Fleischwaren

Kathryn Miller Haines’ „Schlachtplan für Miss Winter“ folgt dem Konzept ihres ersten Krimis, erzielt damit aber kein gutes Ergebnis

Von Walter DelabarRSS-Newsfeed neuer Artikel von Walter Delabar

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Kathryn Miller Haines’ „Miss Winters Hang zum Risiko“, 2009 bei Suhrkamp erschienen, war ein Hit – ein wunderbares Buch, mit dem sich die Zeit trefflich vertreiben ließ. Das lässt den Wunsch nach mehr aufkommen, auch wenn der Krimi-Markt immer neue Blüten treibt, von denen einige immerhin schön und angenehm sind.

Nun also Miss Winters zweiter Fall. Und erneut finden wir uns im New York der 1940er-Jahre, genauer des Jahres 1943, wieder. Miss Winter lebt immer noch in ihrem Wohnheim für junge Schauspielerinnen und arbeitet an ihrer Karriere. Ihre liebste Freundin Jayne ist wieder dabei und selbst die eklige Ruby hat es noch nicht geschafft.

Die Zeiten sind auch nicht danach: Der Krieg in Europa hat Auswirkungen auf die Schauspielerei. Viele Schauspieler sind an der Front, der Krieg nimmt alle Ressourcen in Anspruch, der Broadway ist nicht mehr das, was er war. Die Unterhaltung der Soldaten auf Heimaturlaub hat Vorrang.

Notzeiten aber rufen ihre eigenen Parasiten herbei: Seitdem Fleisch rationiert ist, hat die Mafia mit dem Fleischhandel eine neue Branche aufgetan. Jaynes Freund Tony mischt natürlich dabei mit, und auch Al, der zu Tonys Leuten gehört, hat hier sein Tätigkeitsfeld, wie sich bereits an der Auftaktszene zeigt, in der Al Jayne ein Steak als Geschenk vorbeibringt.

Eben dieser Al wird kurze Zeit später verhaftet, weil er gestanden haben soll, eine der Hauptdarstellerinnen einer Broadway-Produktion ermordet zu haben. Eine Beziehungstat, wie so etwas neuerdings heißt, denn Al soll angeblich darauf eifersüchtig gewesen sein, dass seine Freundin sich auch mit anderen Männern getroffen habe. Irgendwann sei dann der Streit eskaliert, und Al habe zugeschlagen.

Miss Winter kann das nicht glauben, und so nimmt sie, brav ihrem Programm folgend, die Ermittlungen auf. Erleichternd kommt hinzu, dass sie in genau jener Produktion einen Job als Tänzerin bekommt, in der der Star ermordet wurde. Erschwerend ist nur, dass sie gar nicht tanzen kann.

Auch dass Al, den Miss Winter und Jayne im Gefängnis besuchen, von ihrer Hilfe nichts wissen will und immer wiederholt, dass er der Täter sei, ist nicht eben hilfreich.

Zwischenzeitlich kommt es naheliegend zu weiteren Vorfällen, von denen einer sogar Ruby trifft, die völlig entstellt ein paar Tage aussetzen muss. Die Produktion, in der anscheinend Mafia-Geld steckt, steht unter keinem guten Stern respektive irgendjemand hat anscheinend größeres Interesse daran, dass die Produktion nie fertiggestellt und auf die Bühne gebracht wird. Miss Winter steht also vor einer Reihe von Herausforderungen, die sie nach und nach bewältigt und die am Ende auch zu einer Art Auflösung führen.

Ebenso gemächlich wie diese Skizze des Textes daherkommt, macht sich allerdings auch Miller Haines Krimi selbst. Der Plot ist – für einen amerikanischen Krimi – merkwürdig flau. Die Schauspielszenerie ist weniger glamourös als banal. Die Handlung wird nur mählich vorangetrieben. Miss Winters Ermittlungen beruhen auch nur mehr auf Zufälligkeiten als auf einer systematischen Suche nach der Wahrheit.

Miss Winter spricht mit diesen und jenen, sie denkt sich das eine oder andere aus. Sie bringt sich und ihre beste Freundin in peinliche Situationen. Sie schnüffelt in Ecken, die vor allem dunkel sind und kaum zugänglich. Sie findet auch Geheimnisse heraus, indem sie sich einfach einmal im Theater einsperren lässt, das anscheinend auch noch anderen Zwecken dient als der Produktion einer Show.

Da sie es mit der Mafia zu tun hat, geht sie natürlich große Risiken ein, entgeht allen Gefahren jedoch mit viel Glück und aufgrund der Ignoranz der Mafiosi, die sehr mit sich selbst beschäftigt sind.

Heraus kommt ein Krimi mit nur mäßigem Unterhaltungswert, in dem ein halbgares Verbrechen mit untauglichen Mitteln aufgedeckt werden muss und an dessen Ende die Mahnungen an Mafia-Tony steht, bloß gut zu seiner Jayne zu sein und – sollte er am illegalen Fleischhandel beteiligt sein – ja bloß darauf zu achten, dass alles mit rechten, das heißt hygienischen Dingen zugeht. Immerhin darf niemand an der Heimatfront Schaden stiften, wenn die Jungs in Europa sich mit dem Nationalsozialismus anlegen.

Miller Haynes hat mit „Ein Schlachtplan für Miss Winter“ ihr Konzept des ersten Buches nicht aufgeben, und trotzdem ist ein ganz anderes – besser gesagt: kein gutes – Ergebnis dabei herausgekommen.

Titelbild

Kathryn Miller Haines: Ein Schlachtplan für Miss Winter. Rosie Winters zweiter Fall.
Übersetzt aus dem Amerikanischen von Kirsten Riesselmann.
Suhrkamp Verlag, Berlin 2010.
487 Seiten, 9,95 EUR.
ISBN-13: 9783518461662

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