Unterwegs in der großen weiten Welt

Ein Erfurter Kaufmannssohn des 19. Jahrhunderts entpuppt sich als Globetrotter

Von Dirk KaeslerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Dirk Kaesler

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Das ganze 19. Jahrhundert hindurch nahm die Industriellenfamilie Lucius mit ihrer wirtschaftlichen Macht und ihrer konservativen und radikal monarchistischen Gesinnung eine überragende Stellung im Bürgertum Erfurts ein. Seit 1804 beherrschte die Textilindustrie die Kaufmannschaft, das Gewerbe und den Handel im Wirtschaftsraum der Stadt. Nach dem Tod des Textilunternehmers Johann Anton Lucius im Jahr 1810, der 1763 eine Firma für Wollstrümpfe in Erfurt gegründet hatte, wurde das Kapital zwischen dessen Söhnen Sebastian und Johann Michael aufgeteilt.

Dieser ältere Sebastian Lucius (1781–1857) führte die Firma weiter, die seit 1814 ihren Sitz im „Haus zum güldenen Hecht“ am Anger hatte, dazu kam später noch das Nachbarhaus „Zum großen und neuen Schiff“. Der katholische Unternehmer erweiterte durch zahlreiche Reisen nach Hamburg und Bremen sein kaufmännisches Wissen und verbrachte in den Jahren 1825 und 1833 längere Studienaufenthalte in England, vor allem in London, Liverpool, Manchester und Leeds. Von dieser Weiterbildung im Land der damals erfolgreichsten kapitalistischen Wirtschaft profitierte sein Erfurter Unternehmen, in dem hauptsächlich wollene Mützen und Strümpfe von mehr als 1.000 Arbeitern produziert wurden, die meisten davon im so genannten „Hausgewerbe“ in den umliegenden Landgemeinden. Nach dem Bankrott einer Konkurrenzfirma im Jahr 1831 übernahm Sebastian Lucius auch dieses Unternehmen, das sein Neffe unter dem Namen Carl Lucius & Co. fortführte. All diese Aktivitäten führten zu beträchtlichem Wohlstand der Familie Lucius, deren Name zweimal bei einer Aufstellung der höchsten Einkommen in Erfurt im Jahr 1841 auftaucht. Der Wahlspruch der Familie, Non dormire (Nicht schlafen), nimmt ein Motiv vorweg, das uns bei der Charakterisierung der Wirtschaftsethik in den Zeiten des modernen, rationalen Betriebskapitalismus durch die Feder Max Webers hinlänglich bekannt geworden ist. Und obwohl die Familien Lucius und Weber enge persönliche Verbindungen pflegten, „vergaß“ Max Weber bei seiner Großen Erzählung über den Zusammenhang zwischen dem „Geist“ des Kapitalismus und der protestantischen Werkethik zu erwähnen, dass die Familie Lucius katholisch war. Sie jedenfalls sollte wie keine andere Erfurter Familie die frühe familienkapitalistische Entwicklung dieser preußischen Provinzstadt bestimmen, in der der Soziologe Max Weber im Jahr 1864 geboren wurde.

Zugleich vollzog die Familie Lucius eine gesellschaftliche und politische Entwicklung, die Max Weber jun., Sohn des Erfurter Stadtrats Max Weber sen., so manche Zeile abnötigen sollte: die Feudalisierung des Bürgertums. Der Wollfabrikant und -großhändler Sebastian Lucius ordnete sich in die Reihen der „Junker“, der agrarischen Großgrundbesitzer Preußens, ein, als er im Jahr 1851 das Rittergut Kleinballhausen im Kreis Weißensee mit cirka 300 Hektar Fläche kaufte, das in seinen letzten Lebensjahren zu seinem Lieblingsaufenthaltsort wurde. Von den insgesamt sechs Söhnen des jüngeren Sebastian Lucius (1835–1914) wurde dessen jüngster Sohn, Robert Freiherr Lucius von Ballhausen, gewiss eines der bis heute bekanntesten Familienmitglieder. Er folgte seinem Vater nicht unmittelbar in das Textilgewerbe, sondern studierte Medizin in Heidelberg und Breslau, erbte das Rittergut und verfolgte ab 1870 eine erfolgreiche politische Karriere im Preußischen Abgeordnetenhaus und im Deutschen Reichstag. In mancherlei Hinsicht fungierte er als Vorbild für den Erfurter Stadtrat Max Weber sen., das dieser nie einholen konnte.

August Luciusʼ Buch „Auf alles gefasst, ausser aufs Umkehren. Erfurt, Havanna, Rom“ berichtet über einen entscheidenden Lebensabschnitt des ältesten Bruders dieses einflussreichen Politikers und Vertrauten Bismarcks. Im Jahr 1839 begab sich Anton Lucius auf große Reise durch England, Amerika, Kanada, Kuba und Mexiko und schrieb dabei wissbegierig über Naturwissenschaft, Flora, Glaube und Kirche, die Auswirkungen der Sklaverei, Brauchtum und Bauten. In Rom begegnete er von 1851 an zahllosen Künstlern und Kardinälen und berichtete eindrucksvoll vom Leben der geistigen Elite seiner Zeit in Italien. Mit seinen kurzweiligen Texten lässt uns der Maler, Kaufmann, Reisende, Reichstagsabgeordnete und Gutsbesitzer einen bunten und unterhaltsamen Blick in die Lebenswelten des preußischen Großbürgertums des 19. Jahrhunderts werfen. – Die Aufzeichnungen befanden sich bislang im Familienbestand und wurden dort als das „grüne Buch“ aufbewahrt. Die Texte seines Urgroßonkels gab nun der Journalist Robert von Lucius liebevoll heraus, der in den Jahren 1987 bis 2001 Korrespondent in Afrika für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, bis 2006 für Nordeuropa und die baltischen Länder und bis 2014 Landeskorrespondent für Niedersachsen, Bremen und Sachsen-Anhalt gewesen ist.

Die Briefe und Tagebuchaufzeichnungen des gerade einmal 20-jährigen, zumeist an seine Eltern und Geschwister, sind überaus vergnüglich zu lesen, denn der Autor hat Humor wie schon sein Brief aus Philadelphia vom 5. September 1839 an seine ein Jahr jüngere Schwester Clara anlässlich deren Verheiratung beweist:

Ich glaube bestimmt, daß Du glücklicher bist als früher, und freue mich, daß der Brautkranz den Nonnenschleier überwunden hat. Als Jungfer alt zu werden, ist ein hartes Loos, und selbst die ausgezeichnetsten Frauenzimmer vermögen es selten würdig zu ertragen. Wie ungerecht ist die Welt, welche die altgewordenen Mädchen zur Seite liegen läßt, ja verspottet.

Absicht seiner Reisen, die insgesamt sechs Jahre andauerten, war es, wie er seinem Vater noch aus Erfurt brieflich mitteilt, dass er „nach 7 oder 8 Jahren“ eben jene Erfahrungen erworben haben dürfte, „deren Mangel Du an mir beklagtest“, und die der Vater selbst durch seine eigenen Auslandsreisen erworben hatte. Die Korrespondenz verdeutlicht, dass August Lucius nach einem Aufenthalt in England, insbesondere in Manchester, wo er eine kaufmännische Lehre absolvierte, in Liverpool eines Tages spontan am 23. Mai 1839 ein US-amerikanisches Segelboot mit dem Ziel New York bestieg. Allein die detaillierte Schilderung der 35 Tage dauernden Überfahrt lohnt schon die Lektüre, wird dem Leser doch sehr eindrücklich geschildert, welche Strapazen und Gefahren mit einer solchen Reise in der damaligen Zeit verbunden waren.

Um zur Lektüre dieses unterhaltsamen Büchleins einzuladen, seien zwei Komplexe erwähnt: die Schilderung der Erlebnisse des Erfurter Kaufmannssohnes auf Kuba und die Wahrnehmungen dieses katholischen Preußen der römisch-katholischen Kirche im Vatikan.

Wo Sklaven sind, wird wenig gearbeitet

Die Beschreibungen seines Lebens in Kuba in den 1840er-Jahren zeigen uns einen aufmerksam-kritischen Beobachter der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse sowie einen scharfen Kritiker des Wirkens der dortigen Priesterschaft der katholischen Kirche. Erstaunlich dabei erscheint aus heutiger Sicht, wie stark der Einfluss der Deutschen am Wirtschaftsleben dieser reichen Insel zu jener Zeit war: „Die Deutschen nehmen hier den ersten Rang ein unter den Fremden und das bedeutendste americanische Haus in Habana hat deutsche Chefs.“ August Lucius selbst arbeitete für einen Kaufmann aus Bremen, Henry Rottman. Während seiner zahlreichen Exkursionen auf der Insel beobachtet der Erfurter Kaufmannssohn vor allem die mangelhafte Arbeitsmoral der Kubaner, wobei er erhebliche Unterschiede zwischen den Weißen und den Sklaven macht, die er folgendermaßen charakterisiert:

Im allgemeinen habe ich noch zu bemerken, daß die Leute sehr träg sind, die Weißen thun nicht die geringste Handarbeit, einige Handwerker ausgenommen. […] Die große Faulheit ist wohl dem Klima zuzuschreiben, aber nicht weniger dem Sklavenwesen, dessen schlechte Wirkung auf den Charakter des Volkes sowie auf die Industrie man schon in den südlichen Staaten der Union deutlich bemerkt. Wo Sclaven sind, wird weniger gearbeitet und zu Anlage von Fabriken ist keine Chance. Die Neger sind zwar gelehrig, aber so viele wie zur Arbeit einer Fabrik nötig ist zu kaufen, würde sich nicht rentieren. Was das Sclavenwesen im Allgemeinen anbetrifft, so habe ich darin eine verschiedene Meinung von den anderen Europäern. Es ist sehr leicht, darüber zu raissonieren, die Lage der Neger ist aber keineswegs hart, und auf jeden Fall viel glücklicher, als die der unglücklichen Peopels der Fabrikdistrikte Englands; dabei muß man bedenken, daß die Sclaven, die an der Küste Africas verkauft werden, Kriegsgefangene sind, die ohne diesen Ausweg getötet werden würden. Andrerseits kommen sie hier in eine ihnen angemessene Schule und werden zu Menschen gemacht.

Nicht ganz klar ist, was gemeint ist, wenn August Lucius seinem Vater am 2. Februar 1841 von seinen Tätigkeiten für seinen Dienstherrn Rottman unter anderem berichtet: „Außerdem habe ich das Officium, die Neger durchzuprügeln.“ Ob das wörtlich zu verstehen ist? Es würde jedenfalls nicht leicht zu verbinden sein mit seiner durchaus nüchtern-empathischen Schilderung des entsetzlichen Schicksals der afrikanischen Sklaven, die unter unmenschlichen Bedingungen nach Kuba verschleppt wurden und unter ebensolchen auf den Zuckerplantagen arbeiten mussten:

Ich kann nicht umhin, einen anderen Handelszweig zu berühren, welcher nicht weniger schändlich als einträglich ist – Negerhandel – mittelst dessen im vergangenen Jahr [1840] nicht weniger als 16 000 Neger an der Küste dieser Insel gelandet wurden. – Ein Neger kostet etwa 3 Unzen und die Unternehmer bekommen 24 etwa dafür hier wieder. […] Die Zuckermäher fanden wir noch in voller Arbeit und überzeugten uns aufs Neue, wie unmenschlich die Sclaven angestrengt werden. Wir hörten, daß man ihre Brauchbarkeit im Durchschnitt nur auf 5 Jahr calculiert, dann sterben sie und neue müssen gekauft werden. Die Weiber besonders dauerten mich, sie hatten das Rohr zu tragen und werden beständig im Laufen erhalten; an jedem Ende der Reihe steht ein Treiber mit der Peitsche; diese Treiber sind gewöhnlich selbst Neger, aber nur desto grausamer. Während der Erndtezeit, welche einige Monate dauert, haben die Neger nur 3-4 Stunden Nachtruhe, sie bekommen täglich 3 Rationen von getrocknetem Rindfleisch, Bananen, Mais oder dergleichen. […] Es giebt einen Stamm Neger, welcher seinem harten Schicksal in fremden Landen sehr leicht dadurch ein Ende macht, daß er Selbstmord begeht. Ein solcher Kerl legt seine besten Kleider an und hängt sich auf in dem festen Glauben, in seinem Vaterland ebenso wieder aufzuwachen. Da aus dieser Schwärmerei den Pflanzern der empfindlichste Schaden erwächst, so lassen sie derartige Fanatiker vierteilen und an verschiedenen Theilen ihrer Plantagen auf Pfähle spießen, damit die Übrigen sehen, daß der Körper verfault und nicht aufersteht.

Kubanische Priester-Possen

Der Katholik aus der preußischen Diaspora, der bereits auf seiner Überfahrt von Liverpool nach New York seinen Mitreisenden, vor allem den zahlreichen Schotten an Bord, seine religiöse Verortung mitteilte („Den zahlreichen Catholiken gab ich mich möglichst bald als ihren Glaubensgenossen zu erkennen und stieg dadurch in ihrer Achtung“), scheint während seiner kubanischen Zeit geradezu bestärkt in seinem Glauben geworden zu sein, ungeachtet seiner scharfen Kritik an der kubanischen Priesterschaft:

Wenn ich je lau gewesen bin, so werde ich wieder zum guten Catholiken, keine andere Religion ist hier erlaubt und was das gute Beispiel thut! In dem Hause, wo ich wohne, muß ich öfter abends den Angelus mitbeten, wenn die Glocke läutet, auch ist mein Zimmer Ostern mit Weihwasser besprengt worden und am Balkon steckt ein großer geweihter Palmenzweig, der jeden Palmsonntag erneut wird. […] Die Priester unserer Religion lassen sich doch zu den abgeschmacktesten Possen herab, dabei sind sie so lasterhaft und frech, daß ich nicht begreife, wie sich die Firma des Papstes mit solchen Commis erhalten kann. Hier hat auch die Religion nicht das geringste Ansehen und dient nur dazu, die Neger in Unterwürfigkeit zu erhalten, während die Uebrigen sich der Feste freuen, über die Priester-Possen lachen und ganz gut ohne Religion fertig werden.

Nach seiner Rückkehr von Mexiko im Jahr 1842 bewirtschaftete August Lucius auf eigenen Wunsch sowie den seines Vaters nach einem kurzen landwirtschaftlichen Studium in Jena seit 1843 das Rittergut Stoedten bei Ballhausen, das sein Vater für ihn erworben hatte. Nach dem Tod seiner ersten Frau, Henriette („Jettchen“), im Jahr 1851 übersiedelte er nach Italien und widmete sich dort vor allem der Malerei, von deren Ergebnissen zahlreiche Reproduktionen im Band zeugen. Von seiner Zeit in Verona, Venedig, Genua, Florenz und vor allem in Rom berichtet der zweite Teil des Buches. In Rom begegnet August Lucius nicht nur einer Vielzahl von Künstlern und Kirchenfürsten, sondern sogar dem damaligen Papst Pius IX., wenn auch nur von Ferne.

Der Papst in Rom

Schon auf seiner sehr gemächlichen Reise nach Rom berichtet August Lucius von seinen Wahrnehmungen der alltäglichen Katholizität in Italien, die in scharfem Kontrast zu seinen kubanischen Beobachtungen steht. So schreibt er seinem Vater, dass die Geistlichen, die er bisher erlebt habe, „von der würdigsten Haltung gewesen und oft ganz ehrfurchtgebietende Gestalten“ seien. Während seiner zweijährigen Zeit in Rom in den Jahren 1851/52 scheint sich jedoch dieser günstige Ersteindruck aufgelöst zu haben, denn schon kurz nach seinem Eintreffen dort berichtet er, dass ihn das kirchliche Leben in Rom „nicht erbaut“; er kommt zum Urteil, dass „die Pfaffenregierung nicht taugt“.

Seine Kritik richtet sich weniger auf die Geistlichen als Einzelne, sondern sehr viel stärker auf die Beamtenstellen im Kirchenstaat: „Ich halte die weltliche Macht des Papstes für ein Unglück, ohne diese würde er mehr Geistliche haben und ihm diese Letzeren nie streitig gemacht worden sein. Luther würde sich nicht gegen die armen Mönche in Rom aufgelehnt haben, wie er es gegen die reichen Prälaten that.“ Mehrfach erlebt der Katholik aus Erfurt den damaligen Papst aus nächster Nähe, jenen Pius IX. aus gräflicher Familie, dem die katholische Kirche das Dogma von der päpstlichen Unfehlbarkeit verdankt. Bei einer dieser Begegnungen schildert er ihn als einen Mann, mit „gutmüthig, vollem Gesicht und gesunder Farbe“. Einen gewissen Höhepunkt derartiger Begegnungen stellt die päpstliche Audienz dar, an der August Lucius am 22. Dezember 1851 in der Sixtinischen Kapelle teilnehmen darf, vermutlich durch die Vermittlung eines bayerischen Grafen S., den er kurz zuvor kennenlernte. Mit der Wiedergabe seines Tagebucheintrags über diese Papstbegegnung sei die Auswahl an Textkostproben abgeschlossen:

Man muß im schwarzen Frack kommen, die Damen schwarz und verschleiert, außerdem sind sie als Töchter jener Eva, die an allem Schuld war, aus dem Angesicht des Papstes verbannt und hinter ein Gitter gesperrt, vor welchem die Männer stehen, sodaß sie von der ganzen Funktion nichts sehen können, als was den Gang an ihnen vorbeipassirt. Dagegen hören sie den berühmten Gesang ebenso gut. Er ist ohne Orgelbegleitung, nur das murmelnde Gebet der Cardinäle dröhnt gleich entferntem Donner dazwischen. […] Leider ist die Sixtinische Capelle mehr der Schauplatz eines Hoffestes und der dortige Cultus garnicht erhebend, weil er scheinbar mehr dem Papst gewidmet, oder wenigstens zwischen diesem und dem lieben Gott getheilt wird. – Dem heilig. Vater selbst muß dies sehr fatal sein, er sitzt dabei auf seinem Thron, mit dem guten, ewig lächelnden Gesicht und läßt Alles über sich ergehen. Einmal muß er sich von allen Cardinälen die Hand küssen lassen, dann halten sie ihm ein Buch zum Küssen vor, dann geben sie ihm ein Licht in die Hand, dann setzen sie ihm eine Kappe auf, dann wird er angesungen, dann angeräuchert, und nie in Ruhe gelassen. Das einzige Selbstständige, das er thut, ist, den ambrosianischen Segen von seinem Thron herabzusingen und zwar mit so klarer, schöner Stimme und so frommem, nach oben gewandtem Blick, daß es Eindruck machen muß. – Im Übrigen fiel mir wieder der eigenthümlich verschämte Ausdruck seines Antlitzes auf, er hat wirklich etwas von einer alten Frau.

Diese und noch zahlreiche andere Erlebnisse werden in einer kaum wechselnden Tonlage zwischen Reportage und schmunzelnder Kommentierung geschildert. Verbesserungswürdig wäre es gewesen, wenn die kommentierenden Anmerkungen aus eindeutig fremder Hand – anscheinend die von Marianne Soller, der Tochter von August Lucius – in einer anderen Typographie gesetzt worden wären, als die Texte von August Lucius selbst. Außerdem hätte bei vielen Wörtern und Begriffen eine kleine Fußnote gewiss nicht geschadet, denn wer weiß heute schon, was eine Gingham-Fabrik, ein Palmonth-Paket, eine Conchenilla-Pflanzung, ein Powerloom oder ein Diligence ist? Doch derartige Petitessen sollten nicht dazu verleiten, den großen Informationswert und das erhebliche Unterhaltungsvergnügen des Buches zu schmälern. Zur Lektüre dieses Kleinods von Reiseliteratur aus dem 19. Jahrhundert kann guten Gewissens geraten werden.

Titelbild

August Lucius: Auf alles gefasst, außer aufs Umkehren. Erfurt, Havanna, Rom.
Wolff Verlag, Berlin 2015.
200 Seiten, 18,00 EUR.
ISBN-13: 9783941461321

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