Zwei bedeutende Denker
Zu dieser Ausgabe
Von Jan Süselbeck
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseVor 150 Jahren wurde Max Weber geboren. Weber gehörte zu den großen Gelehrten des 20. Jahrhunderts. Er wollte verstehen, wie die Rationalisierungsprozesse in der Moderne funktionierten, welche Folgen sie zeitigten und auf welchen Grundlagen sie fußten. Die Machtkonstellationen des Kapitalismus, dessen weltweiten Kollaps wir nicht erst seit 2008 alltäglich beobachten können, versuchte Weber ebenso zu analysieren wie die besondere Rolle, die der Protestantismus in diesem Kontext spielte. Unsere Zeitschrift widmet Max Weber einen Themenschwerpunkt mit zwei ausführlichen Essays. Einer davon schließt mit der Feststellung, Weber sei in dem Bewusstsein gestorben, dass nicht mehr „das Blühen des Sommers“ vor den ihm nachfolgenden Generationen liegen werde, sondern „eine Polarnacht von eisiger Finsternis und Härte“.
Nicht nur Max Weber, sondern auch sein Zeitgenosse Martin Heidegger gilt als einer der bedeutensten Denker des 20. Jahrhunderts. Wie seine penibel ausgearbeiteten und auf eigenen Wunsch erst posthum publizierten philosophischen „Überlegungen“ zeigen, die als „Schwarze Hefte“ in den letzten Wochen hitzige Debatten im Feuilleton auslösten, sah auch Heidegger eine Apokalypse auf die Menschheit zukommen. Allerdings erfüllte ihn dies nicht so sehr mit Sorge wie Max Weber. Im Gegenteil: Heidegger hielt den „Untergang“ für die letzte Chance. Der Philosoph wollte ganz zurück, zum Anfang eines ominösen, ursprünglichen „Seyns“, dass er – hierin Webers Soziologie nicht einmal unähnlich – durch die Moderne gefährdet sah. Auch zu Heidegger und der Debatte um sein philosophisches Vermächtnis bietet unsere Mai-Ausgabe einen umfangreichen Beitrag.
Bei so viel Düsternis und Verderben wünschen wir unseren Lesern dennoch einen schönen Monat Mai und freuen uns, dass zumindest literaturkritik.de bis dato noch nicht untergegangen ist. Wie heißt es doch so schön in Heideggers „Unveröffentlichten Abhandlungen (III. Abteilung, Vorträge – Gedachtes. Zum Ereignis-Denken) über die „Wahr-heit und das Seyn“? „Das seynsgeschichttlich ereignishafte Wesen der Wahrheit: Daß sie ist die beginnlich ereignete lichtende Bergung der Verbergung des Beginns.“ Denn: „Das Ereignis lichtet sich gegnend dem Menschen, indem es dessen Wesen erst aus dem Beginn ruft zur Entgegnung in der Gegend als der ereigneten Stätte der Erharrung des Kommenden.“
Wenn das nicht auf die Zukunft hoffen lässt! Aber im Ernst: Im direkten Stilabgleich schneidet Max Weber wesentlich besser ab als Heidegger. Oder haben Sie die letzten Sätze verstanden? Deutungsvorschläge per Leserbrief wären hilfreich!
Herzliche Grüße
Ihr
Jan Süselbeck
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