Invasion aus dem All

Hoyles und Wickramasinghes neue Theorien über interstellare Bakterien und Viren

Von Anja RengerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Anja Renger

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Fred Hoyle, Gründer des Instituts für Astronomie in Cambridge, hat sich als Begründer der "Steady-State-Theorie" in der Astrophysik einen Namen gemacht. Sie ist Gegenmodell zur Urknalltheorie und geht davon aus, dass es keinen Ursprung des Universums gegeben habe, sondern dass das Weltall eine Blase sei, die sich ausdehnt und wieder zusammenzieht und immer schon existiert habe. Botho Strauß befand die "Steady-State-Theorie" als so faszinierend und beeindruckend, dass er sie in seinem Buch "Beginnlosigkeit. Reflexionen über Fleck und Linie" (1992) verarbeitete.

In ihrem neuen Buch "Leben aus dem All" versuchen Fred Hoyle und sein Schüler Chandra Wickramasinghe, Professor am Institut für Astronomie an der Universität Cardiff/Wales, den Leser von ihrer Panspermientheorie zu überzeugen: "Das irdische Leben ist ein Abkömmling eines biologischen Systems, das die gesamte Galaxis umfasst. Im Gegensatz zu den Thesen des Darwinismus im weitesten Sinne hat das Leben seinen Ursprung außerhalb der Erde und wird auch weiterhin aus dieser Quelle gespeist." Diese Theorie kann aber nur den Verteilungsmechanismus in unserer Galaxis erklären. Auf die eigentlich interessante Frage wie das Leben überhaupt entstehen konnte, gibt sie keine Antwort.

Hoyle und Wickramasinghe stellen nun die These auf, dass Kometen Träger von interstellaren Viren und Bakterien seien und auf der Erde Krankheiten und Epidemien auslösen könnten. So ist z. B. der Komet Encke für den Keuchhusten verantwortlich zu machen und selbst die Grippewellen sind auf die Invasion von Viren und Bakterien aus dem All zurückzuführen: "Das weltweite Ausbreitungsmuster der Grippe beweist unseres Erachtens eindeutig, dass die Grippeerreger direkt aus dem Weltall kommen."

Das Buch wirkt aufgrund seines Covers, das eher an ein Esoterikhandbuch als an eine Arbeit über Astrobiologie erinnert, sowie durch die Art der Darstellung an populärwissenschaftliche Literatur. So erhält der Leser kaum exakte Informationen über die Experimente und die Versuche, auf die sich beide Autoren in ihren Ausführungen beziehen. Fußnoten sind nur im Nachwort zu finden. Es ist also nicht sehr erstaunlich, dass so renommierte Wissenschaftler mit ihrem Buch nicht bei einem deutschen Wissenschaftsverlag landen konnten.

Ihr einleitendes Versprechen: "Unsere biologische Theorie hat weit reichende praktische Konsequenzen, etwa hinsichtlich der Verhinderung zukünftiger Epidemien", löst nicht nur bei Biologen ein ungläubiges Kopfschütteln aus. In der Astrophysik gelten die Theorien ebenfalls als sehr umstritten. Die Lektüre dieses Buches ermöglicht eine abenteuerliche Reise ins All und gibt zumindest Anstoß zum Nachdenken, ob Wissen, das als allgemein gültig gehandelt wird, nicht doch in Frage gestellt werden kann und sollte.

Titelbild

Fred Hoyle / Chandra Wickramasinghe: Leben aus dem All.
Übersetzt aus dem Englischen von Michael Bischoff.
Zweitausendeins, Frankfurt a. M. 2000.
272 Seiten, 12,80 EUR.
ISBN-10: 3861503735

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