Stirb und werde
Neue Erzählungen von T. C. Boyle
Von Lutz Hagestedt
Im Angesicht der Apokalypse werden wir uns triebhaft vereinigen. Wir werden den durchdringenden Fäulnisgeruch des Brackwassers als Duft der Erneuerung erfahren und uns paaren. Das Milieu von Zerfall und neuem Leben wird uns an die Frösche erinnern, die wir als Kinder aufgeblasen oder gekreuzigt haben - und die nun leider ausgestorben sind. Die Nahrungskette ist unterbrochen, bald sterben auch wir.
Der amerikanische Erzähler Tom Coraghessan Boyle hat wieder einmal übertrieben. Die Hyperbel ist geradezu der Motor seiner Erzählungen. "Sammlerinnen und Jäger" beispielsweise erzählt von Männern, die ihren Frauen Materielles schenken statt Liebe, statt Kinder. In ihrer Not muss dann eines Tages ein professioneller Ausmister bestellt werden, ein Experte für "Sammelstörungen". Doch die Aufforderung, sich von liebgewonnenen Sachen zu trennen, artet in einen Geschlechterkampf aus: Eine ziemlich schräge Variante des Mythos von Herkules und Augias.
Boyles Erzählungen haben immer mythische Qualität. So auch die amerikanische Version von Philemon und Baucis, die von einem Hurrikane entwurzelt werden. Oder die Geschichte einer Rauchmelderin, die auf dem Dach der Welt nach Brandherden Ausschau hält. Ein ungebetener Gast heizt ihr - und uns - tüchtig ein.
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