Kein Tiefgang, aber ein wirkungsvoller Punch

In seinem Debütroman „Aus der Deckung“ gibt David Lopez Einblicke in das Alltagsleben französischer Jugendlicher an der Peripherie

Von Karsten HerrmannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Karsten Herrmann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

David Lopez‘ Protagonist Jonas lebt in einer „Kleinstadt, Typ fünfzehntausend Einwohner, irgendwo zwischen Speckgürtel und Acker“ – eine Kleinstadt mit ein paar Hochhaustürmen, Reihenhaussiedlungen, schäbigen Gewerbegebieten und heruntergekommenen Geschäften. Jonas und seine Clique gehören dabei weder zu „den kleinkarierten Spießern aus den Siedlungen“ noch zu den „Rowdys aus den Wohnblocks“. Sie verbringen ihre Zeit mit Saufen, Kiffen, Rauchen, Kartenspielen, Blödsinn reden und ein paar verdienen sich als Kleindealer ein paar Euro dazu. Jonas geht in einem abgeranzten Club auch zum Boxtraining und ist die große Hoffnung seines Trainers Monsieur Pierrot, doch ihm fehlen immer ein wenig Disziplin und Ehrgeiz für den ganz großen Erfolg. Da lässt er sich lieber mit einem schönen Mädchen aus gehobeneren Kreisen ein, die seine Streetcredibility sexy findet und sich von ihm im Bett gerne verwöhnen lässt.

David Lopez erzählt seinen Roman episodenhaft und führt in einem lockeren Ton detailliert aus, wie das Kiffen zelebriert wird, wie das Kartenspiel funktioniert und abläuft oder worauf es beim Boxen ankommt. Seine Prosa grenzt dabei an einen puren Naturalismus, in dem es kaum Metaphern, poetische Überhöhungen, psychologische Entwicklungen oder Reflexionsräume gibt.

Das hat man so oder ähnlich in autobiographischer Grundierung schon des öfteren gelesen, aber trotzdem gelingt es Lopez, den Leser in seinen ungeschnörkelten Erzählflow zu ziehen und das Leben in der französischen Kleinstadt quasi als ethnologische Studie an sich vorüberziehen zu lassen. Aus der Deckung bietet so keine literarischen Finessen und tiefschürfende Gedankenwelten, aber einen geradlinigen Punch.

Titelbild

David Lopez: Aus der Deckung.
Aus dem Französischen von Holger Fock und Sabine Müller.
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2020.
256 Seiten, 22,00 EUR.
ISBN-13: 9783455008241

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