Weltliteratur im Einkaufsbeutel

Preisgünstige Werksausgabe von Halldór Laxness

Von Manfred OrlickRSS-Newsfeed neuer Artikel von Manfred Orlick

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Halldór Laxness (eigentlich Halldór Gudjonsson, 1902-1998) war der bedeutendste isländische Schriftsteller und Epiker von Weltrang, der auch außerhalb seines Heimatlandes hoch geehrt wurde, vor allem durch seine Romane und Erzählungen. 1955 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Er war auch einer der wichtigsten Kulturbotschafter seines Landes, das zwar nur eine knappe Viertelmillion Einwohner hat, dafür aber über eine reiche literarische Tradition verfügt.

Die Einflüsse auf sein Schaffen waren sehr vielseitig und reichten vom Expressionismus über den Surrealismus und Katholizismus bis hin zu sozialistischen Ideen. Diese Vielfalt der Anschauungen und Religionen lernte er auf ausgedehnten Auslandsreisen kennen und integrierte sie in seinen erzählerischen Kosmos. Aufgewachsen auf dem Hof Laxness (nach dem er sich später nannte), debütierte er bereits als 17-jähriger. Bis zu seinem Tode folgte eines der gewaltigsten Werke der europäischen Literatur des 20. Jahrhunderts.

Laxness’ Verdienst war es außerdem, einen epischen Sagastil zu entwickeln, in dem er die mittelalterlichen Sagas aufnahm und sie mit der literarischen Moderne meisterhaft umgestaltete. Seine Werke sind zwar stets seiner isländischen Heimat verbunden, doch sie greifen auch allgemeine politische und gesellschaftliche Entwicklungen auf.

Im Göttinger Steidl Verlag ist nun eine dreizehnbändige Taschenbuchausgabe von Laxness’ Romanen und Erzählungen erschienen. Diese Werksausgabe wurde von Hubert Seelow herausgegeben und betreut. Im Mittelpunkt stehen natürlich die großen und weltbekannten Romane des großen Erzählers und Essayisten. Sein großes Epos „Die Islandglocke“ (1943-46) spielt um die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert, als Island der dänischen Krone unterstand. Laxness stellte hier die verzweifelte Lage der Isländer unter dem Joch der dänischen Unterdrücker dar.

In „Sein eigener Herr“ (1934/35) schilderte Laxness den vergeblichen Versuch eines Knechtes, in die Klasse der landbesitzenden Bauern aufzusteigen. In der Tetralogie „Weltlicht“ (1937/40) setzte er sich mit der Geschichte eines armen, missachteten Volksdichters auseinander. Von weiten Kreisen Islands wurde er wegen dieser beiden Romane als Nestbeschmutzer angefeindet.

Auch sein Roman „Atomstation“ (1948) war wieder von großer Brisanz. Hier prangerte er vor dem Hintergrund der umstrittenen Entscheidung des isländischen Parlaments, den USA die Errichtung einer Militärbasis in Island zu gestatten, die demoralisierenden Einflüsse der Besatzer an.

Nach der Verleihung des Nobelpreises 1955 standen nicht mehr tagespolitische und sozialistische Themen im Vordergrund, Laxness wandte sich nun mehr allgemein menschlichen Problemen zu. „Das Fischkonzert“ (1957) ist ein typisches Beispiel für die Werke dieser späteren Jahre. Es sind die Erinnerungen eines Mannes an seine Kindheit in einer heilen Welt. Auch „Das wiedergefundene Paradies“ (1960) und „Am Gletscher“ (1968) erzählen von einfachen isländischen Menschen.

Neben diesen bekannten Epen bringt die Steidl-Werksausgabe auch weniger bekannte Romane sowie den Band „Ein Spiegelbild im Wasser“, der realistische, mystische und exotische Geschichten versammelt. Sie zeugen ebenfalls von der Beobachtungsgabe und der Fabulierkunst des isländischen Schriftstellers.

Der schmalste Band bringt schließlich „Materialien zu Halldór Laxness“. Neben Stimmen zu Laxness geht der Herausgeber Hubert Seelow hier vor allem auf das Verhältnis von Laxness und Deutschland ein, so zur Geschichte der deutschen Laxness-Übersetzungen in der Nachkriegszeit.

Fazit: Eine lobenswerte und äußerst preisgünstige Werksausgabe des Nobelpreisträgers Halldór Laxness, die zum Transport gleich einen stabilen Beutel mitliefert.

Titelbild

Halldór Laxness: Taschenbibliothek.
Steidl Verlag, Göttingen 2011.
4136 Seiten, 48,00 EUR.
ISBN-13: 9783869303611

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