„Künstler-Köpfe“: Heinrich Böll

Heinrich Böll

Sorgenvoll
ruht sein mütterliches Auge auf der Welt.
Sie sind alle seine Kinder:
die Beladenen, Unterdrückten, Unglücklichen.


Keines seiner Kinder zieht er vor,
unterscheidet sie kaum,
macht ihre Kümmernisse
zu seinen.


Wie eine Mutter,
die von sich absieht,
zählt er die Stunden nicht,
nicht den geleisteten Einsatz
bis zur Erschöpfung.


Mit hundert Armen
verteilt er
gleichzeitig.
Mit hundert Zungen
fordert er
Frieden,
Gerechtigkeit
und Freiheit.


Nicht die Männer sind es,
die ihm beistehen,
es sind die Frauen,
Musen, Engel und Maria,
die wohlwollend lächeln,
wenn er frech
Partei ergreift.


Ich habe immer den Eindruck gehabt, daß das Christentum noch gar nicht angefangen hat. (Heinrich Böll)

Hinweis der Redaktion: Das „Portrait in Bild und Wort“ ist zuerst am 1. September 2022 im Rahmen des gedruckten Buches „Künstler-Köpfe“ von Simone Frieling im Verlag LiteraturWissenschaft.de erschienen.