Implosion der Liebe

Dagmar Leupolds Roman "Eden Plaza"

Von Dorothee ReinhardtRSS-Newsfeed neuer Artikel von Dorothee Reinhardt

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Wenn die Liebe implodiert, dann geht eine Ehe ohne großes Tamtam zu Grunde. "Eden Plaza" beschreibt ein solches Scheitern einer Ehe: Die Erzählerin, deren Namen man nicht erfährt, erinnert sich an eine Nacht mit ihrem Geliebten, in der sie ihm die Geschichte ihrer Beziehung von der Hochzeit bis zur Trennung erzählt. Die immer größer werdende Distanz zum Ehemann steht in einem interessanten Gegensatz zu der erotischen Intimität mit dem Geliebten. Die Geschichte wird aus der Perspektive der erfüllten Liebe, des Paradieses - dem Hotel "Eden Plaza" - erzählt, doch ihr Mittelpunkt ist das Auseinanderfallen einer anderen Einheit, der anderen Liebesbeziehung. Ohne viel Aufhebens wird der Finger auf die Wunde der menschlichen Unzulänglichkeiten gelegt, die, ohne es zu wollen, das Ende der Liebe bewirken.

Nicht nur die scheiternde Ehe steht im Gegensatz zu der Intimität der zwei Liebenden, auch die Sprache des Romans bildet dazu einen seltsamen Kontrast. Die Erzählerin, die Übersetzerin ist und zu einem literaturwissenschaftlichen Thema promoviert, bedient sich einer oft akademischen Sprache. Sie theoretisiert, indem sie ihren Bericht durch Sentenzen kommentiert, sie verwendet wissenschaftliche Ausdrücke, zitiert Bloch und Platon. Andererseits aber ist die Sprache durchsetzt von Poesie, eindringlichen, schönen Bildern und einer wunderbaren Erotik. Beide Aspekte der sprachlichen Gestaltung sorgen für einen hohen Grad an Künstlichkeit und spiegeln das Schillern von Distanz und Nähe des inhaltlichen Aufbaus wider.

So ist "Eden Plaza" ein gutes und ohne Zweifel ein sehr künstlerisches Buch. Und doch durchzieht es ein Beigeschmack von Belanglosigkeit, dessen man sich bis zum Ende nicht erwehren kann. In einer Episode des Romans wird deutlich, wieso: Die Erzählerin beschreibt ein zufälliges Treffen mit einer Freundin, die während einer Busfahrt ein Liebesmal an ihr (oberhalb des Knies) entdeckt. Sie bezeichnet es als sexistisches Herrschaftssymbol und rät ihr, einen längeren Rock zu tragen, damit man es nicht sehen könne. Doch die Erzählerin, die darin die "intimste aller möglichen Besitzergreifungen" sieht, hat die Gewissheit, "die Partei für etwas zu ergreifen, das sich keiner Doktrin unterwarf." Es wird also für eine Liebe Partei ergriffen, die vollends unpolitisch ist, die einem Menschen allein gehört - von dem zur Schau gestellten Glück durch das Liebesmal einmal abgesehen. Als persönliche Ansicht der Protagonistin könnte dies dahingestellt bleiben, doch da es der Roman sozusagen als Programm umsetzt, wirkt es rückständig. War denn nicht eine große Errungenschaft der Frauenbewegung gerade die Feststellung, dass das Private eben doch politisch sei?

In "Eden Plaza" ist die Liebe zwar Kunst, aber darüber hinaus weist sie nicht. Daher bleibt die Geschichte des Romans eben eine Implosion der Liebe, im privaten Bereich, den persönlichen Beziehungen verhaftet - Grenzen werden nicht überschritten.

Titelbild

Dagmar Leupold: Eden Plaza. Roman.
dtv Verlag, München 2004.
172 Seiten, 8,50 EUR.
ISBN-10: 3423132256

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