Aus der Jugend des Ritters vom Geiste

Zur Neuedition von Karl Gutzkows Schrift „Aus der Knabenzeit“

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Karl Gutzkow gehört im 19. Jahrhundert zu der Garde der Vielschreiber. Den Eingang in die Literaturgeschichtsschreibung fand er mit dem Roman „Wally die Zweiflerin“ (1835), der im Jahr 1835 einen für damalige Verhältnisse öffentlichkeitswirksamen Sexskandal auslöste. Liest man es nach, so wird irgendwo in dem Roman in Aussicht gestellt, dass eine leicht bekleidete junge Dame an einem Fenster erscheinen könnte, so dass der Leser einen Hauch von Nacktheit imaginieren kann. Was damals dem Autor Festungshaft einbrachte und zu einem Umschwenken und Umdenken in der Äußerung seiner politischen Meinung führte, lässt heute kaum noch einen Leser überhaupt einen Band oder einen Text von Karl Gutzkow in die Hand nehmen. Er ist nahezu ganz in den universitären Untergrund der Literaturwissenschaft verschwunden. Einzig die – allerdings auch größtenteils im universitären Bereich verortete – umfassende digitale und teilweise auch „analoge“ Edition des Werkes von Karl Gutzkow im Oktober Verlag und die Editorengruppe um die digitale Edition pflegt die regelmäßige editorische Beschäftigung mit dem Verfasser der „Ritter vom Geiste“ und des „Zauberers von Rom“.

Auch Peter Hasubek, der Herausgeber der vorliegenden Edition, hat 2006 die autobiografische Schrift „Rückblicke auf mein Leben“ im Rahmen der Gutzkow-Edition herausgegeben. Da verwundert es, dass nun außerhalb des Editionsprojektes eine separate Ausgabe einer der zentralen autobiographischen Schriften Gutzkows erschienen ist. Und dies bei einem Verlag, der vor allem durch seine solche Neueditionen eher verhindernden Reprinteditionen bekannt ist. Schade, das man die Energie nicht für einen weiteren Band der Werkedition aufgewendet hat, zumal „Aus der Knabenzeit“ auch in der Liste der noch in Vorbereitung befindlichen Bände Peter Hasubek als Bearbeiter des Bandes nennt, ohne dabei einen Erscheinungstermin zu avisieren.

Vor uns liegt ein ordentlich gemachtes Bändchen, fadengeheftet und mit einem grauen Lesebändchen versehen. Der Text ist neu gesetzt. Man findet im Anhang Dokumente zur Rezeptionsgeschichte, einen mehr als ausführlichen Kommentar, eine editorische Vorbemerkung und ein paar Hinweise zur „Entstehung und Rezeption“, ein Literaturverzeichnis und ein Nachwort. Sogar einen Reprint von einem zeitgenössischen Stadtplan Berlins hat der Verlag spendiert. Und so hat man denn eigentlich ein schönes kleines Bändchen in der Hand und ist doch ein wenig verärgert, dass man sich nicht hat verständigen können, die Edition im Oktober Verlag zu veröffentlichen. Denn ein weiteres Gutzkow-Projekt braucht die Welt eigentlich nicht. Aber vielleicht war es ja ein lukratives Angebot, das hinter dieser Edition steckt. Sei dem Band also die ihm gebührende Verbreitung zu wünschen.

Titelbild

Karl Gutzkow: Aus der Knabenzeit (1852). Textkritische und kommentierte Ausgabe.
Herausgegeben von Peter Hasubek.
Georg Olms Verlag, Hildesheim 2013.
350 Seiten, 48,00 EUR.
ISBN-13: 9783487148960

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