Mister Einbahnvogel

Haruki Murakamis Bücher sind raumgreifend, tief, universell - bis auf die misslungenen. Ein Streifzug durch die zweite Liga der Murakami-Literatur

Von Stefan MeschRSS-Newsfeed neuer Artikel von Stefan Mesch

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Karge, klare Sätze. Straffe Leserführung. Kein Elitismus. Und nie ein Wort zuviel: Seit dreißig Jahren schreibt Haruki Murakami Romane, Erzählungen (und hin und wieder Essays sowie Journalistisches), so unaufdringlich-schön, dass alle Welt sich eingeladen fühlt: "Besondere" Bücher, geschrieben für alle und keinen; Konfektionsware für Individualisten und Exzentriker, Magie von der Stange. Ein Stil wie ein Hamburger: weich und warm und widerstandslos lecker. Plots wie ein Milchshake: sahnig-massiv-bunt und lecker pampig-widerständig. Geschichten über Alltag im Spätkapitalismus und die halbversteckten Türen, vielleicht nur erträumt, die hinter diesem Alltag auf das Eigentliche, das Magisch-Ungreifbare weisen; Romane, die man jedem - jedem! - schenken kann, der Lesende wird automatisch baden im Gefühl, hier spräche ein Autoren-Ich zu ihm, ganz persönlich.

Zum Einstieg: "Kafka am Strand" (2002). Das Hauptwerk: "Mr. Aufziehvogel" (1994 / 95). Für den Urlaub: "Sputnik Sweetheart" (1999). Sturm und Drang: "Naokos Lächeln" (1987). Und überhaupt am allerbesten, traurig-großartig und rundherum phantastisch cyberpunkig: "Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt" (1985). Man kann bei Murakami fast nichts falsch machen: Stilistisch geschult an den Short Stories der amerikanischen Moderne (Fitzgerald, Faulkner, später Salinger und Carver), haut der 1949 in Kyoto geborene Autor ohne größere Ermüdungen wunderbar lesbare Texte raus, international erfolgreich und trotzdem irgendwie exotisch-japanisch, zauberisch-universell, authentisch und eigen. Wahrscheinlich sind es täglich im Durchschnitt acht Minuten, die jeder Buchhändler und Kritiker damit verbringt, sich still über diesen Kerl zu freuen.

Hin und wieder allerdings kommen Bücher, auf die sich verzichten ließe: beliebig wirkende Kurzgeschichtensammlungen (zwei, drei gute Texte neben zwanzig Jahre alten Schnellschüssen). Die editorisch arg planlosen "Untergrundkrieg"-Protokolle. Oder der flügellahme Kurzroman "Afterdark": zweite Liga. Besonders in der kurzen Form wird es bei Murakami oft geschwätzig: "Einen Roman zu schreiben bedeutet eine Herausforderung für mich, Kurzgeschichten zu schreiben ein Vergnügen", schreibt er im Vorwort seiner Kurzgeschichtensammlung "Blinde Weide, schlafende Frau". "Wenn das Schreiben eines Romans dem Pflanzen eines Waldes gleicht, dann gleicht das Schreiben von Kurzgeschichten dem Anlegen eines Gartens." Ein Vergnügen, das sich nicht überträgt: Kies und Primeln. Eine kitschige Laterne und ein kleiner fetter Maulwurf mit Spitzhacke und Bauhelm. Im Wald gibt es mehr zu entdecken.

Die Kurzgeschichtensammlung "Blinde Weide, schlafende Frau"

"Blinde Weide, schlafende Frau" bündelt 24 klassische Short Stories, geschrieben zwischen 1983 und 2005. Einige - "Birthday Girl", "Tony Takitani", "Die Geschichte von der armen Tante" - sind vorher anderswo auf Deutsch erschienen. Ins Inhaltsverzeichnis, neben die Titel der Texte, lassen sich kleine Smileys krakeln: Bei sechs Texten lächeln sie, bei fünfen schauen sie traurig. Beim Großteil aber kuckt der Smiley unberührt-gelangweilt, der Mund ein schmaler, waagrechter Strich. "Ich gehe ins Büro", erklärt Murakami seine Vorgehensweise bei Kurztexten, "setze mich an den Schreibtisch, mache meine Arbeit, und das war's. [...] Gewöhnlich brauche ich eine Woche, um eine Geschichte in eine einigermaßen lesbare Form zu bringen." So liest sich das dann auch: einigermaßen lesbar.

Meist sind es männliche, etwas verlorene Ich-Erzähler, unter denen sich unvermittelt der Boden auftut. Seltsame Bekanntschaften, geheimnisvolle Begegnungen, das Ich bleibt staunend, passiv, schaut nur für einen Augenblick hinein in eine Anderswelt. Nach ein, zwei Szenen wird dann wieder ausgeblendet, vieldeutig und lakonisch, genau an jenem Punkt, an dem ein Weiterschreiben Festlegung bedeuten würde: "Blinde Weide, schlafende Frau" führt zwanzigmal denselben Trick vor, Schwebezustände, ein bisschen parabelhaft, ein bisschen augenzwinkernd. Rätselbilder, ein bisschen manieriert.

"Sex mit ihr war anders, als er ihn jemals erlebt hatte. Er erinnerte ihn an ein kleines Zimmer, an ein ordentliches, hübsches, gemütliches Zimmer. Und von der Decke hingen bunte Schnüre verschiedener Struktur und Länge. Jede einzelne erschien ihm verführerisch, ließ ihn erbeben. Er wünschte sich, an ihnen zu ziehen, und die Schnüre warteten darauf, dass er an ihnen zog. Doch er wusste nicht, an welcher. Er hatte das Gefühl, wenn er an einer zöge, würde sich vor seinen Augen jäh eine herrliche Landschaft entfalten; oder aber, alles ginge im selben Moment zunichte. Und daher zögerte er, und während er noch zauderte, ging ein weiterer Tag zu Ende." Eingeklappte Sonnenschirme auf der Terrasse eines Hotels, "wie schlafende Flugsaurier". Ein Ohrläppchen, "prall wie eine frischgebackene Madeleine".

Ein konsequentes Aufgreifen und Weiterspinnen dieser ambivalenten Bilder klappt nur selten: sie bleiben Wegwerfware, Spar-Menü- und Kinderteller-Schnupperpreis-Probiergrößen-Versionen der gängigen Murakami-Motivik (Entfremdung, Ausbruch, unbewusste Sehnsucht). "Ich war ganz allein, wie ein Schild ohne Aufschrift, das mitten in der Wüste steht." "Meine Freunde zogen sich einer nach dem anderen von mir zurück. Ich kam mir vor wie ein Kamm, der seine Zinken verliert." "Der Mond war eine alte Steinkugel, deren Haut die Zeit zerfressen hatte. Die Schatten auf seiner Oberfläche waren wie Krebsgeschwüre, die ihre unheilvollen Fühler ausstreckten."

Das Problem sind nicht die grauen, hastig hingewischten Unschärfen von solchen Bildern (Geschwüre mit Fühlern?) oder das Pathos. Sondern die Auswechselbarkeit, mit der sich alles runterspult. Das Gefühl, dass da jetzt ebenso gut stehen könnte: "Der Mond sieht aus wie eine frisch gebackene Madeleine. Die Schatten auf seiner Oberfläche wie schlafende Flugsaurier. Ich bin ein Krebsgeschwür, das seine unheilvollen Fühler ausstreckt. Meine Freunde sind Schilder ohne Aufschrift. Das Leben ist ein Kamm, der seine Zinken verliert". "Mit alldem", schreibt Murakami an einer Stelle, "will ich gar nichts Tiefsinniges sagen, außer vielleicht: So ist das Leben". Ja: Genau so. Oder doch ein wenig anders. Oder doch komplett verschieden. Egal. Am Schreibtisch sitzen. Bilder anhäufen und traurige Stimmungen. Am Schreibtisch sitzen. Die Arbeit machen. Und das war's.

Die Monografie "Murakami und die Melodie des Lebens. Die Geschichte eines Autors"

"Murakami und die Melodie des Lebens" greift genau dieses Problem auf: die Beliebigkeit (im letzten Schritt: Bedeutungslosigkeit) fast gänzlich austauschbarer Bilder und Motive. Und überträgt es vom Primärtext in die Exegese: Jay Rubin, Übersetzer und Bekannter Murakamis und Professor für japanische Literatur in Harvard, hat ein 300-Seiten-Buch geschrieben, halb Werk- und Presseschau, halb Biografie. Chronologisch umreißt Rubin alle Bücher und Kurzgeschichtensammlungen Murakamis bis einschließlich "Kafka am Strand", erzählt ausführlich Handlung nach und stellt Spekulationen an über kulturelle Faktoren wie Individualität, Machtdistanz und Unsicherheitsvermeidung im Ost-West-Vergleich. Rubin untersucht die Murakamiwelt entlang der stimmigen, aber etwas nichtssagenden These, Murakamis Ich-Erzähler sei jedes Mal "die einzig echte 'Persönlichkeit', dessen Wahrnehmungen stets fasziniert. Die anderen Charaktere sind Funktionen seiner Psyche". Alles bedeutet allerlei. Und "Identität" ist auch sehr wichtig.

Quellenreich und flüssig geschrieben, darf man dem Buch zu Gute halten, dass es Haruki Murakamis Werk auf einer sehr, sehr grundsätzlichen Ebene absolut begreift. Rubin trifft die wesentlichen Punkte. Und nimmt sie ernst: Belegt durch viele Selbstaussagen Murakamis erläutert er, mit welchen Gesten und Haltungen sich hier ein Themenkosmos etabliert als Gegenwelt und -stimme in der japanischen Literatur (und Mentalität). Was neu ist, spannend, innerhalb Japans. Und andererseits den Nerv des Westens trifft. Murakami schreibt: "Als ich in meiner Jugend zu schreiben begann, hatte ich nur einen Gedanken: der 'Condition Japonaise' zu entkommen. Ich wollte mich so weit wie möglich vom Fluch des Japanischen entfernen..." - und Rubin schneidet selbstbewusst dagegen: "Als Japan nicht nur Fluchtimpulse, sondern wieder Interesse in ihm weckte, begannen 'wirkliche' Menschen seine Romane zu bevölkern."

Vollmundig philosophierend (wenn auch stets an konkreten poetologischen Selbstaussagen Murakamis illustriert) reiht Rubin alle Einzelpublikationen auf einen roten Faden, erklärt im Nachhinein mit unerschütterlicher Souveränität, wie Murakamis jeweilige Haltungen und Interessen das jeweils aktuelle Buch bedingten, und wie sich umgekehrt die fertig publizierten Bücher auch wieder zurückschlüsseln lassen zu Wegpfosten eines literarischen Reifeprozesses: "Man könnte seine Arbeit als eine stilistische Ein-Mann-Revolution bezeichnen, durch die er eine neue urbane, kosmopolitische und deutlich amerikanische Würze in die japanische Literatur einbrachte."

"Murakami und die Melodie des Lebens" ist ein Buch, in dem man sich gut aufgehoben fühlt; auch, wenn Rubin mitunter geschmäcklerisch wird, statt Forscher lieber Kritiker oder Lektor spielt: Vor allem "Kafka am Strand" kommt dabei nicht gut weg: "[...] die Romangestalten bewegen sich oft so umher, wie es für den Autor praktisch ist, und nicht konsequent nach den Regeln eines entweder fantastischen oder realistischen Systems. Offenbar erfindet Murakami die Regeln unterwegs. Das ist ungefähr so, als ob wir in einem Vampir-Roman im letzten Kapitel plötzlich erfahren, dass Vampire nicht nur durch Knoblauch und durch das Kreuzzeichen verwundbar sind, sondern auch durch Ketchup, weswegen der Held den bösen Vampir besiegen kann, indem er ihn mit einem Hamburger füttert. Alles ist erlaubt."

Jay Rubins Buch ist tatsächlich die "Geschichte eines Autors". Ein bisschen hakelig erzählt. Ein bisschen wahllos und geschwätzig. Altklug und stellenweise ziemlich langweilig. Was schmerzlichst fehlt bei all der Hagiografie und Meinungsmache, sind Interpretation und Textarbeit, close reading: "[Murakamis Romane sind] häufiger Kompilate aus kürzeren Erzählungen als tragende architektonische Gebilde. Sie verblüffen und verwirren, amüsieren und erleuchten, aber nur selten führen die einzelnen Fäden am Ende zusammen. In dieser Hinsicht teilen sie die Neigung zur Kürze und Fragmentarisierung, die man an japanischer Literatur häufig beobachten kann." Und weiter?

Kein Wort darüber: Woher sich Murakamis Motivik (Brunnen! Katzen! Türen!) speist. Wie diese Bilder binnenkulturell belegt sind. Und was sich finden lässt im Allerlei der flirrenden Bedeutungsflatterei, wenn man das Auf und Ab von einzelnen Motiven übers Gesamtwerk weg verfolgt: "Der gespenstische Raum voller Skelette, den [der Protagonist] in der Innenstadt von Waikiki findet, hat etwas knirschend Artifizielles." Stimmt absolut - nur sind das eben Urteile, die man sich auch alleine zimmern kann.

Es ist zum Heulen: Einer der international erfolgreichsten Erzähler reiht ständig Rätselbilder aneinander, oft ohne sichtbare Motivation. Ein Harvardprofessor nimmt sich 300 Seiten Raum, um diesen Autor vorzustellen. Und schreibt im Wesentlichen: "Es gibt sehr viele Rätselbilder. Oft ohne sichtbare Motivation."

Die Essaysammlung "Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede"

Ein großes Stück konziser liest sich das aktuellste Murakami-Buch. Auch, weil dort die Schreibmotivation viel stärker deutlich wird: Gesammelt unter der gutgelaunten Carver-Paraphrase "Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede", zeichnet Murakami in einer Reihe kleiner Essays ein sehr persönliches Bild von Ausdauer, Sport, Schriftstellerei und privaten Passionen. Verfasst im entspannten Plaudertonfall in den Sommern 2005 und 2006, begeleitend zum Training für verschiedene Marathonläufe und einen Triathlon. Klingt eitel und obskur - erweist sich aber als erkennbar dringliches (und also: spannendes!) essayistisches Selbstzeugnis.

"Eine Art laufendes Tagebuch" hatte Murakami im Sinn, der seit den frühen 1980er-Jahren täglich Langstrecke läuft und an Marathons teilnimmt: "Vielleicht hat es etwas mit Pedanterie zu tun, aber ich kann viele Dinge nur begreifen, indem ich meine Gedanken zu Papier bringe. Ich muss verfassen, um zu erfassen. Was Laufen für mich bedeutet, musste ich mir sozusagen durch meiner Hände Schreibarbeit verdeutlichen. [...] Meine Erkenntnisse lassen sich vielleicht nicht verallgemeinern, aber was ich hier zeigen möchte, bin ich - der Mensch, der ich bin."

Große Vorsätze. Sie werden eingelöst: Tastend, mit großem Ernst, spürt Murakami den Faktoren nach, die ihn mit Anfang 30 vom Inhaber einer Jazz-Bar zum Erzähler umschwenken ließen. Ursachen und Korrelationen, Entscheidungen, Parameter, Spannungsfelder, Dispositionen: Was haben Einsamkeit und Ausdauer miteinander zu tun? Inspiration und Kontrolle? Versagen und Motivation? Begabung und Kraft?

Murakami nutzt das ganz, ganz Konkrete, das alltägliche Moment regelmäßigen Laufens, für die allergrößten Fragen. Fragen, auf die er mitunter selbst keine Antwort hat (das ist, bei Selbstaussagen von Schriftstellern, ungewohnt und irre sympathisch: "Essay" hier tatsächlich im eigentlichen Wortsinn, als Annäherung, Probe, Versuch). So bleibt "Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede" ein Buch, das wirklich und tatsächlich in erster Linie vom Laufen selbst erzählt, präzise und bescheiden und ohne selbstgerechte "Mein langer Lauf zu mir selbst"-Eitelkeiten.

"Schriftsteller, die nicht mit überragender Begabung ausgestattet sind - die gerade so über die Runden kommen -, sind schon von Jugend an gezwungen, an sich zu arbeiten. Sie müssen ihre Konzentrationsfähigkeit und Ausdauer durch Übung steigern, um auf diese Weise (bis zu einem gewissen Grad) ihre geringere Begabung wettzumachen. Aber während sie sich plagen, könnte es geschehen, dass sie ihr wahres, verborgenes Talent entdecken. Schwitzend graben sie ein Loch in die Erde und stoßen plötzlich auf eine in der Tiefe verborgene Wasserader." Näher dran am eigenen Ich als in den übervollen fiktionalen Texten, speist sich der kluge Ich-Beobachter Murakami aus einer Dringlichkeit, die (anders als in den Geschichten) gar keine Mehrdeutigkeiten zulässt: Hier will jemand gehört und verstanden werden.

Passagenweise ist das eher anstrengend und doof. Nichts leuchtet. Nichts schwebt; alles bedeutet, was es nun mal bedeutet. Lauftraining in Cambridge, den Charles River entlang: "Heute sah ich eine dicke kanadische Wildgans tot am Flussufer liegen. Außerdem entdeckte ich ein totes Eichhörnchen unter einem Baum. Beide wirkten, als würden sie fest schlafen, aber sie waren wirklich tot. Ihr Ausdruck war ruhig, als hätten sie das Ende ihres Lebens akzeptiert, als wären sie endlich befreit. Am Bootshaus begegnete ich einem Obdachlosen, der mehrere Schichten schmutziger Kleider trug. Er schob einen Einkaufswagen vor sich hier und sang mit lauter Stimme 'America the Beautiful'. Ob sein Gesang von Herzen kam oder ob er es sarkastisch meinte, konnte ich nicht unterscheiden. Jedenfalls zeigt der Kalender nun Oktober. Im Nu wird auch dieser Monat vorüber sein. Die kalte Jahreszeit steht vor der Tür." Leerlauf, Zeitschinderei; Beobachtungen vom Grabbeltisch.

"Ich gehe ins Büro, setze mich an den Schreibtisch, mache meine Arbeit, und das war's." Bei allen Falltüren und -stricken in seiner Prosa versagt sich Murakami der Legendenbildung (Genieästhetik / Inspirationskitsch): Karge, klare Sätze. Straffe Leserführung. Kein Elitismus. Und nie ein Wort zuviel. All diese Schlüsselreize aufzugreifen und zu reflektieren, sich in die Position zu fügen: "Das ist keine diffuse Kunst. Das ist Arbeit. Und das bin ich", beweist Haltung. Und leiht den Büchern Würde, Größe, Wärme. Trägt bei zur ungeheuren Strahl- und vielleicht Sprengkraft.

Nur greift es leider einen Schritt zu kurz, wenn man am Ende dieser Lebens-, Denk- und Bilderketten auch in "Wovon ich rede..." schon wieder vor den (fast wortgleichen) Sätzen steht: "Vielleicht bleibt mir auch am Ende nur zu sagen: So ist das Leben. Wir können es nur akzeptieren, wie es ist, ohne für alles die Gründe zu kennen." Es endet, wie so oft, am Nexus aller Murkami-Welten: Am Punkt, an dem die Ungewissheit herrscht, an dem das Wissen endet und etwas anderes beginnt. Eine Grenze, ein Terrain, das niemand so genau kartografiert wie Murakami. Nur wäre es sympathischer, den Schriftsteller als nimmermüden Forschergeist zu wissen, der die Barrieren, Türen, knacken hören will, sich blutig kratzt an ihrem Widerstand. Statt nur zu illustrieren: "Schaut her, hier ist die Grenze! Hier wird es magisch und ungreifbar." Und alles bedeutet allerlei. Und "Identität" ist auch sehr wichtig. Bilder wie Kies. Gedanken wie Primeln. Drei Bücher, die vor der Zielgeraden einfach stoppen. Und sagen: "Weiter kommt keiner". Drei Bücher, die es sich zu einfach machen.


Titelbild

Jay Rubin: Murakami und die Melodie des Lebens. Die Geschichte eines Autors.
Übersetzt aus dem Englischen von Ursula Gräfe und Angela Praesent.
DuMont Buchverlag, Köln 2004.
382 Seiten, 22,90 EUR.
ISBN-10: 3832178708

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Titelbild

Haruki Murakami: Blinde Weide, schlafende Frau. Erzählungen.
Übersetzt aus dem Japanischen von Ursula Gräfe.
DuMont Buchverlag, Köln 2006.
410 Seiten, 22,90 EUR.
ISBN-10: 3832179526

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Titelbild

Haruki Murakami: Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede.
Übersetzt aus dem Japanischen von Ursula Gräfe.
DuMont Buchverlag, Köln 2008.
160 Seiten, 16,90 EUR.
ISBN-13: 9783832180645

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