Fauler Zauber

Ditte und Giovanni Bandini wollen mit "Zauber der Liebe" Amor auf die Sprünge helfen

Von Bettina AlbrechtRSS-Newsfeed neuer Artikel von Bettina Albrecht

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Wahre Wunder versprechen die Bandinis ihren Lesern: ihre "Beschwörungsformeln, Riten und Rezepte" sollen nämlich ganz konkreten praktischen Zwecken dienen. Alle Wünsche werden wahr, wenn man sich nur dazu durchringt, beim Zaubern fest an die Wirkung zu glauben und eine ernste Miene zu bewahren. Eine Schwangerschaft oder doch erst mal nur eine heiße Liebesnacht: Nichts ist unmöglich. Es handelt sich schließlich bei diesem Büchlein erklärtermaßen um ein "Zauberbuch", das "in jahrhundertealte Geheimnisse der Liebesmagie" einweihen soll, denn sie spiegele all das wider, "woran unsere Vorfahren unerschütterlich glaubten".

Da überrascht es zunächst positiv, dass Orakeln trotzdem stets erlaubt ist: Vage Weisheiten wie "Gackert en Hahn / so krieg ich en Mann / gackert die Henn, / so krieg ich noch ken" sprechen schließlich aus einem Zustand bemitleidenswertester und doch allzu vertrauter Verzweiflung.

Sicherheitshalber bleiben auch fehlgeschlagene Zauber nicht unerwähnt. So können die Autoren ihre Hände in Unschuld waschen, falls doch einmal einer ihrer ungeschickteren Zauberlehrlinge "angezeigt und zu fünf Mark Geldstrafe oder einen Tag Gefängnis verurteilt" werden sollte.

Besonders das Kapitel "Schweineherz und Löwenzahn" bietet allerlei Kuriositäten zum Bestaunen. Fraglich ist allerdings, ob die Methode, dem Geliebten "Spinneneier in eine seiner Taschen" zu schieben, wirklich Aussicht auf Erfolg hat.

Mit "Zauber der Liebe" bestellen Ditte und Giovanni Bandini vertrauten Boden: es ist bereits ihr viertes gemeinsames Werk dieser Couleur nach dem "Kleinen Lexikon des Aberglaubens", dem "Kleinen Lexikon des Hexenwesens" und dem "Who's who im Himmel". Die Bandinis kennen sich im Metaphysischen aus, schließlich haben beide ein einschlägiges Studium vorzuweisen, unter anderem der Völkerkunde und der Religionsgeschichte.

Das "verbotene Kapitel" soll ausschließlich "wissenschaftlichen Informationszwecken" dienen und keinesfalls als "Aufforderung zum Selbstversuch missverstanden" werden. "Ehrlichen Herzens" beteuern die Bandinis, dass es sich "bei allen Orakeln und Liebeszaubern um echte Rezepte" handele. Alles sei "sorgfältig recherchiert und verlässlich".

Wer trotzdem noch hofft, es mit einem zwar amüsant geschriebenen, aber doch völkerkundlich fundierten, einigermaßen ernst zu nehmenden Sachbuch zu tun zu haben, wird eines Besseren belehrt. Die wenigen gebotenen Hintergrundinformationen bleiben oberflächlich und allgemein. Mit den zitierten Zaubern gehen die Autoren grob fahrlässig um: Allzu selten findet überhaupt Erwähnung, woraus oder wer zitiert wird. Dass die Bandinis ihre Quellen nicht besonders sorgfältig behandeln, wird auch daran deutlich, dass sie nahezu alle Orakel, Beschwörungen und Zauberrezepte zeitgemäß aufpeppen. Die Zauber werden so nicht nur ihrer Authentizität, sondern auch ihrer Mystik, um nicht zu sagen ihres Zaubers beraubt.

Überhaupt liegt hier die eigentliche Krux: Die Bandinis hoffen vergeblich, den Spagat zwischen ehrwürdigem Glauben an das Übersinnliche und zeitgemäßer ironischer Distanz zu meistern. Sie verstoßen ungeniert gegen den Ehrenkodex ihrer Zunft und verraten, wie ihre Zauber wirken: "Je größer das eigene Engagement ist [...], desto größer ist auch die Chance, dass der Zauber tatsächlich wirkt - oder zumindest der Glaube an die Wirkung. Und hat der Glaube schließlich nicht schon mehr als einmal Berge versetzt?" So soll zum Beispiel der Glaube an ein Liebesamulett Selbstbewusstsein herbeizaubern: "Wer sich mit der festen Überzeugung ,Ich bin ein hässliches Entlein [...]' in Gesellschaft begibt, dessen Ausstrahlung ist die eines hässlichen Entleins [...]. Und das schreckt ab!" Laienpsychologie à la "Bravo-Girl" also.

Dieses Büchlein könnte kaum verzaubern - wären da nicht die liebevoll-verspielten Illustrationen von Norbert Pautner. Ihm ist auch die gelungene Umschlaggestaltung (natürlich ein kleiner Amor) zu verdanken. Und überhaupt: Pautner gelingt es, das anscheinend lieblos heruntergeschriebene Machwerk in ein nettes, dekoratives Mitbringsel für einsame Herzen zu verzaubern.

Auch wer selbst in den Genuss des Zaubers der Liebe gelangen will, wird hier das ultimative Rezept finden: "sprich mit ihr, berühre sie", lautet der einfache Ratschlag der Autoren. Allerdings empfiehlt es sich doch eher, dabei die Angebetete und nicht die hier gemeinte Liebstöckelpflanze zu berücksichtigen. Sonst könnte es auch leicht passieren, dass die Verehrte den Gegenzauber spricht und in der Silvesternacht doch lieber einen anderen ins neue Jahr küsst, während man selbst noch hoffend das Orakel der mühsam präparierten und verzauberten Nussschalen zu deuten sucht.

Titelbild

Ditte Bandini / Giovanni Bandini: Zauber der Liebe. Beschwörungsformeln, Riten und Rezepte.
dtv Verlag, München 2001.
152 Seiten, 8,40 EUR.
ISBN-10: 3423204222

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