Kellerprosa
Nicolás Giacobone, bekannt als Drehbuchautor von Filmen Alejandro Iñárritus, liefert mit „Das geschwärzte Notizbuch“ ein maues literarisches Debüt über das – Überraschung – Drehbuchschreiben ab
Von Sascha Seiler
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseEin Drehbuchbautor wird von einem weltberühmten Filmregisseur entführt und jahrelang in einen Keller gesperrt, damit er diesem das Script zum größten Film aller Zeiten schreibt. Der Mann fügt sich nur einer Pistole und einer herrischen Haushaltshilfe, die ihm mürrisch sein tägliches Essen ins fensterlose Verlies bringt. Um sein Martyrium auszuhalten, das er im Grunde nicht einmal als solches empfindet – entbindet es ihn doch von allen gesellschaftlichen Pflichten –, , schreibt er seine Erfahrungen nieder. Zunächst in ein geschwärztes Notizbuch, dann in eine verschlüsselte Word Datei, dann in eine unverschlüsselte und schließlich in ein ungeschwärztes Notizbuch. Nach diesen Arten der Niederschrift sind auch die einzelnen Kapitel des Buchs benannt, denn auch dem Entführer ist es nicht sonderlich wichtig, was sein Gefangener im Keller so treibt, Hauptsache, er schreibt ihm das beste Drehbuch aller Zeiten. Das ist nicht nur der Ausgangspunkt von Nicolás Giacobones Roman „Das geschwärzte Notizbuch“, es ist im Grunde auch schon fast der ganze Plot.
Giacobone ist, wer hätte es vermutet, selbst ein erfolgreicher Drehbuchautor, der mit einem der größten Regisseure der Gegenwart, Alejandro Iñárritu zusammengearbeitet hat. Von ihm stammen die Skripts zu Biutiful und dem Oscar-Gewinner Birdman. Ob Iñárritu ihn zu dem manisch-irren, kindlich-peinlichen Regisseur Santiago inspiriert hat, ist nicht überliefert. Tatsächlich ist jener Santiago einer der größten Regisseure der Gegenwart, ein in der Film- und Medienwelt vergöttertes Genie, das alles kann, außer eben, ein vernünftiges Drehbuch zu schreiben. Doch ein Auteur, und als solcher sieht sich Santiago, muss jeden Aspekt des Films unter Kontrolle haben, und so entführt er eben den vielversprechenden Autor Pablo und hält ihn so lange gefangen, bis er eben jenes Drehbuch zum größten Film aller Zeiten liefert. Da Pablo selbst ein exzentrischer, vor allem aber auch etwas fauler Künstler ist, dauert die Gefangenschaft fünf Jahre, bis es – so viel sei verraten – dem Autor gelingt zu fliehen.
Am Ende bleibt die Frage: Was will Giacobone uns mit seinem Debutroman sagen? Er ist teils Komödie, teils Tragödie, teils Lustspiel, teils Krimi. Es gibt einige interessante Einblicke in die Welt des Drehbuchschreibens, so etwa die Reflexionen über Peter Shaffers Skript zu Amadeus, das Pablo für eines der brillantesten der Filmgeschichte hält. Gleichzeitig ist der Stakkato-Stil der Sätze auf Dauer enervierend. Natürlich, der Schreibende sitzt in einem dunklen Keller und darf beim Schreiben nicht erwischt werden, sodass er sich knapp und konzise ausdrücken muss. Aber das allein erklärt noch nicht die Kunstlosigkeit von Giacobones Sprache. Auch der Plot ist lahm und schleppt sich dahin, bis endlich die erlösende (aber enttäuschende) Auflösung kommt. Bis dahin wartet der Leser stets auf irgendein Zeichen, wie er den Text zu nehmen hat. Oder auf einen Twist, der dem Kammerspiel irgendeinen Sinn geben würde. Aber nichts dergleichen passiert, sodass man am Ende nur gähnende Langweile zu beklagen hat.
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