Sexismus ist der Tod der Erotik

Gudrun Salmhofers Sammelband zu sexistischen Übergriffen im Alltag

Von Rolf LöchelRSS-Newsfeed neuer Artikel von Rolf Löchel

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Mehr als 30 Jahre nach Beginn der Neuen Frauenbewegung ist Sexismus zwar nicht mehr allgegenwärtig, aber doch immer noch alltäglich. Diesem alltäglichen Sexismus widmen sich die Beiträge eines von Gudrun Salmhofer herausgegebenen Sammelbandes, in dem die meist österreichischen Autorinnen sexistische Übergriffe in verschiedenen Bereichen des Alltags darlegen und analysieren.

Daniela Jauk etwa geht Gender-Manifestierungen im öffentlichen Raum nach und fragt, "welche sichtbaren Repräsentationen von Sex" sich auf der "materiellen urbanen Oberfläche" manifestieren. Barbara U. Schmidt von der "Projektreihen LaraCroft:ism", die sich Genderkonzepten in der Bildpraxis der Computer- und IT-Branche widmet, untersucht die große Zahl von Bildern "erfolgreicher, technikbegeisterter junger Mädchen und Frauen", die vermehrt in der Werbung und in Stellenanzeigen sowie überhaupt in Frauen- und Modezeitschriften auftauchen. Andrea Mayer-Edoloeyi und Gabriele Heidecker von "FIFTITU%", einer Vernetzungsstelle für Frauen in Kunst und Kultur, die sich als "Pressure-Group für eine Symmetrie der Geschlechter im Kunst- und Kulturbereich" versteht, beleuchten den auch in ihrem Arbeitsfeld virulenten Sexismus und stellen ihre diesbezüglichen Forderungen an das Land Oberösterreich vor. Ulrike Körbitz nähert sich dem "Phänomen 'Sexismus'" mit dem analytischen Instrumentarium der Psychoanalyse und vertritt die "Arbeitshypothese" des "GEGENSATZ[ES] von SEXISMUS und EROTIK".

Mithilfe geradezu architektonisch aufgebauter Darlegungen von Begriffsbestimmungen und theoretischen Entwicklungen gehen Karin Wetschanow und Claudia Wiesinger der Frage nach, worüber wir reden, "wenn wir über Sexismus in der Sprache sprechen". Überzeugend ist ihr Vorschlag, den Singular Sexismus auf den "ideologischen Aspekt" zu beziehen und mit dem Plural Sexismen "konkrete sexistische Verhaltensweisen und soziale Praxen" zu bezeichnen. Nicht ganz so überzeugend fällt hingegen das griffige Fazit "Es gibt keinen Sexismus in der Sprache, sondern mit der Sprache" aus, das sie damit zu begründen versuchen, dass Sexismen durch sexistisches Sprechen "re-produziert" werden. Mit den Sexismen sexistischer Aussagen werde "nicht 'lediglich' eine soziokulturell bestimmte Eigenschaftszuschreibung an das biologische Geschlecht Frau re- bzw. produziert", sondern gleichzeitig sex, "also überhaupt das Vorhandensein eines biologischen Geschlechts, mit konstruiert". Das ist zwar zweifellos zutreffend, stützt das Fazit der Autorinnen jedoch nicht, sondern bedeutet vielmehr, dass es beides gibt: Sexismus in der Sprache und Sexismus mit der Sprache.

Im letzten und umfangreichsten Beitrag gibt Christine Baur einen Überblick über europäische Studien zur sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz. Der an Statistiken reiche Artikel stellt etwa eine Studie der Europäischen Kommission aus dem Jahre 1998 zur länderspezifischen Häufigkeit sexueller Belästigungen am Arbeitsplatz vor, die zu dem Ergebnis kommt, dass Österreich und Deutschland die Plätze eins und drei von insgesamt dreizehn belegen. Am seltensten werden ihre skandinavischen Kolleginnen behelligt. Die sexuelle Belästigung, denen Arbeitnehmerinnen in Österreich ausgesetzt sind, bilden den Schwerpunkt des Beitrags. So stellt die Autorin ausführlich eine diesbezügliche nationale Studie vor, geht auf das österreichische Gleichbehandlungsgesetz für die Privatwirtschaft sowie die einschlägige Rechtsprechung des Landes ein und beschließt ihren Aufsatz mit zahlreichen Beispielen sexueller Belästigungen an österreichischen Arbeitsplätzen, die dem Bericht der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen an das österreichische Parlament aus dem Jahr 2001 entnommen sind.

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Gudrun Salmhofer (Hg.): Sexismus. Übergriffe im Alltag.
Studien Verlag, Innsbruck 2004.
103 Seiten, 12,00 EUR.
ISBN-10: 3706540053

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