Hitzig in Berlin – wo sonst?

Über eine lange erwartete Monographie zum Forschungsfeld „Berliner Intellektuelle in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts“

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Im Zentrum von Anna Buschs Monographie „Hitzig und Berlin. Zur Organisation von Literatur (1800–1840)“ steht der erstmals umfassend und systematisch erschlossene Nachlass des Berliner Literaten, Verlegers und Juristen Julius Eduard Hitzig (1780-1849). Wie Anna Busch auf ihrem Blog vor einiger Zeit berichtete, ist ihr Dissertationsprojekt „Hitzig und Berlin“ abgeschlossen. Das Ergebnis aus dem Projekt liegt jetzt als knapp vierhundertseitige Monographie vor. Das erweiterte Umfeld und die Problematik des Forschungsgebietes wurde  auf Literaturkritik.de bereits im Beitrag „Berliner Intellektuelle um 1800 als Programm. Über Potential und Grenzen digitalen Edierens“ von Anne Baillot und Anna Busch vorgestellt. Die Monographie gibt letztendlich einen informativen und treffenden Überblick zur biographischen, soziokulturellen und gesellschaftlichen Einordung Hitzigs in den Kontext des Forschungsfeldes „Berliner Intellektuelle um 1800“.

Busch hat ihre Arbeit neben einer informativen Einleitung auf acht Bereiche fokussiert: Neben einem Abschnitt mit einleitenden Ausführungen und der Skizzierung des Forschungsgegenstandes wird „Hitzig und das literarische Berlin“, die Zeitschriften „Die Musen“ und „Die Jahreszeiten“, Hitzigs Dichterpflege (Kapitel 4) und die „literarische Mittwochsgesellschaft“ untersucht. Genau wie in den folgenden Kapiteln über „Das Gesetz von 1837 und der ‚Literarische Sachverständigenverein‘“, „Hitzig als Zeitschriftenherausgeber“, „Merkwürdige Rechtsfälle“ und „Hitzigs Berliner Kämpfe mit dem Jungen Deutschland“ werden durchgängig ungedruckte Quellen aus dem Briefwechsel und Nachlass Hitzigs herangezogen, um teilweise bisher missverständliche Sachverhalte zu klären, neue Sachverhalte zu ergänzen und dem interessierten Leser Einblicke in bisher noch nicht ausgewertete Quellen zu geben.

Die Lektüre von Buschs Monographie macht deutlich, wie nutzbringend die Verwendung von Hitzigs Briefwechsel und Nachlass für die Erforschung der Netzwerke der Berliner Literalen und Wissenschaftler im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts ist. Der Leser erhält sowohl einen Einblick in die Verknüpfungen literarischer Traditionen zwischen Aufklärung, Romantik und Jungem Deutschland als auch in die Netzwerke von Buchhandel und Literatur, von Recht und Gesellschaft, von Marktmechanismen und menschlichen Befindlichkeiten.

Buschs Monographie bietet dem Leser darüber hinaus umfangreiche Quellennachweise, ein detailliertes Literaturverzeichnis und erfreulicherweise auch ein Personenverzeichnis. Letzteres erleichtert die Arbeit mit dem Band erheblich, vor allem wenn man sich mit Einzelaspekten aus dem Leben Hitzigs oder mit der Verlagsgeschichte auseinandersetzen möchte. Busch hat eine akribische Auswertungdes Briefwechsels Hitzigs mit Gelehrten und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens vorgenommen sowie die zahlreiche weitere Nachlassmaterialien ausgewertet. Sie gewährt damit einen entscheidenden Einblick in Berliner Kommunikationszusammenhänge in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Dabei sticht vor allem die Darstellung der Einbindung der „Mittwochsgesellschaft“ in die Kommunikationsstrukturen als überraschend informativ hervor. Dass hierbei vor allem auch das Phänomen des „Umbruchs“ im Fokus der Untersuchung steht, formuliert Busch noch einmal am Ende ihrer Darstellung. Ob dies allerdings auch als ein, wie Busch konstatiert, „berlintypisches Spezifikum“ zu bezeichnen ist, bleibt zu bezweifeln.

Zusammenfassend ist zu konstatieren, dass mit „Hitzig und Berlin“ eine überaus hilfreiche, nutzbringende und kurzweilige Monographie entstanden ist. Man darf auf die Edition der Briefwechsel aus dem Nachlass Hitzigs gespannt sein. Letztendlich ist „Hitzig und Berlin“ eine unverzichtbare Grundlage und Voraussetzung für das Editionsprojekt „Briefedition Julius Eduard Hitzig“.

Titelbild

Anna Busch: Hitzig und Berlin. Zur Organisation von Literatur (1800 - 1840).
Wehrhahn Verlag, Hannover 2014.
406 Seiten, 48,00 EUR.
ISBN-13: 9783865253682

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