Ein lohnender Querschnitt

Klaus Körner hat eine interessante Auswahl von Karl Marxʼ Texten zusammengestellt

Von Manfred OrlickRSS-Newsfeed neuer Artikel von Manfred Orlick

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Das Karl-Marx-Doppeljubiläum – im Vorjahr 150 Jahre Das Kapital und im Mai 2018 der 200. Geburtstag – waren für viele Verlage der Anlass, die Biografie und das gewaltige Werk des Philosophen, Sozialwissenschaftlers, Wirtschaftshistorikers und Nationalökonomen des 19. Jahrhunderts in Erinnerung zu bringen.

Im Deutschen Taschenbuch Verlag ist unter dem Titel Es kommt darauf an, die Welt zu verändern ein Karl-Marx-Lesebuch erschienen. Der Titel spielt auf das berühmte Marx-Zitat an „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt aber darauf an, sie zu verändern“ – dieser Satz findet sich in Marxʼ berühmten Thesen über Feuerbach. Der Jurist und Politikwissenschaftler Klaus Körner hat hier eine vielfältige Auswahl aus dem Werk von Karl Marx zusammengestellt. In seiner kurzen Einleitung konstatiert der Autor, dass Marx in den Zeiten des Antikommunismus als „gefährlicher Vorläufer totalitärer Regime“ abqualifiziert wurde, nach dem Zusammenbruch des Sowjetsystems und dem Ende des Kalten Krieges aber wieder ein unbefangener Blick auf ihn möglich sei. Des Weiteren erklärt er Marx’ Kernthesen und einige zentrale Begriffe seines Werkes.

Anschließend macht Körner in zwei kompakten Texten mit Leben und Werk von Karl Marx vertraut. Bei der Zusammenstellung der Auswahl hat er sich für die Chronologie entschieden, was den Vorteil hat, dem Leser einen Längsschnitt durch das Werk zu bieten. Dabei wurden überschaubare und aussagekräftige Texte ausgewählt und in einigen Fällen gekürzt. Jede Textauswahl wird zum besseren Verständnis mit einer kurzen Erläuterung eingeleitet, die einige Informationen zu den historischen und sozialen Hintergründen gibt.

Den Auftakt der Textauswahl macht der Aufsatz die Debatten über Preßfreiheit und Publikation der Landständischen Verhandlungen. Mit dem Beitrag für die Rheinische Zeitung aus dem Jahr 1842 attackierte Marx den regierungsamtlichen Journalismus und die politische Ohnmacht des Landtages. Die nächsten Texte stammen aus Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie (1843) sowie den Thesen über Feuerbach (1845). Die elf Thesen dokumentieren die Rolle, die Marx der Wissenschaft zumaß. Zugleich waren sie eine Herausforderung an die Philosophie. Friedrich Engels hatte die Punkte erst 1888 in Marxʼ Nachlass entdeckt.

Das gemeinsam mit Friedrich Engels verfasste Kommunistische Manifest (1848) ist das Marx’sche Werk mit der höchsten Auflage und zugleich der höchsten Wirkung. Der programmatische Text war das politische Programm des Bundes der Kommunisten, der sich die weltweite Befreiung des Proletariats von Unterdrückung und Ausbeutung zur Aufgabe gestellt hatte. Marxʼ Vorträge Lohnarbeit und Kapitel (1849) vor dem Deutschen Arbeiterverein sind erste Beispiele seiner materialistischen Geschichtsanschauung. Im Vorwort Zur Kritik der Politischen Ökonomie (1859) schildert Marx seinen intellektuellen Werdegang und entwickelt sein Konzept des historischen Materialismus.

Natürlich fehlt auch ein Textausschnitt aus Das Kapital (1867) nicht. Hier ging es Marx um die Aufklärung über Entstehung, Entwicklung und Tod des Kapitalismus. Sein Hauptwerk ist eine große Anklage des Frühkapitalismus im viktorianischen England des 19. Jahrhunderts. Ein Höhepunkt der Kritik ist das apokalyptische 24. Kapitel über die ursprüngliche Akkumulation, das in die Auswahl aufgenommen wurde. Abgeschlossen wird die dtv-Zusammenstellung durch einen Text aus der Kritik des Gothaer Programms (1875), in der Marx einige polemische Bemerkungen zum deutsch-sozialdemokratischen Programm äußerte. Das Karl-Marx-Lesebuch lädt mit seinen Texten zu einer Entdeckung seiner wichtigsten Werke ein. Sie zeigen Marx nicht nur als tiefen Denker und Wirtschaftstheoretiker, sondern verdeutlichen auch die Aktualität seiner Gedanken und Erkenntnisse.

Titelbild

Karl Marx: Es kommt darauf an, die Welt zu verändern. Ein Karl-Marx-Lesebuch.
Herausgegeben von Klaus Körner.
dtv Verlag, München 2018.
463 Seiten, 20,00 EUR.
ISBN-13: 9783423281614

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