Geldfälschen als künstlerischer Vorgang

Ein junger Mann macht in Ernst Augustins Roman „Gutes Geld“ eine rätselhafte Erbschaft

Von Manfred OrlickRSS-Newsfeed neuer Artikel von Manfred Orlick

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der Roman „Gutes Geld“ von Ernst Augustin erschien bereits 1996 bei Suhrkamp. Nun vervollständigt er die Ausgabe bei C.H. Beck, wo die Romane des Autors in den letzten Jahren erschienen. „Gutes Geld“ ist das humorvolle Porträt eines Geldfälschers. Dabei konnte Augustin auf berufliche Erfahrungen zurückgreifen – nicht als Geldfälscher, sondern als schreibender Psychiater, der einmal einen begabten Geldfälscher zu begutachten hatte, und so einige Berufsgeheimnisse erfuhr. Die „sichere“ Methode des Angeklagten bestand darin, nur „kleine Scheine“ unter die Leute zu bringen. Bis er dann – bereits 80jährig – der Idee verfiel, mit einer letzten Großauflage gewissermaßen mit einem Schlag seine Rente aufzubessern.

An die bescheidenere Richtlinie hat sich auch der kauzige Augustin Fajngold ein Leben lang gehalten und so hinterlässt er seinem Neffen Karl – der Ich-Erzähler des Romans – eine rätselhafte Erbschaft. Bereits seit einigen Monaten wohnte der junge Mann in dem Haus „Gudrungarten“ seines Onkels und hat dabei herausgefunden, dass dieser ein begnadeter Geldfälscher ist.

Nun ist Karl Alleinerbe – aber von was? Die Erbschaft scheint spurlos verschwunden. Hat sie überhaupt je existiert? Das geerbte Haus ist jedenfalls bis unters Dach mit Hypotheken belastet, Wertgegenstände gibt es in dem verwaisten Haus auch nicht. Nur mit tonnenweise aufgeschichteten Urkunden, Dokumenten, Rechnungen, Quittungen, Tagebüchern und Romanentwürfen sieht sich der junge Mann konfrontiert. Jedoch alles wertloses Papier.

Aber Onkel Augustin hat mit Briefen eine nebulöse Fährte gelegt und so erkundet der Neffe (in zahlreichen Rückblenden) langsam die Geheimnisse des großen, verwinkelten Hauses – argwöhnisch beobachtet von der schrulligen Haushälterin. Dabei wird Karl auch in die Betriebsgeheimnisse der Eigenbau-Blüten eingeweiht, denn eines der Romanmanuskripte trägt den Titel „Gutes Geld“. Darin gibt der Onkel sogar mit detaillierten Anleitungen seine Geldfälscher-Tricks preis. Daher auch der Untertitel „Roman in drei Anleitungen“. Der Autor hat allerdings zur Sicherheit einen Fehler eingebaut, damit der Leser nicht auf dumme Gedanken kommt. Außerdem sind diese Tricks nichts wert, denn der Onkel hat immer nur das alte Geld (sprich die D-Mark) gefälscht. Nach dieser Enttäuschung entlässt Ernst Augustin den Leser am Ende des Romans immerhin mit der Hoffnung, dass Karl doch noch den rätselhaften Schatz entdeckt.

Mit dem kunstfertigen Fälscher Augustin Fajngold ist dem Autor eine originelle Romanfigur gelungen, eine, die gar kein Fälscher sein will, sondern in erster Linie ein Künstler, denn er macht keine Blüten, sondern Kunstwerke. Die knapp 200 Seiten sind jedenfalls eine unterhaltsame Lektüre.

Titelbild

Ernst Augustin: Gutes Geld. Roman.
Verlag C.H.Beck, München 2013.
185 Seiten, 19,95 EUR.
ISBN-13: 9783406653834

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