ruanda erzählen, untersucht der Autor nicht zuletzt ästhetische Reaktionen auf den Folterskandal von Abu Ghraib, unter anderem im postdramatischen Theater und im Internet. Süselbeck analysiert, wie sich die öffentlichen Erregungen über Inszenierungen der Grausamkeit vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart gewandelt haben. Das Buch bietet eine emotionswissenschaftliche Geschichte des Kriegs in den Medien.

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Titelbild

Jan Süselbeck: Im Angesicht der Grausamkeit. Emotionale Effekte literarischer und audiovisueller Kriegsdarstellungen vom 19. bis zum 21. Jahrhundert.
Wallstein Verlag, Göttingen 2013.
520 Seiten, 34,90 EUR.
ISBN-13: 9783835312715

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