Nicht einfach irgendwas mit Medien

Das „Handbuch der Medienphilosophie“ ist eine Fundgrube für Erklärungsansätze für unseren Mediengebrauch im Zeitalter der Digitalisierung.

Von Sebastian MeißnerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Sebastian Meißner

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Digitalisierung, neue Medien, soziale Netzwerke: Der rasante technologische Fortschritt und die damit einhergehende Veränderung in der Mediengestaltung und -rezeption strahlen bis in alle Bereiche des täglichen Lebens aus. Für Philosophen ist dieser Wandel Ausgangspunkt zahlreicher Überlegungen. Die auch als „dritte Revolution“ bezeichnete Digitalisierung manifestiert sich in kaum einem anderen Bereich deutlicher als im Medienkonsum. Fake News, alternative Fakten, Hate Speech, Shitstorms, Filterblasen und Echokammern: Seit Anfang des Jahrtausends werden diese Phänomene unter dem Label „Medienphilosophie“ diskutiert.

Diese neue Subdisziplin hat sich längst als neue akademischer Forschungs- und Lehrbereich etabliert. Mit dem Handbuch der Medienphilosophie verschafft der Herausgeber Gerhard Schweppenhäuser –  Professor für Design-, Kommunikations- und Medientheorie an der Fakultät Gestaltung der HAW Würzburg-Schweinfurt – einen Überblick über relevante medienphilosophische Positionen und zeigt das breite Spektrum auf, das sich darunter versammelt. Dies geschieht in 29 Texten, verteilt auf zwölf Kapitel und reicht von phänomenologischen über semiotische, hermeneutische und kulturalistische sowie dialektische und analytische bis hin zu transzedentalen und postmodernen sowie technikorientierten und handlungsorientierten Theorien. Es werden Bezüge hergestellt zu Edmund Husserl, Vilem Flusser, Lambert Wiesing, Roland Barthes, Friedrich Nietzsche, Walter Benjamin, Jacques Derrida oder Gilles Deleuze. Bei der Konzeption hat Schweppenhäuser Medien in „Wahrnehmungsmedien, Handlungsmedien und Darstellungsmedien“ unterteilt sowie Produktions- und Verständigungsmedien unterschieden.

Im letzten Teil des Handbuchs werden ästhetische und ethische Anwendungsfelder der Medienphilosophie vorgestellt und eine Kritik aus akademisch-disziplinärer Sicht formuliert. So gelingt tatsächlich der Rundumblick auf unseren Umgang mit Medien und es können die zentralen Konzepte, Begriffe und Theorien der aktuellen Medienphilosophie eingeführt werden. Die Nähe und Abgrenzung zu Schwesterndisziplinen wie Medien- und Kommunikationswissenschaft sowie Medienethik sind anschaulich dargestellt.

Autoren der Beiträge sind unter anderem Frank Hartmann, Friedrich Kittler, Sybille Krämer und Brigit Recki. Bei der Lektüre dieser in Form und Position angenehm differenzierten Texten wir das Ausmaß des Wandels vor allem der öffentlichen Kommunikation in den Massenmedien deutlich. Die Texte in diesem Band zeigen auf, welche Auswirkungen dies auf unsere Arbeitswelt, unsere Informationsgesellschaft, die Kunst und das gesellschaftliche Zusammenleben haben könnte. Die Verankerung zeitgenössischer medienphilosophischer Überlegungen in den Denktraditionen gelingt mühelos und ist inspirierend. Der „Medienphilosophie“ wurde zu Beginn nur eine kurze Überlebensdauer prognostiziert. Liest man, wie schlüssig und messerscharf ihre Protagonisten ihre Argumentationen offenlegen, scheint ihre Zeit genau jetzt angebrochen zu sein. Sie vermittelt vor allem eines: die philosophischen Grundlagen der Mediennutzung.

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Gerhard Schweppenhäuser (Hg.): Handbuch der Medienphilosophie.
wbg – Wissen. Bildung. Gemeinschaft, Darmstadt 2018.
300 Seiten, 79,95 EUR.
ISBN-13: 9783534269402

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