Ein Pionier der experimentellen Literatur

Das große Lesebuch von Franz Mon

Von Manfred OrlickRSS-Newsfeed neuer Artikel von Manfred Orlick

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der Frankfurter Schriftsteller und Künstler Franz Mon (Jahrgang 1926) gehört nicht nur zu den Pionieren und wichtigsten Vertretern der Konkreten Poesie in Deutschland, auch international hat er zu der Entwicklung dieser experimentellen Literaturform wesentlich beigetragen. Bereits mit seiner ersten beachteten Publikation „Artikulationen“ (1959) vermittelte er programmatisch und experimentierend die Praxis und Theorie seiner besonderen Auffassung von Konkreter Poesie. Auch mit seinen theoretischen Schriften wie „Zur Poesie der Fläche“, „Texte in den Zwischenräumen“ (beide 1966) oder „Buchstabenkonstellationen“ (1967) leistete Mon wichtige Beiträge zur Etablierung der Konkreten Poesie. Seine visuellen Arbeiten werden seit den 1960er Jahren immer wieder in Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland gezeigt.

Im S. Fischer Verlag ist nun mit „Zuflucht bei Fliegen“ ein Franz-Mon-Lesebuch erschienen, das zum Teil erstmals publizierte Texte von Franz Mon aus über sechzig Jahren versammelt. Diese umfassende Werkschau ist in 18 Kapitel untergliedert, wobei der älteste Text, die rätselhafte Erzählung „Der Friedhof östlich vom Nil“, aus dem Jahr 1948 stammt, der jüngste ist von 2012.

Einige Kapitel gehen chronologisch vor, andere widmen sich speziellen Themenkomplexen der Konkreten Poesie von Franz Mon. So präsentiert das Kapitel „Wörter voller Worte“ zum Beispiel Worttaktiken, formale Strategien und Verbalrezepturen, die an die Stelle von poetischen Inhalten treten. Buchstaben, Wörter und Sätze werden aus ihren Sinnzusammenhängen gerissen und in ihrer zeichenhaften Materialität zergliedert.

Das Lesebuch bietet auch zahlreiche Collagen, mit denen Franz Mon ebenfalls Literaturgeschichte geschrieben hat. Die Collage war für ihn ein wichtiges Stilmittel und verbindendes künstlerisches Element. So charakterisierte er seine Bilder als Streifen- oder Recyclingcollagen, zentrierte Collagen, Reißcollagen, Versalcollagen, Objektbilder oder Wortbilder. Daneben nutzte Franz Mon die Sprache auch für künstlerische Grenzüberschreitungen in andere Richtungen, so umfasst sein Œuvre außerdem zahlreiche Hörspiele und Schallplatten, die hier natürlich keine Berücksichtigung finden konnten.

Dieses umfassende und vielseitig ausgestattete Lesebuch ist nicht zur kontinuierlichen Lektüre gedacht, vielmehr lädt es ein, sich einen umfassenden Überblick über das künstlerische Werk von Franz Mon zu verschaffen. Man kann das Buch auf jeder Seite aufschlagen und entdeckt überall verblüffende Poesie oder außergewöhnliche sprachliche Kombinationen. Komplettiert wird diese erste umfassende Werkschau durch zahlreiche Selbstkommentare des Autors und ein Nachwort des Dichters und Literaturwissenschaftlers Michael Lentz, der neben biografischen Informationen zu Franz Mon auch den thematischen Aufbau des Lesebuches beleuchtet.

Titelbild

Franz Mon: Zuflucht bei Fliegen. Lesebuch.
Herausgegeben von Michael Lentz.
S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2013.
496 Seiten, 26,99 EUR.
ISBN-13: 9783100490209

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