Wo der Sand knirscht

Wilhelm Baums Abriss österreichisch-französischer Kulturbeziehungen zwischen 1880 und 1970

Von Rolf LöchelRSS-Newsfeed neuer Artikel von Rolf Löchel

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Dass österreichische und französische Kulturschaffende im ausgehenden 19. Jahrhundert und mit Unterbrechungen bis weit in das 20. Jahrhundert hinein in regem Austausch standen, dürfte weithin bekannt sein. Wilhelm Baum hat nun eine Untersuchung über das Thema mit besonderem Augenmerk auf Besuche österreichischer KünstlerInnen in der französischen Hauptstadt vorgelegt. Außerdem beschränkt er seine unter dem Titel "Paris und die Kultur der Moderne in Österreich" erschienene Studie auf den Zeitraum zwischen 1880 und 1970, also von der Zeit an, zu der sich "österreichische Musiker, Dichter und Denker" wie Franz Liszt, Hermann Bahr oder Sigmund Freud in Paris aufhielten, bis zur "Abwanderung der Künstler nach New York um 1970". Wie der Autor eingangs erklärt, beabsichtigt sein Unternehmen, "möglichst viele Sparten der gegenseitigen Einflussnahme zu untersuchen und neben den österreichischen Quellen auch französische Biografien, Memoiren, Tagebücher und Briefeditionen zu verwerten, soweit sie gedruckt vorliegen". Dies lässt dreierlei erahnen: Zum Ersten schätzt der Autor Quantität höher als Qualität, zum Zweiten hält man keine Ideen- oder Kulturgeschichte, sondern eher eine Ereignisgeschichte in Händen und zum Dritten sind wohl kaum neue aus bislang unbekannten Archivalien oder sonstigen Fundstücke gewonnenen Erkenntnisse zu erwarten. Keine dieser Ahnungen trügt.

Eine zentrale, gar innovative These verbindet Baum mit seiner Darstellung nicht. Statt in den Tiefen des Theoretischen und Analytischen zu schürfen, neigt sein Buch vielmehr dazu, sich auf der Oberfläche des Biografischen, gelegentlich Anekdotischen zu verlieren. Dies kann allerdings angesichts der Konzeption und wegen des weitgefächerten Themas, das Literatur und Musik ebenso umfasst wie die bildenden Künste und auch die Psychoanalyse, nicht überraschen. Ebenfalls erwartbar ist, dass sich bei einem solchen Unterfangen der eine oder andere Fehler einschleicht. So etwa wenn Baum Paul Celans erstem Gedichtband den Titel "Der Sand in den Uhren" zuschreibt, wobei er pikanterweise darauf hinweist, dass der Band seinerzeit "aufgrund zahlreicher Druckfehler auf Anordnung des Autors eingestampft" worden war.


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Wilhelm Baum: Paris und die Kultur der Moderne in Österreich. Österreichisch-französische Kulturbeziehungen 1880-1970.
Verlag KITAB, Klagenfurt 2009.
287 Seiten,
ISBN-13: 9783902585189

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