Gefährlich!

Wie Herbert Feuerstein die Dreharbeiten zu seinen Reisefilmen überlebte

Von Ulla BiernatRSS-Newsfeed neuer Artikel von Ulla Biernat

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Seit der neunteiligen WDR-Fernsehserie "Feuersteins Reisen" wissen wir, wozu der eher schmächtige Herbert Feuerstein so eine große Brille braucht: Er übt den verfremdenden Blick auf fremde Kulturen. Und mit Erscheinen des dazugehörigen Hintergrundberichts wissen wir jetzt auch, dass es nicht die ausspähenden Augen des "Profi-Blödlers" (Herbert über Feuerstein) waren, die ihn über die Dreharbeiten der letzten vier Jahre retteten: Sein Attentäter und Regisseur der Serie, Godehard Wolpers, war einfach nicht raffiniert genug, exotische Drehorte und unmögliche Situationen zu nutzen, um den österreichischen Star-Satiriker hinzumeucheln. Mit diesem makabren running gag verknüpft der ehemalige Chefredakteur von "Mad" und "Chef-Autor" von "Schmidteinander" seine vier Reisefilmberichte über Alaska, den Südseestaat Vanuatu, "Arabien" und Mexiko. Anekdoten über die improvisierten oder tückischen Dreharbeiten ("Wie wunderbar ist doch die Welt in ihrer bunten Vielfalt von Drehgenehmigungen") wechseln ab mit landeskundlichen, eigenwillig dargebotenen Wissensbrocken ("Der letzte, amtlich belegte Fall von Kannibalismus in Vanuatu geschah 1969"), pointiert von charmanten Passagen ironischer Selbstdarstellung. Ziel der Kalauer und der Satire sind dabei Feuersteins Team und er selbst: So hält er die vier Geschichten thematisch zusammen und entgeht der Gefahr der "kulturellen Überheblichkeit". Feuerstein wundert sich sanft über weinende Kamele, die polysynthetische Sprache der Inuit, über Kulinaria wie Lap-Lap - das eingegrabene Schwein. Mit journalistischer Neugier und manchmal "überzeugend einheimischem" Gebaren, von dem auch die zahlreichen Fotos zeugen, ist er als "Überprüfer" jenseits des Massentourismus unterwegs, nicht als naiver Entdecker. Denn seit Livingstone und Amundsen - spätestens aber seit Wolpers - wissen wir: Reisen ist gefährlich.

Titelbild

Herbert Feuerstein: Feuersteins Reisen.
Gerd Haffmans bei Zweitausendeins, Zürich 2000.
320 Seiten, 15,20 EUR.
ISBN-10: 3251004565

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