Kätzisches aus Arquà

Über die literargeschichtliche Fährte von Petrarcas Haustier

Von Nikolas ImmerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Nikolas Immer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Ein Zitat aus einem Reiseführer öffnet die Tür zum Wohnhaus des italienischen Dichters Francesco Petrarca. In Arquà, heißt es da, sei "die eingetrocknete Mumie der Katze des Sonettenschreibers" zu bewundern. Kommt der moderne Besucher der Aufforderung zum Staunen nach, kann er in Achim Aurnhammers unterhaltsamer Studie lernen, dass er damit in einer ansehnlichen literarischen Tradition steht. Auf den Spuren von Petrarcas Katze führt die Akribie des Autors in entlegene Winkel der Literaturgeschichte, um augenzwinkernd einem offensichtlich nur scheinbar marginalen Thema mit aller wissenschaftlichen Sorgfalt nachzugehen.

Den Ausgangspunkt bildet das Epitaph auf Petrarcas Katze in Arquà. Es hebt an mit der Rollenrede des Haustiers: "Der toskanische Dichter entbrannte in zweifacher Liebe. / Mir galt die feurigste Glut, Laura kam erst danach." Was kätzisch-frech daherkommt, erntet im Hinblick auf die wissenschaftliche Rezeption die Missbilligung Aurnhammers: "Das Epitaph von Petrarcas Katze ist bislang weder kunst- noch literarhistorisch, geschweige denn rezeptionsgeschichtlich angemessen untersucht worden."

Bei einem derart zentralen Thema verwundert das ungemein! Doch immerhin hat die bisherige Forschung wenigstens den humanistischen Dichter Antonio Querenghi als Verfasser der Katzen-Epigramme ermitteln können. Wie Aurnhammer nachweist, stehen sie im Kontext der zeitgenössischen Tier-, insbesondere der Hund-Epitaphien, so dass sich die Frage stellt: "Wie kam Petrarca vom Hund zu seiner Katze?"

Die Antwort ist eine zweifache. Denn einerseits, hebt der Autor hervor, lasse sich die Katze als Hinweis auf den volkssprachlichen Dichter Petrarca und anderseits als Verniedlichung der Mensch-Tier-Konstellation von Hieronymus und Löwe lesen. Mit diesem Ausgriff auf die bildende Kunst kommen auch die Illustrationen in den Blick, die Petrarca im Beisein einer Katze zeigen. Dabei spannt sich der Bogen vom Florentiner Kodex Strozzi über einen Kupferstich von Hieronymus David bis hin zur Titelvignette aus Johann Georg Zimmersmanns Abhandlung "Über die Einsamkeit". Parallel dazu werden in drei Kapiteln, die den Zeitraum vom 17. Jahrhundert bis um 1850 behandeln, etliche literarische Passagen zum kätzischen Petrakismus zusammengetragen. Die summarische Reihung besticht durch ihren Kenntnisreichtum, zu dessen Umfang, wie die Danksagung verrät, durchaus auch einige Mitarbeiter Aurnhammers beigetragen haben.

Lebte Petrarca heute, er bräuchte sich Laura und Katze nicht mehr geschieden denken - der Film böte ihm das Mischwesen Catwoman. In der literarischen Tradition aber fordern weibliches und kätzisches Wesen wiederholt den wechselseitigen Vergleich heraus. Daher sei abschließend die Position des schwäbischen Epigrammatikers Johann Christoph Friedrich Haug zitiert, dessen Gedicht Lust zum Weiterlesen bereiten mag:

"Petrarcha liebte Lauren sehr,
Mich, seine Katze, dennoch mehr!
Sie war nur schön, ich treu!
Sie schaffte, daß er Lieder schrieb;
Durch meine stillen Thaten blieb
Sein Buch von Mäusen frei."


Titelbild

Achim Aurnhammer: Petrarcas Katze. Die Geschichte des kätzischen Petrarkismus.
Manutius Verlag, Heidelberg 2005.
87 Seiten, 18,00 EUR.
ISBN-10: 3934877435

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