Pionier, Chronist und kritischer Kommentator

Jörg Döring und Ute Schneider legen die Schriften Hans Altenheins zum Taschenbuchmarkt sorgfältig ediert vor

Von Günther FetzerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Günther Fetzer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Hans Altenhein, geboren 1927, hat wie kaum ein anderer die Geschichte des Taschenbuchs in Deutschland als Lektor und Verlagsleiter mitgestaltet und als kritischer Publizist begleitet. Nach dem Studium der Germanistik und einer Buchhändlerlehre wirkte er 1957 im R. Oldenbourg Verlag in München, wo er ursprünglich als Vertriebsleiter eingestellt worden war, an der Konzeption der geschichtswissenschaftlichen Reihe der Janus Bücher mit, leitete ab 1963 die Fischer Bücherei und übernahm 1973 die Leitung des literarischen Verlags Luchterhand, wo er die 1970 gestartete Reihe Sammlung Luchterhand mit ihrem literarischen und gesellschaftspolitischen Programm weiterentwickelte. Nach dem Verkauf des Verlags im Jahr 1987 war er Gründungs- und Vorstandsmitglied des Deutschen Literaturfonds in Darmstadt, hatte seit 1987 Lehraufträge an den Hochschulen in Darmstadt, Frankfurt und Mainz inne und war seit 1991 Honorarprofessor an der TU Darmstadt.

Seit dem Eintritt in den Fischer Taschenbuchverlag hat sich Altenhein neben seiner verlegerischen Tätigkeit immer wieder publizistisch mit der Buchbranche befasst. In der Fachpresse, in der überregionalen Tagespresse und auch im Rundfunk galt sein Interesse besonders dem bundesdeutschen Taschenbuchmarkt. Eine Sammlung dieser Beiträge liegt nun unter dem Titel Das Taschenbuchprojekt in einem durch Jörg Döring und Ute Schneider sorgfältig edierten und kommentierten Band vor.

Die 19 Beiträge decken einen langen Zeitraum der Geschichte des deutschen Taschenbuchs ab. Sie beginnen 1964 pro domo mit einem kurzen Aufsatz über die Fischer Weltgeschichte, der im Fischer Almanach des Jahrs abgedruckt wurde, und enden 2017 mit einem „Nachruf“ auf das titelgebende Taschenbuch-Projekt, bezeichnenderweise veröffentlicht in der Fachzeitschrift Aus dem Antiquariat, herausgegeben vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Dazwischen liegen – mit einem Schwerpunkt auf den 1960er und 1970er Jahren – Aufsätze, Berichte und Bemerkungen über das Verlegen und das Verbreiten von Taschenbüchern, über die strukturellen Veränderungen des Taschenbuchverlags und vor allem über den sich etablierenden und dann sich stark verändernden Markt der wissenschaftlichen Taschenbücher sowie der Hochschul-, Schul- und Fachbücher.

Altenhein schließt seine publizistische Auseinandersetzung mit dem Taschenbuch 2017 mit einem leicht bitteren Fazit:

Was ‚Taschenbuch‘ heißt, ist mittlerweile ein Ausstattungsmerkmal, nicht ein systematisches Programmangebot. Ein Medium hat seinen Dienst getan; andere Probleme sind zu lösen. Wichtig bleibt die Erinnerung an einen Aufbruch von verlegerischer Verve und editorischer Kreativität mit dem Ziel, das Buch als Medium der Lese-Gesellschaft im 20. Jahrhundert neu zu etablieren. Für eine Weile war der Versuch erfolgreich.

Die schön ausgestattete Broschur, die als Band 6 der verdienstvollen Reihe der Leipziger Arbeiten zur Verlagsgeschichte erschienen ist, umfasst auf 230 Seiten auch Personen-, Firmen- und Reihenregister. Vor allem aber stechen die rund 30 farbigen Abbildungen von Umschlägen hervor. Die Beispiele reichen von den Penguin Books, den Signet Books und den Pelican Books über die List Taschenbücher der Wissenschaft, die Dalp-Taschenbücher, die Kleine Reihe bei Vandenhoeck & Ruprecht und rororo studium bis zu zahlreichen Titeln aus der Fischer-Taschenbuchproduktion.

Für jeden, der sich mit der Entwicklung des deutschen Taschenbuchmarkts beschäftigt, ist dieser Band Pflichtlektüre, der entgegen den Gepflogenheiten des wissenschaftlichen Buchmarkts einen angemessenen Ladenpreis hat.

Titelbild

Jörg Döring / Ute Schneider (Hg.): Hans Altenhein. Das Taschenbuchprojekt.
Hiersemann Verlag, Stuttgart 2024.
221 Seiten , 29,00 EUR.
ISBN-13: 9783776224023

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