Nicht unbedingt neue Einsichten

Ein Sammelband zur literarischen Romantik liefert keine neuen Erkenntnisse

Von Stefan SchweizerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Stefan Schweizer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Die Romantik ist und bleibt ein Thema. Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass die Epoche der Romantik in der Lage ist, der heutigen gesellschaftlichen Realität und dem modernen Menschen Sinnzusammenhänge und Antworten zu liefern. Angeführt von Verkaufsschlagern à la Rüdiger Safranski, welche zum Teil zur Populärwissenschaft tendieren, finden sich Veröffentlichungen zu beinahe allen denkbaren Aspekten der Romantik. Die Flut der Publikationen zur Romantik ist so groß, dass zu Recht jeweils die Frage nach dem Ertrag der Lektüre gestellt werden kann.

Diese Fragestellung trifft auch auf dem von Michael Schanze herausgegebenen Band "Literarische Romantik" zu. Hervorzuheben ist zu Beginn der lesefreundliche Stil, der von unnötigem akademischen Ballast absieht und es dem Leser erlaubt, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Der Titel ist Programm, denn der Band fokussiert Formen und Gattungen der literarischen Romantik wie den Roman, welcher der Epoche zum Namen verhalf, die Novelle und das Kunstmärchen. Obwohl die Gattungen in getrennten Artikeln behandelt werden, verweisen die Autoren zu Recht ausdrücklich auf das Oszillieren der literarischen Formen und Gattungen in der Romantik. So ist ein Roman der Epoche nicht nur ein Roman, denn er impliziert zudem häufig die Formen der Novelle, des Kunstmärchens und der Poesie. Nur durch das Allumfassende der Kunst, das wissen die der Ästhetik und frühromantischen Philosophie verschriebenen Forscher, kann sich die Romantik dem Absoluten und Ganzen annähern. Es ist ein offenes Geheimnis - und dies bestätigt der Band deutlich -, welcher Fraktion der literatur- und kulturwissenschaftlichen Debatte Helmut Schanze und die anderen Autoren angehören. Sie tendieren zur textimmanenten Lektüre literarischer Texte und lehnen eine allzu weite Öffnung des traditionellen Textkorpus auf neue Kontexte ab. Vor diesem Hintergrund bleibt aber die Frage nach dem eingangs gestellten innovativen Ertrag der Lektüre nicht unproblematisch. Die Lesefreundlichkeit und das in den Artikeln nonchalant eingestreute Wissen verhelfen dem Leser schließlich doch nicht unbedingt zu neuen Einsichten. So ist das Gefühl bei der Lektüre nicht ganz von der Hand zu weisen, dass man das alles schon einmal irgendwo gelesen hat.


Titelbild

Helmut Schanze (Hg.): Literarische Romantik.
Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 2008.
232 Seiten, 10,90 EUR.
ISBN-13: 9783520504012

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