Is da auch a Krampus dabei?
Gerhard Polts Weihnachtsgeschichten
Von André Schwarz
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseNun ist es bald wieder soweit, spätestens Anfang September mehren sich die Anzeichen, dass es bald wieder so weit ist. Wenn dann Heerscharen von Schokonikoläusen die Supermarktregale bevölkern, ist es wirklich wieder soweit: Weihnachten steht vor der Tür. Auch Kein & Aber Records sind dieses Jahr besonders früh dran und bescheren den geneigten Hörer schon jetzt mit "Abfent, Abfent ...!" des bayrischen Kabarettisten und Satirikers Gerhard Polt.
Der räumt dann auch gründlich auf mit den althergebrachten Weihnachsvorstellungen. Neue Wege werden beschritten, im Zuge der Völkerverständigung bemüht man sich über "Terror des hommes", zum beschaulichen Fest doch mal einen Neger einzuladen, mit durchschlagendem Erfolg: "Und, ich mein, mia warn nicht unzufrieden mit ihm. Gell, er hat gessn, er hat gschaut [...] und die Ohrwaschel gspitzt, weil des is er ja net gwöhnt, a so a Weihnachtsfest". Oder, falls man nicht ganz so experimentierfreudig ist, kann man es mit einem einsamen, nicht rauchenden Deutschen versuchen, es sollte aber kein "Tatterer" oder gar Knastbruder sein. So kann man fremden Kulturen das Wesen eines Spekulatius oder Christstollens nahebringen und auch Herrn Tschabobo die Segnungen der westlichen Zivilisation angedeihen lassen.
Wichtig ist auch die Art und Weise der Bescherung: Vor oder nach der Ansprache des bayrischen Ministerpräsidenten? Ist das dem Sohnemann zugedachte Präsent pädagogisch wertvoll? Halten die eigenen Geschenke dem Vergleich mit denen des Nachbarn stand, oder hätte man dem Vater außer einer Flasche Wein auch noch eine "Seenplatte in Mecklenburg" schenken sollen?
Weihnachten bringt aber nicht nur Freude, sondern kann auch Unglück bescheren. Man sollte also auf keinen Fall "über 23 Jahre ohne Gewerbeschein und auch ohne Attest vom Gesundheitsamt am Finanzamt vorbei, also illegal die Funktion des Nikolaus" ausüben, um "wildfremde Menschen zu sentimentalisieren und sich Vorteile zu verschaffen".
Grantig, derb, bitterböse, hinterfotzig, aber manchmal auch ganz sachte und behutsam kommen Polts Betrachtungen daher, seine Figuren zeigen ein Panoptikum des ganz normalen weihnachtlichen Wahnsinns auf. Polt schreit, flüstert, argumentiert; er spricht nicht nur, er lebt seine Geschichten. Man könnte gar keinen besseren Sprecher finden, köstlich sein ungehaltenes "Nikolausi" oder der betrunkene Gschwendtnerbauer, der der Reporterin die Besonderheiten des Advents erläutert.
Dem Verlag ist daher schon jetzt für dieses grandiose Präsent zu danken, ohne es wäre Weihnachten beinahe undenkbar, weil, so Gschwendtner: "Abfent, net, des is quasi a so, ein Abfent, net, ohne einen Abfent, des waar praktisch so gut wia überhaupts kein Abfent". Eben, deshalb ist "Abfent, Abfent ...!" ein Muss auf jedem gut sortierten Gabentisch.
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