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Ugolino Cossu und Tiziano Sclavi liefern einen intelligenter Horrorcomic aus Italien

Von Christoph Schmitt-MaaßRSS-Newsfeed neuer Artikel von Christoph Schmitt-Maaß

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Italiens Comicszene wird von einem Bruch beherrscht: Auf der einen Seite kokettieren Intellektuelle gerne mit dem Genre (Umberto Eco, Federico Fellini), wobei ihr Augenmerk in besonderer Weise dem esoterischem Weltensegler Corto Maltese (geschaffen von Hugo Pratt) gilt. Auf der anderen Seite steht eine Fülle von sowohl inhaltlich als auch ästhetisch minderwertigen Produkten, die zu Tausenden gekauft und gelesen werden.

Mit "Dylan, Dog" konnte der Szenarist Tiziano Scalvi 1986 eine Brücke zwischen beiden Lagern schlagen: Sein Antiheld mit Vorliebe für okkulte Fälle bedient jene Leser, die Grusel und Horror lieben ebenso wie den allgebildeten Dekonstruktivisten. Die inzwischen über 170 von wechselnden Zeichnern realiserten Fumetti neri - also an amerikanischen Vorbildern orientierten Actioncomics - enthalten zahlreiche Anspielungen auf Film, Kunst, Literatur und natürlich: Comics. Daneben bieten die Geschichten um den Privatdetektiv Dylan Dog aber auch gute Unterhaltung im traditionellem Sinn. Dass das Konzept Erfolg hat, dafür spricht die monatliche Auflage von 500.000 Exemplaren in Italien. Mit diesem Erfolg hat wohl auch der Carlsen-Verlag gerechnet, der die Serien jetzt in Deutschland herausbringt. Und wirklich: Nur gut sortierte Händler haben noch Exemplare, Zweitauflagen stehen an.

Ähnlich wie der Privatdetektiv "Raffington Event" (gezeichnet von Andreas), nimmt Dylan Dog nur mysteriöse Fälle an. Mit viel psychologischem Spürsinn und wenig Materialismus und mit Hilfe der sparsam eingestzten Nebenfiguren klärt er Fälle um Geistererscheinungen und Monstergeburten auf.

Grafisch arbeiten die in schwarz-weiß gehaltenen Bände mit Kontrasten und tragen dem Nichtzeigbaren Rechnung. Damit hebt sich "Dylan, Dog" wohltuend von anderen, thematisch ähnlich gelagerten Massenprodukten ab: Hier behalten die Figuren ihre Würde, weil ihnen die Schatten Rückzugsräume eröffnen. Überhaupt arbeitet Sclavi stark mit den Möglichkeiten räumlicher Auf- und Unterteilung, die der Comic anbietet. So sehr die Kontraste von Gut und Böse abgeschwächt sind, so sehr arbeitet der Comic in oppositionellen Begriffen von Innen- und Außenraum. Innen ist es Dunkel, außen ist es Hell. Innen leben die Bösen, außen die Guten etc. Die in solcher Weise strukturalistisch durchformte Welt Dylan Dogs wird durch den surrealistischen Plot kontrapunktiert. Einziges Manko an der Veröffentlichung: die Reproduktionen hätten ruhig ein bisschen großformatiger ausfallen dürfen. Und ein ordentliches Lektorat hätte dem Leser so manches Ärgernis erspart.

Titelbild

Ugolino Cossu / Tiziano Sclavi: Dylan, Dog.
Übersetzt aus dem Italienischen von Monja Reichert.
Carlsen Verlag, Hamburg 2001.
96 Seiten, 3,10 EUR.
ISBN-10: 3551748012

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