„Künstler-Köpfe“: Heinrich von Kleist und Else Lasker-Schüler

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Heinrich von Kleist

Scherenschnitt von Simone Frieling

Der Mann
mit dem Kindergesicht,
mit dem scheuen Mädchenblick,
suchte sein Leben lang nichts als das Glück
und fand es bis zu seinem Ende nicht.

Der Knabe
von der Familie
auf den Exerzierplatz gestellt,
zerschellte
in dieser brutalen Welt.

Abschied nahm er
und statt des Gewehrs
die Feder.
Da kam der Meister daher, der ihm sagte:
nichts sei ihm gelungen,
seine Dichtung nur dunklen Kräften abgerungen,
sein Leben vertan.

Da war er
„zum Tode ganz reif geworden“
und er ging mit seiner Gefährtin still an den See.
Als der letzte Schuss fiel,
trug der Schwung einer Welle
das Spiegelbild
des Vollendeten
fort
in alle Welt.

Die Wahrheit ist, daß mir auf Erden nicht zu helfen war

Else Lasker-Schüler

Nichts
bedeutete ihr Geld, nichts Besitz, nichts Ordnung.
Buntes Blechspielzeug hingegen liebte sie bis zu ihrem
Tod.
Geboren in einem hohen Turm zu Elberfeld,
kletterte sie an der Zauberbohne Münchhausens zu den Menschen herab.
In Berlin
stieg sie auf zur Gauklerin.
In Zürich
fror die Exilantin auf den kalten Korridoren der
Fremdenpolizei.
Heimatlos
starb die Dichterin
im Land ihrer Träume
Palästina.
Wie sie alles verschenkte,
so gab sie auch ihre Sehnsucht weiter an die Lebenden
nach Befriedung des Orients.


Ob man mit grünen, lila und blauen Steinen spielt oder ob man dichtet, das ist ganz dasselbe, man hat dasselbe
Glücksgefühl denn bunter kann man die Welt auch nicht durch den Rausch als durch die Gläser sehen.
 

Die beiden „Portraits in Bild und Wort“ erscheinen am 1. September 2022 im Rahmen eines gedruckten Buches im Verlag LiteraturWissenschaft.de