Den Kampf gegen den Verstand erfolgreich geführt

In "The Überlebensshow" greift Stefan Koenig in die Klamottenkiste

Von Oliver GeorgiRSS-Newsfeed neuer Artikel von Oliver Georgi

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Das Rezept scheint ja so einfach. Man nehme Politprominenz, selbst ernannte Stars und Sternchen aus der Medienlandschaft, wandle ihre Namen auf schier unglaublich komische und subtile Art und Weise ab, stecke sie in die hanebüchenste Handlung, die denkbar ist, und fertig ist der Gaga-Roman, der Quotenhit, kurz: die Art von konsumierbarem Lesestoff, wie sie einem Zeitalter von Rudolf Mooshammer und seiner ihm weitaus überlegenen Hundedame Daisy gebührt. Stefan Koenig hat sich dieser verlockenden Aufgabe (leider Gottes) angenommen und augenscheinlich alle diese "Tipps" beherzigt: Kurzerhand wird aus Stefan Raab Stefan Raps, aus Andreas Türck Andreas Würck und aus Naddel Knaddel, die fortan nicht mehr "Peep", sondern die "Pimmelshow" moderiert. Wer von diesem Feuerwerk an Einfallsreichtum schon verzückt ist, dem sei gesagt: es kommt noch besser. Nämlich mit der Handlung.

Bekannte Fernsehstars werden von ihren Managern heimlich in eine unbarmherzige "Überlebensshow" katapultiert - sehr zur Freude der Zuschauer. Ein Konsortium aus "RDL", "SAD 1" und "PRO SEX" hat sich diese Mordsidee einfallen lassen, um einen einmaligen Quotenknüller zu kreieren. Die Showstars jagen sich gegenseitig bis aufs Blut, streiten sich um den Auftritt beim Grand Prix, bis "Dirty", die "Reinkarnation" Harald "Schitts", am Ende des Buches von Mardern bei lebendigem Leib aufgefressen wird. Gekrönt wird das mehr frag- als denkwürdige Schauspiel durch Stefan Raps, der den blutrünstigen Raubtieren sogleich die Entsorgung des Schitt'schen Kadavers empfiehlt: "Nehmt ihn in die Hölle! [...] Ja, tragt ihn hinunter in Euren Kanal. Scheiße zu Scheiße!"

Wobei wir beim Schlimmsten wären: bei der Sprache.

Nicht genug damit, dass der Plot des Buches aufs Fragwürdigste konstruiert und platt ist und in seinem plumpen Witz an eine Pennälerrunde erinnert, nein: Darüber hinaus ist seine Sprache eine absolute Katastrophe. Von unstimmigen Metaphern in Haufenform ("Ihre Stimme UNTERLEGTE SICH mit einem hysterischen Klangbild, wie ein falsches Klavier") bis zu bittersten grammatikalischen Schnitzern oder zum Zerreißen gespannten Analogien ("Aber der Schrei Reginas zerriss sein Grinsen, zerriss die Thüringer Rostbratwurst, die er gerade in Händen hielt, zerriss ihren Schlaf und ließ sie schweißgebadet erwachen.") - Stefan Koenig strapaziert leider alle verfügbaren Geschmacksnerven und die Geduld des Lesers.

Vielleicht wollte er auf der allgemeinen Gaga-Comedy-Welle mitreiten und mit überlegen medienkritischem Blicke Versatzstücke unserer Medienlandschaft entlarven. Vielleicht.

Ist man nach den ersten paar Seiten noch versucht, die zahlreichen sprachlichen Patzer und Plattheiten als Spiel mit Klischees und Milieus zu entschuldigen, so muss man mit jeder folgenden Seite mehr und mehr vermuten: besser hat es Koenig wohl nicht gekonnt.

Titelbild

Stefan Koenig: The Überlebensshow. Comedy-Thriller.
Pegasus Handelskontor, Neuküstrinchen 2000.
264 Seiten, 8,60 EUR.
ISBN-10: 3980719804

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