Es ist die Liebe eine äußerst umstrittene Sache

Paul Celans Briefwechsel mit seiner Frau und mit dem Ehepaar Lenz

Von Rolf LöchelRSS-Newsfeed neuer Artikel von Rolf Löchel

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

"Er war mein Leben. Ich habe ihn mehr geliebt als mein Leben", bekennt die Ich-Erzählerin als Prinzessin von Kagran in Bachmanns Roman "Malina". Von literaturwissenschaftlicher Seite ist dieser Ungenannte als Paul Celan bestimmt worden. Und gelegentlich wird die Ich-Erzählerin - gerade an dieser Stelle - mit der Autorin identifiziert. Dass Ingeborg Bachmann und Paul Celan sowohl Ende der 40er als auch Ende der 50er Jahre ein Liebesverhältnis verband, gilt als gesichert. Das entsprechende Zitat jedoch kurzerhand als autobiographisches Bekenntnis der Autorin zu Paul Celan zu lesen, ist methodisch illegitim. Ob Ingeborg Bachmann Paul Celan mehr geliebt hat als ihr Leben wird sich kaum bestimmen lassen. Allenfalls, dass der beiderseitige Briefwechsel Aufschluss geben könnte. Der jedoch ruht - zumindest vorläufig unzugänglich - in den Archiven der jeweiligen Nachlässe.

Mit Gewissheit jedoch lässt sich das von einer anderen Frau behaupten: Gisèle Celan-Lestrange, Celans Frau. Und ihre Liebe hätte sie beinahe wirklich das Leben gekostet. Als sie sich schließlich von Celan trennte, geschah dies nicht aufgrund des von ihm an ihr verübten Mordversuchs, sondern weil sie um das Leben von Eric, ihrem gemeinsamen Sohn, fürchten musste. Denn in seinen Wahnvorstellungen der letzten Jahre glaubte Celan, dass er, um schreiben zu können, wie Abraham seinen Sohn opfern müsse.

Mit welcher Intensität und Kraft Gisèle Celan-Lestrange ihren Mann geliebt hat, lässt sich nun anhand des Briefwechsels nachvollziehen, der von Bertrand Badiou in Verbindung mit Eric Celan herausgegeben wurde. Barbara Wiedemann, Autorin des im Jahr 2000 erschienenen Buches "Paul Celan - Die Goll-Affäre", hat die Anmerkungen des umfangreichen Kommentarbandes übersetzt und für die deutsche Ausgabe eingerichtet. Vieles, was in den Briefen nur angedeutet wird oder merklich unausgesprochen bleibt, wird erst mit seiner Hilfe deutlich und verständlich. Dazu tragen - neben anderen Quellen - insbesondere die längeren Zitate aus den Tagebüchern von Celan und mehr noch von Celan-Lestrange bei. Ein unverzichtbares Hilfsmittel zum Verständnis des Briefwechsels also. Ganz frei von kleineren Fehlern und Ungereimtheiten ist der Kommentar-Band dennoch nicht. So heißt es etwa im "Editorischen Nachwort", Celan habe in der Nacht vom 23. auf den 24.11.1965 seine Frau "durch Strangulation" ermorden wollen. Laut Kommentar hat er hingegen "versucht, sie mit einem Messer zu töten". Sollte er etwa beides getan haben? Die Zeittafel jedenfalls stimmt mit dem Kommentar überein und liefert ebenfalls die zweite Version. Doch auch zwischen Kommentar und Zeittafel gibt es Unstimmigkeiten: ein tätlicher Angriff Celans auf einen Nachbarn wird einmal auf den 14.11.1968, einmal auf den 15.11. datiert. Unschärfen finden sich zudem innerhalb des Kommentars selbst. So heißt es auf den ersten Seiten, Celan sei mit Ingeborg Bachmann "im Frühjahr 1948 eng befreundet" gewesen. Später ist dann auch für diese Zeit genauer von einer "Liebesbeziehung" die Rede. Nun, all das sind eher randständige Mängel, die dem Wert des Kommentar-Bandes kaum Abbruch tun. Schwerwiegender ist da schon, dass die Briefe Gisèle Celan-Lestranges im Unterschied zu denjenigen ihres Mannes nicht vollständig abgedruckt wurden. Sie seien von "großer Zahl", zu "umfangreich und weitausholend", "oft sehr lang und überwiegend anekdotisch", zudem "oft auf praktische Probleme" beschränkt, heißt es zur Begründung. Das ist - abgesehen vielleicht von der großen Anzahl - wenig stichhaltig. Zumal davon auch Vieles auf die Briefe Celans zutrifft, die penibel und ohne die geringsten Abstriche wiedergegeben sind.

Der Briefwechsel setzt im Dezember 1951 unmittelbar nach Beginn der Liebesbeziehung von Celan und Lestrange ein und endet im März 1970 wenige Wochen vor Celans Tod. Bereits im ersten Brief von Gisèle Lestrange - d.h. im zweiten, der erste ist nicht abgedruckt -, natürlich einem glühenden Liebesbrief, wird deutlich, wie sehr sie ihn liebt und wie sehr sie sich ihm gegenüber selbst zurücknimmt. "Arbeite mon chéri", schreibt sie am 11.12.1951, "und denke nicht zuviel an mich - wenn Dich das ablenkt. Ich möchte es nicht." In einem etwas späteren Brief verspricht sie: "ich folge Dir auf Deinem Spaziergang, bei Deinem Unglück, Deiner Langeweile". Celan seinerseits weiß wie selbstverständlich, "daß Du nicht aufhörst da zu sein, ganz nahe bei mir, daß Du mich überall hin begleitest, wohin ich gehe". Diese beiden Stellen kennzeichnen das Verhältnis von Celan und Celan-Lestrange insgesamt. Sie beschritten keinen gemeinsamen Lebensweg, sondern seinen Weg, auf dem sie ihm folgt. Ein Weg, über dem von Anbeginn an die Düsternis der Vernichtungslager hing: 1941 hatte die SS-Einsatzgruppe D zusammen mit der rumänischen Armee die Nordbukowina und mit ihr Celans Heimatstadt Czernowitz besetzt; Celan wurde zur Zwangsarbeit an die südliche Moldau verschleppt, seine Eltern im KZ Michailowka ermordet. Nach dem Krieg fand der Dichter zunächst in Österreich und kurz darauf endgültig in Paris Exil. Hier avancierte der Schöpfer der "Todesfuge" zu einem der bedeutendsten Vertreter der deutschsprachigen Nachkriegsdichtung.

Der auch nach der Niederlage der Nationalsozialisten in Deutschland weiterhin virulente Antisemitismus, mit dem Celan auf seinen Lesereisen und sogar in der Gruppe 47 konfrontiert wurde, und die unberechtigten und mit einer gewissen Infamie vorgetragenen Plagiats-Vorwürfe Claire Golls verfolgten ihn und leisteten ein Übriges zur Verdunklung seiner Welt.

"Ich möchte, daß Du nicht allzu unglücklich bist", schreibt Celan-Lestrange. Die Möglichkeit von Glück zieht sie "in dieser Welt ungeheuerlicher Bosheit" gar nicht in Betracht, und ihre Vorstellung eines eigenen "schöne[n] Leben[s]" besteht in nicht mehr als darin, Celan "ein wenig von Ihrem Schmerz abnehmen" zu können. (Beide springen häufig zwischen den Anredeformen "Du" und der französischen Höflichkeitsform "Sie", oft sogar mitten im Satz.) Doch weiß sie bereits in diesem Brief aus dem Jahre 1956, "daß mir das nicht gelingt, daß Sie diesen Schmerz, der nicht aufhören will, Sie niederzudrücken, ganz allein tragen und in sich hineinfressen". Spricht sie ausnahmsweise einmal von eigenen Problemen, so entschuldigt sie sich sogleich: "Verzeihen Sie, daß ich Ihnen schon wieder von meinen Sorgen erzähle, wahrscheinlich sollte man auch das besser für sich behalten."

Kaum mehr steigerbar sind Celan-Lestranges Rücksichtnahme und Verständnis in den Jahren 1957 und 1958. Sie reichen bis hin zur Selbstverleugnung. Am 11.10.1957 begegneten sich Celan und Ingeborg Bachmann nach mehreren Jahren erstmals wieder und erneuerten ihre Liebesbeziehung, die nun bis in den Sommer des folgenden Jahres andauerte. In diesen Monaten trafen sie sich mehrmals, so etwa als Celan Bachmann Anfang 1958 in München besuchte. Weit entfernt von dem Feingefühl, das seine Gattin ihm entgegenbringt, hat er offenbar mit Vorwürfen auf die Eifersucht reagiert, die sie zunächst zeigte: Ihre Liebe sei egoistisch. Ein Brief, den Celan-Lestrange ihm am 23.1. unmittelbar vor seiner Abreise nach Deutschland in seine Brieftasche steckt, ist deswegen voller Schuldbekenntnisse und Selbstbezichtigungen. An ihn hingegen kein Wort der Kritik, kein Wort des Vorwurfs. Im Gegenteil: "In sechs Lebensjahren an Ihrer Seite hätte ich mich zu dem Bild in die Höhe ziehen können, das Sie sich von mir gemacht haben. Ich habe es nicht zuwege gebracht, und jetzt ist es Ihnen" - dadurch, dass er die Liebesbeziehung zu Ingeborg Bachmann wieder aufnahm und ihre Eifersucht hervorrief - "endlich, gelungen, mich so zu entdecken, wie ich war, erfüllt von Engstirnigkeit, ohne Großmut, ohne Noblesse, ohne Wahrheit". Ihre Selbstvorwürfe kulminieren in dem Ausruf: "Wie ich mich schäme! Wie ich mich schäme!" Doch ist Celan-Lestranges Selbstkasteiung hiermit noch nicht an ihr Ende gelangt. Bisher, so fährt sie fort, habe sie Celan "nur die schwere Last" ihrer "so unvollkommenen, so jämmerlichen, armen und egoistischen Liebe anzubieten vermocht". Und weit davon entfernt, seine Liebe infrage zu stellen, schließt sie mit der flehentlichen Bitte, Celan möge an ihre Liebe glauben, auch wenn sie "sehr unvollkommen, sehr egoistisch, sehr eifersüchtig" sei. Schon am nächsten Tag überbietet sie ihre Selbstkritik und Selbstverleugnung noch, indem sie bedauert, diesen Brief geschrieben zu haben, da er Celan, wie sie nun fürchtet, "wieder ermüden" werde - "denn ich bin sehr ermüdend, ich weiß es" - und ihn bittet, er möge sich keine Sorgen um sie machen, es gehe ihr gut und sie sei ruhig. Seine Abwesenheit sei "sehr erträglich". Ihre Grußworte am Ende des Briefes stehen gleichsam für den gesamten Inhalt: "Ich liebe Sie Gisèle". Celans Antwort bleibt kühl, distanziert. Auch sein Gruß legt beredtes Zeugnis ab: "Ihnen ganz ergeben Paul". Nach Beendigung der 'Affaire' Bachmann klingen Celans Briefe an seine Frau wieder ganz anders: "Ich brauche Sie, immer, ich liebe Sie".

Doch auch die Tagebucheintragungen Celan-Lestranges lesen sich in den Tagen vor und während Celans Deutschlandreise etwas anders als ihre beiden Briefe: Am 11. Januar klagt sie: "Du warst schrecklich heute Nacht. Welcher Anteil hat der Wein, welcher Deine tatsächlichen Gedanken? Du warst kein 'Notbehelf' für mich." Celan hat also offenbar in Zweifel gezogen, dass sie ihn überhaupt je geliebt hat. "Das kann ich nicht akzeptieren", fährt sie fort, "heute nacht hast Du mir allzu schreckliche und falsche Dinge gesagt". Celan leugnet, dass Ingeborg Bachmann ihm etwas bedeutet, denn einige Tage später fragt Celan-Lestrange sich in ihrem Tagebuch, ob er wirklich annehme, dass sie die "Gleichgültigkeit glaube, die gegenüber Ingeborg zu empfinden Du vorgibst?" Doch schließlich heißt es auch hier ganz wie im Brief: "Du mußt frei sein - Ich darf Dich nicht am Leben hindern, ich weiß es, ich weiß es gut, und ich wünsche für Dich diese Freiheit." Dennoch leidet sie darunter. "Aber gleichzeitig rebelliert mein ganzes Wesen, rebelliert, und ich akzeptiere im Grunde nichts." In Ingeborg Bachmann sieht sie bei all dem nicht die Konkurrentin, sondern die ebenfalls liebende Leidensgefährtin.

In krassem Gegensatz zu Celans Kritik an der Eifersucht seiner Frau steht seine eigene, die allerdings unbegründet war. Auf sie weist noch die testamentarische Verfügung seiner Gattin von 1967 hin, im Falle ihres Todes ihrem Mann mitzuteilen, dass sie ihn "nie betrogen" habe. Zwar ist der Auslöser unbekannt, der zu Celans im Mordversuch an seiner Frau gipfelnden Wahnanfall im Jahre 1965 führte. Doch legt eine Stelle aus einem Brief, den sie ihm danach in die psychiatrische Anstalt schrieb, die Vermutung nahe, dass seine Eifersucht wesentlich war: "Du weißt sehr gut, daß ich im Grunde nie jemand anderen geliebt habe als Dich und daß es seit ich Dich kenne, nur Dich in meinem Leben gibt und niemand anderen, Eric natürlich". Und dann beschwörend: "Daran darfst Du nie wieder zweifeln." Der 'Vorfall' selbst wird in der Korrespondenz von beiden Seiten nicht angesprochen. Möglicherweise haben die Ärzte Celan-Lestrange gebeten, darauf zu verzichten. Aber auch Celan schweigt darüber. Worte der Entschuldigung findet er nicht. Im Gegenteil: er klagt, dass er "von Amts wegen in eine geschlossene Anstalt eingewiesen" wurde, und fragt fast vorwurfsvoll "Ist Dir klar, was das bedeutet?", um sofort mit der Forderung an sie heranzutreten: sie müsse "alles tun", damit er Suresnes verlassen kann und in eine offene, vom Erziehungsministerium bezuschusste Klinik überwiesen werde. "Tu es schnell", verlangt er nicht im bittenden sondern im kommandierenden Ton. Sie werde es nicht nur für ihn getan haben, fügt er hinzu, sondern ebenso für sich selbst und ihren Sohn. Dass es notwendig sein könnte, sie und Eric vor ihm zu schützen, scheint ihm nicht in den Sinn gekommen zu sein.

Celan hat nicht nur seine Frau der Treulosigkeit bezichtigt. Kaum einer seiner Freunde entging dem Verdacht, und nicht erst in seinen letzten Lebensjahren, nicht erst seit dem ersten eindeutigen Wahnanfall 1962. Zwar schreibt er erst 1965 seiner Frau, es gebe für ihn "nichts Schöneres und Größeres" als Shakespeare, dessen Figuren "sehr aktuell" geblieben seien, insbesondere Jago. "So etwas" dürfe "nicht verloren gehen, die Treubrüchigen...". Doch schon in den 50er Jahren wittert er schnell Verrat und Treuebruch, wie einmal mehr ein zweiter Briefwechsel Celans zeigt; derjenige mit Hermann und Hanne Lenz, von Barbara Wiedemann herausgegeben. Ihre Korrespondenz begann 1954, nachdem sie sich in Deutschland, das Celan aus verständlichen Gründe nicht besonders mochte, kennen gelernt hatten, und durch das anhaltende Schweigen Celans 1961 endete. Auch einer Wiederaufnahme des Briefwechsels durch Hanne Lenz 1962 entsprach er nicht mehr. Das Ehepaar Lenz und Paul Celan haben sich 1954 offenbar schnell schätzen gelernt, und ihre Briefe sind von Beginn an durch herzliche Freundschaft geprägt. "Ich bleibe Euch dankbar, mein Leben lang", verspricht Celan bereits im ersten Brief, und ein Jahr später versichert Hanne Lenz, "daß wir niemand kennen, der uns so nahe steht wie Du und Deine Frau". Über die Jahre hinweg sind die Briefe immer wieder von Geschenken begleitet. Insbesondere Celan erweist ein feines Gespür für die Wünsche von Hermann Lenz. Ein ums andere Mal versteht er, ihm eine große Freude zu bereiten. Natürlich wird - wie Celans Leben überhaupt - der Briefwechsel wiederholt durch die Machenschaften Claire Golls bestimmt, diesem "Malefizweib", wie Hermann Lenz einmal schreibt. Dass Celan sich von Golls Angriffen so sehr beeinträchtigen und verletzen lasse, sei auch "irgendwie Projektion eines inneren Zustandes auf die Welt", schreibt Hanne Lenz 1956. Auf diese kritischen Worte reagiert Celan schon damals mit Schweigen. Ebenso, als sie ihm wenige Wochen später beteuert, dass "sie alle" - gemeint sind Gotthold Müller, Joachim Moras und Karl Schwedhelm - bereit seien, Celan in der Goll-Affäre beizustehen. Und mahnend fügt sie hinzu, "es wäre gut, wenn Du es ihnen nicht zu schwer machen würdest, es auch durchzuführen". Auch dieser Brief bleibt unbeantwortet. Bis Celan schließlich den Schriftverkehr mit den "Freunden" ganz beendet - in Briefen an seine Frau setzt er das Wort inzwischen in Anführungszeichen, wenn er über Hermann und Hanne Lenz schreibt.

Erst nach Celans Mordversuch an seiner Frau und seiner Einweisung in die psychiatrische Anstalt Suresnes findet schließlich auch Gisèle Celan-Lestrange deutliche und eindringliche Worte: "Du mußt die Krankheit besiegen, um Dich wiederzufinden, um Dich in der Wirklichkeit wieder zurechtzufinden, aber dazu mußt Du Dir selber helfen". Die Hoffnung, dass sie ihm helfen könne, hat sie offenbar nicht mehr. Dennoch schreibt sie ihm täglich, versorgt ihn mit Büchern und anderem. Doch der Ton ihrer Briefe ist zunächst zurückhaltend. Vorwürfe werden jedoch nie laut: "Wir liebten uns, wir taten uns weh, und wir waren bei einer Unmöglichkeit des Dialogs angekommen, die zum Verzweifeln war", schreibt sie ein gutes Vierteljahr nach der Tat und meint nicht nur ihn, sondern ebenso sehr sich selbst. "Jetzt werden wir wieder von neuem aufbauen, neu anfangen müssen", fährt sie fort.

Nach einem Selbstmordversuch Celans Anfang 1967 - er war ein halbes Jahr zuvor aus der Klinik entlassen worden - wird er erneut eingewiesen, und seine Frau ist nun mit ihren Kräften endgültig am Ende. Die Unmöglichkeit Celan zu helfen entmutigt sie, insbesondere "die Tatsache, daß meine Gegenwart für Dich so traumatisierend ist". Nachdem Celan Ende des Jahres wieder entlassen wird, zieht er auf ihr Drängen hin in eine eigene "kleine Wohnung". Seine Briefe an Celan-Lestrange fließen nunmehr eher spärlich. Einer der letzten, vom 14.1.1970, liest sich wie ein Abschiedsbrief, wie ein Testament, ein letzter Wille. Der Dichter schreibt zunächst von seinem Sohn: "Er ist Dir anvertraut, hilf ihm." Und dann: "Ich habe keine Frau so geliebt, wie ich Dich geliebt habe, wie ich Dich liebe. Es ist die Liebe - eine äußerst umstrittene Sache -, die mir diese Zeilen diktiert."

Ihr Geliebter sei "auf dem Transport im Fluß ertrunken". Diese Nachricht erhält die eingangs erwähnte Prinzessin von Kagran auf einem "vertrocknete[n] Blatt". Ende April 1970 suchte und fand Paul Celan den Tod in der Seine.

Titelbild

Paul Celan / Gisèle Celan-Lestrange: Briefwechsel. Mit einer Auswahl von Briefen Paul Celans an seinen Sohn Eric.
Herausgegeben und kommentiert von Bertrand Badiou in Verbindung mit Eric Celan.
Übersetzt aus dem Französischen von Eugen Helmlé.
Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M. 2001.
1204 Seiten, 85,90 EUR.
ISBN-10: 3518412191

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Titelbild

Paul Celan, Hanne und Hermann Lenz. Briefwechsel.
Herausgegeben von Barbara Wiedemann in Verbindung mit Hanne Lenz.
Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M. 2001.
255 Seiten, 20,50 EUR.
ISBN-10: 3518412728

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